Johann Konrad Gütle
Experimentalphysiker, Hersteller von Elektrisiermaschinen und Pionier beim Bau von Blitzableitern.* 25.03.1747 in Schwabach ; † 18.10.1827 in Nürnberg
- Vater: Johann Friedrich Gütlein.
- 1. Heirat: Sophia Magdalena Kern (?-1782).
- 2. Heirat: 1788 Antonia Steingruber (?-1808), Enkelin des bekannten Ansbacher Baumeisters Johann David Steingruber (1702-1787).
- Kinder: Aus 1. Ehe ging der spätere Uhrmacher Friedrich Christoph Gütle hervor.
Lebenslauf:
Siegfried Kett schrieb zu Gütle: "Johann Conrad Gütle war ein Tausendsassa, der die verschiedensten Professionen wahrgenommen hat. Gelernt hat er als Buchbinder und Futteralmacher und sich im Laufe der Zeit autodidaktisch Kenntnisse in Physik und Mathematik angeeignet. Etwa ab 1780 war er als reisender Experimentator (Schausteller) unterwegs, wobei er auch schon Elektrisiermaschinen und Zubehör verkaufte und reparierte und nebenbei Kranke durch Elektrisieren heilte. In Heilbronn schalt man ihn deshalb als Betrüger. In Regensburg nennt ihn die ortsansässige Zeitung einen ā€˛hochfürstlich-ansbachischen Mechanicus." (Als ein Mechanicus galt damals nur ein sehr geschickter Handwerker, der die verschiedensten Materialien bearbeiten konnte und auch als Tüftler sehr erfinderisch sein musste. Christoph Gottlieb Murr zählt in seiner Beschreibung der Reichstadt Nürnberg von 1802 unter der Rubrik "Jetzt lebende Künstler in Nürnberg" neben den Musikern, Malern, Kupferstechern und Bildhauern auch die "Mechaniker und physikalischen Künstler" auf, zu denen er den seit 1788 in Nürnberg lebenden Gütle rechnet.) Bekannt ist Gütle vor allem als Produzent von Elektrisiermaschinen, als Trommler für den Blitzschutz und als Privatlehrer für Naturwissenschaften. In nicht wenigen Orten Frankens (auch in Nürnberg) hat er die ersten Blitzableiter eingerichtet und genoss dabei einen hervorragenden Ruf. In die internationale Literatur eingegangen ist er mit einer "elektrischen Lampe", bei der mit Hilfe eines Elektrophors eine Gaslampe gezündet worden ist. Geschrieben hat er auch sehr viel, alleine die Bayerische Staatsbibliothek hat in ihrem Bestand 24 verschiedene Titel von ihm. Von Nürnberg aus betrieb er einen regen Versandhandel und stellte als ein "in der Chemie Beflissener" zudem Reinigungs-, Schönheits- und Haarwuchsmittel her. Sogar der Dichter Jean Paul erwähnt in seinem Werk ein Haarfärbemittel von Gütle, mit dem seine weißen Haare wieder schwarz geworden sein sollen. Von Gütle hat sich eine aus Gips gefertigte waagrechte Tischsonnenuhr erhalten, auch veröffentlichte er 1797 ein Buch zur Unterhaltung für Liebhaber der Sonnenuhrkunst.
Ausgewählte Werke:
- Beschreibung eines vollständigen elektrischen Apparats, im Kleinen. Nürnberg 1788 [UB Bielefeld]
- Beschreibung verschiedener Electrisirmaschinen, zum Gebrauch für Schulen. Nürnberg 1790 [SUB Göttingen]
- Kunstkabinet verschiedener mathematischer und physikalischer Instrumente. Nürnberg: Bauer und Mann 1792 [BSB München]
- Zaubermechanik, oder Beschreibung mechanischer Zauberbelustigungen. Nürnberg 1794 [Hathi Trust Digital Library]
- Nüzliche Versuche und Erfahrungen für Fabrikanten, Künstler und Oekonomen. Nürnberg,Altdorf: Monath,Kußler 1796 [BSB München]
- Zaubergnomonik, oder Unterhaltungen für Liebhaber der Sonnenuhrkunst. Ansbach: Haueisen 1797 [Deutsches Museum, München]
- Mechanische Geometrie. Altdorf, Nürnberg: Monath, Kußler 1797 [BSB München]
- Sammlung technologischer Fragmente für Künstler und Kunstliebhaber. Band 1. Nürnberg: Schneider und Weigel 1804 [BSB München]
- Sammlung neuer physikalischer, chemischer und mechanischer Instrumente und Spielwerke. Nürnberg: Seidel 1805 [BSB München]
- Kleines Kunst- und Zauberkabinet für gesellschaftliche Vergnügen. Nürnberg, Sulzbach: Seidel 1805 [BSB München]
- Beschreibung und Abbildung einer neu eingerichteten sehr wirksamen elektrischen einfachen Glasscheibenmaschine zur Hervorbringung beider Elektrizitäten. Nürnberg: Schneider und Weigel 1811 [BSB München]
- Die ökonomische Meßkunst: ein einfacher Unterricht im Feldmessen. Ulm: Ebner 1818 [BSB München]
- 424 auf Erfahrung gegründete Vorschriften für Fabrikanten, Künstler und Handwerker. Nürnberg, Leizig: Zeh 1824 [BSB München]
- Die Kunst der natürlichen Hexerei. Neubearbeitung von J. P. Pöhlmann. Nürnberg: Zeh 1832 [BSB München]
Literatur:
- Kett, Siegfried: Er brachte den Blitzableiter nach Nürnberg: Johann Conrad Gütle - Mechanicus, Schausteller, Elektrisierer und Wunderheiler, Physiker, Chemiker, Lehrer, Buchautor und Versandhändler. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 96 (2009), S. 177-228
- Kett, Siegfried: Johann Conrad Gütle - der erste Berufselektriker. In: Kett, Siegfried: Erhellung und Beschleunigung. Nürnbergs Rolle in der Elektrogeschichte. Röttenbach: Schrenk 2016, S. 67-77
- Nopitsch, Christian Conrad: Nürnbergisches Gelehrtenlexikon, Bd. 5. Altdorf: Selbstverlag 1802, S. 439-441
- Rüger, Alexander: Populäre Naturwissenschaft in Nürnberg am Ende des 18. Jahrhunderts. Berichte zur Wissenschaftsgeschichte V 1982, S. 173-191
- Stauss,Thomas: Frühe Spielwelten zur Belehrung und Unterhaltung. Hochwald (Schweiz): Librum Publishers & Editors 2015, S. 170-203
- Zinner, Ernst: Deutsche und niederländische astronomische Instrumente des 11.-18. Jahrhunderts. Nachdruck der 2.ten Aufl., München: Beck 1979, S. 328
Links:
- Verzeichniß der seit einigen Jahren von dem Physikus und Mechanikus Gütle in Nürnberg an verschiedenen Orten des Fränckischen Kreises errichteten Blitzableiter. Journal von und für Teutschland, Jg. 7, 1 St. (1790), 13 S. 48-51
- Sonnenuhr mit Gnomon aus Papier von Gütle