Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum Januar 1738[1]
Signatur UB Basel: L Ia 688, Bl. 125,1r
Transkription Hans Gaab, Fürth

Nürnberg den      

HochEdler und Hochgelehrter, Sonders Hochzu-
ehrender Herr, Hochgeneigter Gönner.

In diesem Moment vernehme daß Hl. Puschner ein Schreiben an E. HochEdlen abzufertigen in dem Begrief stehet, dahero ich nicht habe unterlassen diese wenige Zeilen in der Eil mit beyzufügen, wobey zuförderst beym Eintritt dieses neuen Jahrs allen Segen von Herzen anwünsche und mich auf das neue zur continuirenden Affection bester massen recommendire. Ich arbeite nun an meinen übrigen Astronomischen Charten mit grosen Eiffer und bin auch gesonnen in zweyen Hemisphäriis die Cometische Bewegung von 1531. bis 1737. bey 40 und mehren Cometen geometrice vorzustellen,[2] wozu mich die Memoires del' Acad. des Sciences A. 1731. pag 426te.[3] Anlaß gegeben, ich finde aber doch einen und den andren ausgelassen als den A 1556, (welchen E. HochEdlen in contin. II Miscell Berol. pag. 224. angedeutet)[4] davon mir die longitudines und latitudines, die ich nicht zu finden weiß, ausgebetten haben wollte, den A. 1684. und 1718 hat man auch aussen gelassen, den wo ich aber schon zu finden weiß,[5] von denen A. 1538. 1539. 1543. deren Riccioli Lib: VIII. in Almag. nov. meldet,[6] gedenckt man gar nichts, dann sind auch in den Memoiren A. 1731. die loca der Cometen A. 1576. 1580. 1582. 1593. 1596. so beschaffen, daß man bey Angebung wenige locorum, in die Zeichnung wegen Progressus machen kan,[7] sehen E. Hochedlen von selbigen was bessers, bitte um gütige communication, ich werde mit allen diesen meinen Tabb., soviele uns fehlen, schuldigst aufwarten, ersuche also nur eine Verzeichnung zu schiken derjenigen, die E. HochEdlen besizen, da dann mit dem Abgang dienen werde, leztens mögte auch noch wissen ob E. HochEdlen nicht die Projection der Sonnenfinsternis über dem Erdboden von A. 1706. haben oder von Mr. de l'Isle vor sich überkommen könten, denn ich weiß daß man eine dises mahl in Paris gemacht, wodurch mir ein großer Gefall geschehen sollte weil mir mein ehedessen edirte Europa eclipsata nach meiner Methode nicht anstehen will.[8] Ich werde in andern fällen wieder meine Ergebenheit zeigen; wann mir in complirung manquirende Cometen und ihrer gehörigen Locorum fördersampt eine Hülffe geschehen könte auch die Projection der bemeldten Sonnenfinsternis, wie sie die A. 1699 in den bemeldten Memoires determiniret worden,[9] zur communication kommen, geschehe mir ein sonderbarer großer Gefallen, wofür, wie vor mehrer Gütigkeiten bin u. verbleibe unausgesagt,

