Briefwechsel Michael Adelbulner


Kurzinformation zum Brief Zum Originalbrief
Autor Adelbulner, Michael (1702-1779)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 31. Januar 1738
Signatur UB Basel: L Ia 677, Bl. 57r-58v
Transkription Hans Gaab, Fürth


HochEdelgebohrner, Hochgelahrter
   Insonders hochgeehrter Herr und Gönner.

Was werden Ew. HochWolgebohren wol gedenken, daß ich so lange nicht geschrieben? und wie wird es wohl die Hochpreißliche Königl. Preußische Societät aufnehmen, daß ich biß anhero für die mir erzeigte unverdiente Gnade nicht dankbar gewesen bin? Die Ursache ist mir nicht zuzuschreiben, sondern vielmehr meinem Schicksal, welches mich ganz unvermuthet in andere Umstände gesezet hat. Ich war eben im begriff (allbereit vor 5. Monaten) mein Inaugural-disputation vollends zu verfertigen, und derselben eine danksagung an die obgedachte Königl. Societät für die gütige reception zu praemittiren, als ganz schnell und un-

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vermuthet mein lieber Vatter das Zeitliche, nach einem 74jährigen Aufenthalt in dieser Welt verließ.[1] Ew. HochEdelgebohren können leicht erachten, daß dergl. fall große Veränderungen in unserem Hauße nach sich gezogen. Es mußte die Leiche besorget, und auch mit meinen 3 Schwestern[2] abgeschiedet werden; welches lauter dinge sind, die eben mit so großer Plaisir nicht vollzogen werden. Das Härteste für mich war, daß mich nun resolvieren mußte, entweder die buchdruckerey anzunehmen, oder aber einen andern käuflich zu überlassen. Nach meinem Sinn hätte ich mich einig und allein den studiis gewidmet, allein wenn ich bedachte, wie schwehr es heute zu tag für die Gelehrten ist retours zu verdienen: So mußte ich mir dergl. Gedancken vergehen lassen, und mich resolvieren die buchdruckery anzu-

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nehmen, und dieses geschahe auch, also daß ich nun selbige durch einen so genannten Factor fortführen lasse. Dieses zog noch eine Veränderung nach sich, nemlich eine Verheyrathung; denn es ginge nun nicht mehr an ein so großes Haushalten ohne frau fortzuführen; ich veränderte demnach meinen Stand etc.[3] Ew. HochEdelgebohren sehen demnach was sich seit einem halben Jahr mit mir zugetragen; Sie werden aber auch dabey zugleich gütigst ermessen, daß bey solchen Haupt-Veränderungen, mein proiect auszuführen nicht möglich gewesen. Es soll aber so Gott will nächstens geschehen, da ich meine Inaugural-disputation publice defendire, und darinnen meinen ganz ergebensten und verbindlichsten dank der ganz hochpreißl. Societät für eine so grosse Gefälligkeit, die Sie mir ganz unverdient erzeigen wollen, ab-

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zustatten nicht ermangeln werde.[4] Ferner werde ich auch das teutsche und Lateinische Commercium wieder anfangen, daß in den leztern die Recesiones heraus lasse, weil das Werck dadurch ohne noth mit samt den Unkosten vergrössert wird. Es ist sich zu verwundern, daß bey dem Lateinische Commercium nicht einmal die Kosten zu dem Papier und der Correspondenz heraus kommen, von dem Druckerlohn und meiner Mühe gar nichts zu gedenken. Ich glaube nicht, daß ein elenders studium ratione die Einnahme seyn kan, als des studium Astronomicum, welches doch an Vortrefflichkeit keinem andern retours nachgiebet. Ich spühre den Unterschied inter et intes deutlich genug, und manches mal mit nicht geringer besorgnis. Wenn Ew. HochEdelgebohren schreiben, so seyen Sie so gütig, und schreiben mit, aber fein aufrichtig, als einen guten freund, und wie ein mathematicus dem anbey, Ihrer Meinung von den ... blättern. Gott erhalte Ew. HochEdgl. in einem gesegneten Wolstande, und lasse Ihnen dieses Ihme mit vielem folgend an Seel und Leib beglücket seyn. Ich aber recommendire mich auch fernerhin dero Affection und bin

Ew. HochEdelgebohren

Nürnbg. d. 31. Jan.
         1738.

ergebenster diener
Adelbulner


Fußnoten

  1. Johann Ernst Adelbulner wurde am 9. September 1737 in Nürnberg beerdigt.
  2. Michael Adelbulner war das älteste Kind aus der Ehe seiner Eltern. Er hatte vier Geschwister:
    1. Elisabeth, getauft am 5. Februar 1704;
    2. Anna Maria, getauft am 13. März 1707;
    3. Melchior Gottfried, getauft am 22. Mai 1708;
    4. Catharina Barbara, getauft am 28. August 1710.
    Nachdem im vorliegenden Brief nur von drei Schwestern die Rede ist, scheint der Bruder Melchior Gottfried jung verstorben zu sein.
  3. Adelbulner heiratet am 12. November 1737 Maria Barbara Wachau (?-1773).
  4. Adelbulner, Michael: Theses Medicae Physiologico-Pathologiae Pvlmonvm Fabricam Vssm Variaqve Qvibvs Affligvntvr Incommoda Generatim Complectentes. Altdorf: Meyer 1738.