Galilei und Marius


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... auf die gleichen Weise beschrieben wie im Buch von Marius: Südlich im oberen und nördlich im unteren Teil ihrer Umlaufbahnen. Der Autor fand es aber nicht angebracht zu erwähnen, dass er sich dies bei Marius entliehen hatte. Einige Seiten davor, S. 78, hat er ihn als Calvinisten bezeichnet, der lästiger Weise aber vergeblich versucht hätte glauben zu machen, dass die Monde des Jupiters nicht von Galilei entdeckt worden seien, wobei er, S. 80, mit hintergründiger Absicht zugegeben habe, sich der Beobachtungen Galileis bedient zu haben.[1] Bei der Diskussion dieser Erscheinung schreibt der Autor, genau so wie es Galilei 1623 macht, die Breitenbewegung Jupiter selbst zu, weil es wahrscheinlich ist, dass die Satelliten Jupiter nicht nur in der Länge, sondern auch in der Breite begleiten. Doch gibt Scheiner die Mittel an, seine These zu überprüfen: "Denn es ist so, dass sie nach dem Jahr 1617 in der entgegengesetzten Richtung abweichen werden, gegen Mittag im unteren Teil, gegen Norden im oberen Teil (ihrer Bahn). Die Zeit wird es lehren."[2]

Wir werden später zeigen, dass Galilei schon bei seinen 1616er Beobachtungen hätte merken können, dass seine Annahme unhaltbar war. Es ist unmöglich, dass Galilei keine Kenntnis dieses Buches hatte, dessen Titel alleine seine Aufmerksamkeit hätte erregt haben müssen. 1614 hat er gerade einen langen Disput mit Scheiner beendet, verborgen unter dem Titel d'Apelles latens post tabulam.[3] Hätte der Aufmerksamkeit Galileis ein Buch über Kontroversen und Neuigkeiten in der Astronomie mit Scheiners Name im Titel ihm entgehen können?

In der Annahme, dass Marius und Galilei aufrichtig seien, hat Cassini versucht, den Unterschied in deren Ergebnissen durch verschiedene Epochen ihrer Beobachtungen zu erklären. "Galilei", sagt er auf S. 390[4], widerspricht Simon Marius, der vorgebracht hat, dass die Breiten der Jupitersatelliten südlich in den oberen Halbkreisen und nördlich in den unteren seien. Dies sei gegeben zu den Zeiten der Beobachtungen von Marius. Dagegen hat Galilei die allgemeine Regel aufgestellt, dass die Jupitersatelliten eine entgegengesetzte Breitenabweichung zu Jupiter in den oberen Halbkreisen hätten und in den unteren ...


Fussnoten

  1. In seinem Buch zitiert Scheiner Marius nur um ihn herabzusetzen. Andererseits nimmt er jede Gelegenheit wahr, um sich seiner Erkenntnisse zu bedienen ohne jemals zu erwähnen, dass er diese Marius schulde.
  2. [Anmerkung des Bearbeiters] Vgl. Scheiners Disquisitiones von 1614, S. 84. Im lateinischen Originaltext: "Quo dato, post annum 1617, exorbitabunt rationibus contrariis, infra in Austrum, supra in Septentrionem. Sed ista dies pandet."
  3. [Anmerkung des Bearbeiters] 1612 brachte Scheiner die Arbeit heraus:
    De Macvlis Solarib. Et stellis circa Iouem errantibus, Accvratior Disqvisitio: Ad Marcvm Velserum Avgustae Vind. II. Virvm Perscripta. Interiectis observationum delineationibus / [Apelles latens post tabulam]. Augsburg: Ad insigne pinus 1612.
    Galilei antwortet 1613, wobei seiner Arbeit die von Scheiner angehängt ist: Istoria e dimostrationi intorno alle macchie solari e loro accidenti comprese in tre lettere scritte all'illustriss. sig. Marco Velseri Linceo Duumuiro d'Augusta. Rom: Mascardi 1613.
    Siehe dazu: Einleitung zur mathematischen Bücherkenntnis. Band 4. 1789, S. 84f.
  4. [Anmerkung des Bearbeiters] Cassini, Jean-Dominique: Divers ouvrages d'astronomie. Amsterdam: Pierre Mortier 1736, S. 390.