Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Johann Philipp Andreae (1699-1760)
Empfänger Grundherr, Carl Sigmund Ferdinand (1694-1763)
Ort Nürnberg
Datum 1. August 1733
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-3, Bl. 276-278
Transkription Hans Gaab, Fürth

WohlGebohrner, Gnädiger Herr !

Euer Wohlgebohrn und Gnaden wollen doch umb des lieben unser theuren Erlösers und Heÿlands willen, beÿ Einem HochEdlen Magistrat für mich bitten, daß mit einer ferneren härteren Straffe, Schand und Spott verschonet werde, ich ruffe Gottes Gerechtigkeit an, daß ich nicht mehr anzeigen kan; ich werde meinen Jesum anflehen, daß Er Euer Wohlgebohrn und Gnaden für diese mir erzeigende hohe Gnade lebenslang mit dero gantzen Hochadel: Familie hier zeitl: und dort ewig seegnen wird. Ich kan vor Kummer, Betrübnis und Weinen nichts weiter schreiben, als umb Gnade nochmahlen fußfälligst zu bitten, was ich gethan, was ich Wissenschaft gehabt, habe ich bekennet, darauff lebe und sterbe ich, und wann meine Feinde solches alles laugnen, so will ichs Ihnen dermahleins vor Gottes Richterstuhl in ihr Angesicht sagen, wo Sie alsdann nicht mehr laugnen können. Was von beede Bernd[1] ich in meiner aussage gemeldet, das ist die gründl: Wahrheit, sie mögen laugnen, so lang Sie wollen, Gott wird alles vor Gericht bringen, und über meine Feinde, derer mehr sind als ich Haar auf dem Haupt habe, wo nicht hier; doch dermahleins Richter seÿn. ich bethe zu Gott, ich seuffze Tag und Nacht, ich weiß, Gott wird meine Verfolger und Feind in Kurtzem zu Schanden machen, ich bete mit David, mache dich zu meiner Seele, und erlöse Sie, Erlöse Sie umb meiner Feinde Willen. Amen.[2]

Der Gestrige Freÿtag, woran mein Hl: Jesus Christus für mich den schmählichen tod gelitten, hat mich in etwas wider aufgericht, sonsten hätte ich gar verzweiffeln müssen umb meiner Sünden willen will ich alles leiden, Verfolgung, Schmach, Schande und Spott, Er wird mich gewiß erretten, Er wird meine Unschuld auf wunderbahre Art an das Tageslicht bringen, Er wird mich herausreißen aus meinem unerträgl: Jammer, und wird mir zeigen sein Heil.

Ich bitte also Euer WohlGebohrn und Gnaden nochmahlen umb Jesu Christi willen, zu Rettung meiner Unschuld, beÿkommenden Brieff an Hl. Geh: Rath beÿ der Post abzusenden, welche am Montag umb 11: Uhr vormittag abgehet, es wird sich so dann bald zeigen, und wird mein Feind mich selbsten defendieren. Ich bewunder nichts als daß der Unglückseel: Glück[3] sich vor Gott und der christl. Welt nicht schenirt einen falschen bösen Zeugen den Guntzelmann[4] an sich zu bringen, welcher in der gantzen Stadt bekandt ist, mir zum Unglück Ihme anzulernen, daß Er sagen solle, ich hatte mich beÿ Ihme gerühmet, daß ich das Pasquill an das Rathhauß angeschlagen hätte,[5] allein Gott hat diesen falschen Zeugen gleich in seiner eigenen Rede beÿ der gestrigen Confrontation confundiert, daß Er nicht einmahl mehr gewußt, was Er außgesagt, sondern seiner Aussage selbsten widersprochen, welches die rechten wahren Proben eines solchen Zeugen sind.

[Blatt 277]
jedoch will ich mit Jesu sprechen, Herr Vergib Ihnen, dann Sie wißen nicht, was sie thun. Was ich Euer WohlGebohrn und Gnaden außgesagt und geschrieben, die jenige Persohnen so ich bemeldet, dörffen Sie darauff treflich trauen, als wann es Ihme Gott gemeldet hätte, ob es gleich die Gegner läugnen: ich will darauf leben und sterben.

