Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Andreae, Johann Philipp (1699-1760)
Empfänger Ratsherren
Ort Schwabach
Datum undatiert[1]
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-3, Bl. 421-424
Transkription Hans Gaab, Fürth

Hochwohlgebohrne und Hochweiße Herren,
Gnädig-Hochgebiethende Herren !


Da diese Sentenz: vera poenitentia nunquam est fera[2], jederzeit für eine unwidersprechl. Wahrheit angenommen worden; Und da man von Euer Hochwohlgebl: Herrl.ten mit gleichem Recht rühmen kan, was man von jenem großen Kaÿser, Tito Vespasiano[3] gesprochen: daß Er niemals Jemand habe traurig von sich gehen lassen; So wird mich Niemand so leicht einer Verwegenheit oder Unbedachtsamkeit beschuldigen können, wenn ich diese unterthänige Zeilen vor HochDero gnädige Augen zu legen, mich unterfange, und einer erfreul. gewaehrigen Resolution mich getröste und zuversichtl. entgegen sehe.

Ich will dahero mein Vergehen nicht im mindestens suchen zu entschuldigen, damit nicht Euer Hochwohlgebl: Herrl.ten gerechten Eifer möge erregen, mir aber selbst dadurch die alte schmerzl. Wunden auf dies

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usus wieder öffnen; Ich will lieber meinen fehler bekennen, und daß ich selbigen schon vielmahlen bereuet, Hochdenenselben hiermit devotest zu contestiren[4], mir die unterthl. Freÿheit nehmen. Deßen zu einigen Beweiß sollte mir einiger maßen nicht nur die mit des Hochseel. verstorbenen Hl. Castellan v. Volckamer[5] Hochwohlgebl. Herrl.ten in die 15. Jahr geführte Correspondenz dienen können, welche erweisen würde, daß ich viele Verdrießlichkeiten abgewendet, die von dem Hochfürstl. Hauß Anspach [gegen] Nürnberg haben sollen vorgenommen werden; sondern auch mein nun neulich noch gethanes unterthäniges Offertum, wodurch sowohl gegenwärtig, als ins Künfftige, dem aerario[6] großer Nuze und Vortheil gewißl. zugehen würde; Und getraue ich mir ohne eitle Berühmung zu versichern, daß ich im Standte seÿe, noch vieles offeriren zu können, welches der Republic, besonders denen Commercien dienl. und ersprießl. wäre. Wann aber dieses beÿ meiner Entfernung eben so difficil zu bewürcken ist, als eifrig und begierig ich bin, meinen animum civicum dexterius[7] zu comprobiren[8]; so habe solcherumnach, und in Betracht obig angeführter Umstände, und da ich meines Burgerrechts mich noch

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gaudire[9], auch Gott seÿ Lob ! noch genugsam bemittelt bin, mich entweder hier oder in der Nähe wieder ankaufen zu können, Euer Hochwohlgebl: Herrl.ten in geziemender Unterthänigkeit angehen und bitten wollen die hohe Gnade für mich zu haben, mir entweder die gänzl. Reception[10], oder einstweilen einen Salvum Conductum[11] huldreichst angedeihen zu lassen, bis ich dargethan haben werde, daß mein gethanes Vorbringen gegründet, und sich verificiret haben würd.

Wie ich nun von Euer Hochwohlgebl: Herrl:ten gewiß würdigen Huld und Gnade gnädige Erhör= und Willfahrung zuversichtl. anhoffen kan; so werde auch mit allschuldigster Treue und geziemender Hochachtung ersterben,

Euer Hochwohlgebohrnen Herrlichkeiten

Unterthänig= treu= Gehorsamster

Johann Philipp Andreae
dermahliger Onoltzbachl. Commercien Commissarius !
in Schwabach.

Fußnoten

  1. Dieser Brief ist nicht datiert. Im Brief vom 26.12.1754 an Grundherr erwähnt Andreae, dass er ein Bittgesuch um Wiederaufnahme in die Stadt schreiben will. Dazu passt der vorliegende Brief.
  2. vera poenitentia nunquam est fera: Wahre Reue ist niemals rachsüchtig.
  3. Gemeint ist der römische Kaiser Titus Flavius Vespasianus (39-81).
  4. contestiren: beteuern.
  5. Christoph Gottlieb Volckamer (1676-1752) war seit 1704 Alter Genannter im Rat, 1708 wurde er Ratsbaumeister. 1713 wurde er älterer Bürgermeister, 1732 dritter Oberster Hauptmann. 1736 wurde er zum zweiten Losunger gewählt, 1744 wurde er vorderster Losunger.
    Fleischmann, Peter: Rat und Patriziat in Nürnberg (= Nürnberger Forschungen 31/2). Neustadt a.d. Aisch: Schmidt 2008, S. 1060-1062
    Grieb, Manfred: Nürnberger Künstlerlexikon, Band 3. München: Saur 2007, S. 1592.
  6. aerario: Staatskasse, Schatzkammer.
  7. meinen animum civicum dexterius: meinen rechten Bürgersinn.
  8. comprobiren: billigen, gutheißen.
  9. gaudiren: erfreuen.
  10. Reception: Aufnahme.
  11. Salvum Conductum: sichers Geleit.