Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 17. Juni 1729
Signatur UB Basel: L Ia 688, Bl. 98,1r-2r
Transkription Hans Gaab, Fürth

Nürnberg den 17 Junii
A.C. 1729. 

HochEdler und Hochgelährter,
Insonders Hochgeehrter Herr,
werther Gönner!

Ew. HochEdlen Angenehmes[1] ist mir gegen Ende des vergangenen Monaths durch Herrn Endters Erben[2] richtig eingelieffert worden, daraus ich dero geneigte Affection zuförderst ersehen, indeme mir eine gütige communication von denen den vergangenen Winter über gehaltenen observationum der Immersionum u. Jovialischen Emersionum zu Theil worden, wofür ich mich obligiert erkenne und dafür schuldig dancke. Zur Bezeugung meiner Ergebeneheit übersende, weil kein Exemplar von denen verlangten Tabulis Lunariter P. Nicasii vor jezo in meinem Briefbuchen zu finden,[3] und doch gegenwärtige gute Gelegenheit nicht vorbey passieren lassen will, ein Exemplar, das ich neben einen andern von dem Herrn Auctor selbsten bekommen, dabey von seinem Planetolabio eine Beschreibung zu finden ist, die besagter Hl. P. Nicasius um gleiche Zeit und mit den Tabb. ediret,[4] ich aber solche mit zu dero diensten widme. Von dem Msto,[5] das vor dreyen Jahren an den Hl. Haude[6] addressiert worden, vernehme nichts mehr, und ist also um unser

[Bl. 98,1v]
aller Hoffnung dabey verlohren, das mich noch kränckt. Ew. HochEdlen schreiben von einem Englischen Reflectierenden Tubo vierthalb Fuß lang, den Sie in Berlin besizen und nun den, den Angaben nach nicht correspondierenden Effect, da mir sonst wohl bekandt daß Sie hier einen Schuh 20 Schuhen eines ordinairen Tubi gleich achten wollen, so aber bey diesem schon weit fehlet, inmittelst bin ich doch begierig zu erfahren, wie hoch der obbemeldte reflectierende Tubo dem Pretio[7] nach zu stehen gekommen, bitte demnach einigen Bericht mir hiervon mitzutheilen. Heute hat man allhir Hl. Engelbrecht, Hl. Wolf Moriz Endters Eydam begraben,[8] dessen Todt mich sehr afficiret, auch nicht weniger derjenigen, so es sich verificiret, daß Hl. Doct. Klimm zu Gotha vor kurzem gestorben, der mein ehemaliger Praeceptor auf der evangelischen Schule[?] Classe gewesen. Was noch übrig ist, wollte mir auch noch vor dero Gütigkeit, daß mir notificiret werden mögte, ausbitten, ob Philipp Johann von Strahlenberg Beschreibung von dem Russischen Reich mit Siberrien und der großen Tartarey[9]

[Bl. 98,2r]
das nun bey Ihnen durch Subscription gedruckt wird, in consideration komme, und etwas, so was curieuxes zeiget, indeme man hier begierig die eigentliche Beschaffenheit des Wercks zu wissen. Womit dann schließe und unter Erlassung Göttl. Protection in Eil verharre

    E. HochEdlen
    meines hochgeehrten Herrn

ergebenster Diener      
JG Doppelmayr mpp    


Fußnoten

  1. Der zugehörige Brief von Kirch ist nicht überliefert.
  2. Wolfgang Moritz Endter (1653-1723) war ein Nürnberger Buchhändler und Verleger. Nach seinem Tod ging das Geschäft in den Besitz seiner drei Töchter aus erster Ehe über.
  3. Grammatici, Nicasius: Tabulae lunares ex theoria et mensuris geometrae celeberrimi domini Isaaci Newtoni equitis aurati in gratiam astronomiae cultorum concinnatae. Ingolstadt: Grass 1726.
  4. Grammatici, Nicasius: Explicatio Et Usus Planetolabii Novi. Ingoldstadt: Grass 1726.
  5. Auf seiner Reise von Paris nach St. Petersburg hatte Joseph-Nicolas Delisle (1688-1768) im Dezember 1725 Doppelmayr in Nürnberg besucht. Ende Dezember war er Richtung Berlin weitergereist. Doppelmayr hatte im ein Päckchen nach Berlin hinterhergeschickt, das Delisle jedoch nie erreichte.
  6. Ambrosius Haude (1690-1748) war Buchhändler und Verleger in Berlin. Zu ihm siehe Neue Deutsche Biographie VIII, 1969, S. 79 (Autor: Horst Meyer).
  7. Pretio: Preis.
  8. Wolfgang Moritz Endter (1653-1723) war ein Nürnberger Buchhändler und Verleger gewesen. Julius Arnold Engelbrecht (1678-1729) hatte dessen Tochter Maria Helena (1682-1756) geheiratet. Er starb am 14. Juni 1729 und wurde am 17. Juni 1729 beerdigt. Nach seinem Tod führte die Witwe das Geschäft weiter. Vgl. Grieb, Manfred: Nürnberger Künstlerlexikon, Band 1. München: Saur 2007, S. 347f.
  9. Philipp Johann von Strahlenberg (Philipp Johann Tabbert, 1677-1747) war ein schwedischer Offizier deutscher Herkunft. Er machte sich als Kartograph und Geograph von Rußland einen Namen. 1726 brachte er einen Vorbericht heraus:
    Vorbericht eines zum Druck verfertigten Werckes von der Grossen Tartarey und dem Königreiche Siberien. Stockholm: Schneider 1726.
    1730 erschien schließlich:
    Historie der Reisen in Rußland, Siberien[!] und der Großen Tartarey. Leipzig: Kiesewetter 1730.