Das gestrige Pittschafft anlangend, mit einem Hertz und R. bezeichnet, ist nicht deß Glücken, sondern es hat solches mir schon vor 1½ Jahren ohngefehr der Bernd gegeben, damit, wann ich nicht zu Hauße, daß ohngefehr sich mein Weib dessen bedienen kan, wann sie Antwort wegen Arbeit wegzusenden hat; welches sie sich nach bedienet, von dem Glücken habe ich seines erhalten, welches noch in dem Schreibzeug zu Hauße sich befinden wird, das mit einer Kugel und Circul gemacht ist: Ersuche also dieses in der gestrigen aussage zu ändern laßen, und nur mich nicht gleich darauff besonnen. Schließl. habe das vollkommene Vertrauen zu Euer Wohlgebohren und Gnaden, sie wollen Gnädigst geruhen vor mich zu bitten, daß ferner verschonet bleibe, ich werde wie schon öftes gemeldet jederzeit mit unterthänigstem Respect verbl:

Euer Wohlgebohrn und Gnaden

é Carcere den 1. Augl: 1733:

Unterthänigster Diener
Johann Philipp Andreae
Mathematicus.


Fußnoten

  1. Gemeint sind Johann Christoph Bernd (1708-1798) und sein Vater Conrad (1683-1739).
  2. Andreae zitiert hier aus dem Davids Psalm 69:
    Vers 5: Die mich ohne Grund hassen, sind mehr als ich Haare auf dem Haupte habe.
    Vers 19: Nahe [in anderen Versionen: mache] dich zu meiner Seele und erlöse sie / erlöse mich um meiner Feinde willen.
  3. Johann Paul Glück stammte aus Reichelsdorf. Im Verhör vom 19.10.1733 sagte Andreae über ihn, es "wäre eine bekannte Sache, daß dieser schon 4. Jahre mit dem Zollwesen, von denen hier abgehenden Kaufmanns Güthern, umgehe, auch lange Zeit alle Sonnabend hier gewesen seÿe und obacht gehabt habe, was von dergleichen abgeführet worden." In den Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calendern für 1747, 1748 und 1754 wird er als ist er als Zoll-Commissarius verzeichnet. Falckenstein verzeichnet ihn 1740 als Zoll-Inspector und 1756 als "Zoll-Commissarius von 4. Ober=Aemtern". Glücks Tochter Sybilla Helene kaufte 1764 um 6600 Gulden das Haus in der Königstraße 2 in Schwabach. Auch hier wurde der Vater als Zollkommmissar bezeichnet. Nach Schuhmann war er von 1765 bis 1770 Oberzollkommissar in Schwabach.
    Verhör Andreae, 19.10.1733, Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 239
    Dehm, Karl; Heckel, Gottlob: Häusergeschichte der Altstadt Schwabach. Schwabach 1970, S. 256
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1740, S.28
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1756, S.83
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1747, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1748, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1754, S. 62
    Petzold, Johann Wolfgang: Chronik der königlich bayerischen Stadt Schwabach. Schwabach: Theodor Mizler 1854, S. 139
    Schuhmann, Günther: Die Deliciae topogeographicae Noribergenses und ihre Verfasser. Jahrbuch für fränkische Landesgeschichte 19 (1959), S. 493.
  4. Johann Gunzelmann wurde am 31.07.1672 in St. Lorenz getauft: "Basilius Gunzelmann, Mußquetierer allhie. Sophia. Johann. Allmann, Schellenmacher, 31. [07.1672]", Taufen St. Lorenz 1668-1680, S. 78 (Scan 37). Am 21.01.1700 heiratete der Kupferdrucker Johann Guntzelmann Anna Steinhauser: "Der Ers. u. Kunstr. Joh. Guntzelmann Kupferdrucker, deß Ers. Basilius Guntzelmann [?] Gesellen S.N.E.S., J. Anna, deß Ers. Joh. Steinhauser, Hefftleinm. E. T. [...] d. 21. Jan [1700]", Trauungen St. Sebald 1692-1727, S. 170 (Scan 88), Eintrag 9.
  5. Gunzelmann gab am 27.07.1733 zu Protokoll, dass der Glück aus Schwabach ihm erzählt habe, Andreae hätte sich damit gebrüstet, dass er das Pasquill an der Rathaustür angebracht habe, Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 65.