    Ew. Hochedlen
Meines Hochgeneigten Gönners

ergebenster Diener    
JG Doppelmayr MPP


Fußnoten

  1. Der Brief ist nicht datiert. In der UB Basel ist er von der Blattabfolge her zwischen die datierten Briefe vom 23. September 1737 und vom 15. April 1738 einsortiert. Doppelmayr übermittelt seine guten Wünsche zu diesem Neuen Jahr, der Brief dürfte also im Januar verfasst worden sein. Im Brief vom September 1737 informiert Doppelmayr über die Preise seiner Globen, den vorliegenden Brief schließt er einem Brief von Puschner ein, was an dieser Stelle zusammenpasst und für den Januar 1738 spricht. Hierzu passt auch, dass er über seine für den Himmelsatlas anzufertigenden Kometenkarten spricht, die auch Thema in den folgenden Briefen sind. Zudem erkundigt er sich im Brief vom 24. März 1739 nach einer Karte zum Verlauf der Sonnenfinsternis vom 12. Mai 1706, wobei er erwähnt, dass er darum schon früher gebeten habe - was er im vorliegenden Brief tut.
    Aus dem folgenden Brief vom 15. April 1738 geht hervor, dass Doppelmayr den Artikel von Kirch zum Kometen von 1718 aus den Miscellanea Berolinensia noch nicht kennt. Wenn er im vorliegenden Brief korrekt auf die S. 224 aus diesem Artikel hinweist, ist dies kein Widerspruch, denn er schreibt, dass er die Koordinaten des Kometen von 1718 noch nicht kennt, die Kirch in seinem Artikel bringt. Er kannte also auch im Januar 1738 Kirchs Artikel noch nicht, nur wusste er - vermutlich aus einem Brief von Kirch selbst -, dass Kirch die Bahn dieses Kometen mit der des Kometen von 1556 verglich.
  2. Es handelt sich um die Karten 27 und 28 aus Doppelmayrs Himmelsatlas von 1742.
  3. Cassini, Jacques: Du Movement véritable des Cometes a l'Ègard du soleil et de la Terre. Memoires für 1731 (1733), S. 299-346. Doppelmayr scheint sich hier bei den Seitenzahlen getäuscht zu haben.
  4. Kirch, Christfried: Historia Cometae, qui apparuit Anno 1718. Mense Januario et Februario. Miscellanea Berolinensia 3 (1727), S. 200-228, hier S. 228.
  5. Die Bahnen der Kometen von 1684 und 1718 in Doppelmays Kometenkarten verzeichnet. Der von 1718 ist Christfried Kirch zugeschrieben, vgl. die vorige Fußnote. Die Beobachtung des Kometen von 1684 wird "Blanchinus et Ciampino" zugeschrieben. Die Beobachtung von Bianchini (=Blanchinus) findet sich in den Acta Eruditorum von 1686, S. 189f. Der italienische Geistliche und Historiker Giovanni Giustino Ciampini (1633-1698) hatte Bianchinis Beobachtungen nach London geschickt, wo sie in den Philosophical Transactions 15 (1685), S. 920f. publiziert wurden.
  6. Riccioli, Giovanni Battista: Almagestvm Novvm Astronomiam Veterem Novamqve Complectens Observationibvs Aliorvm, Et Propriis Nouis. 1,2. Bologna 1651, S. 10.
    Die Kometen von 1538, 1539 und 1543 sind auf Doppelmayrs Kometenkarten nicht verzeichnet.
  7. Die Kometen von 1576, 1580, 1582, 1593 und 1596 sind auf den Kometenkarten Doppelmayrs verzeichnet. Die zugehörigen Daten dürfte er der Cometographia von Hevelius (1668) entnommen haben. Ausnahme ist der Komet 1582, der dem wenig bekannten Astronomen Antonio Santucci (Santutius ?-1613) zugeschrieben wird. Hier ist die Quellenlage unklar.
  8. Vgl. Doppelmayrs Karte:
    Geographica Representatio Europae die duodecimo Maii 1706 Eclipsatae / qua phasum Solis (in 12 digitos divisi) magnitudines quaevis, suis locis apparentes cum via totalis Umbrae / Europa Eclipsata / Europa Cristiani Orbis Domina In Sua Imperia, Regna Et Status exacte divisa. Nürnberg: Johann Baptist Homann 1707. 57 x 48 cm.
    Doppelmayr war mit seiner Karte nicht mehr zufrieden, da sie den Verlauf der Finsternis im Nordosten nicht richtig wiedergibt.
    Vgl. hierzu den Brief an Kirch vom 24. März 1739.
  9. Eine Graphik zum Verlauf der Sonnenfinsternis vom 23. September 1699 war in den Memories 1699, nach S. 282 eingebunden.