Briefwechsel Michael Adelbulner


Kurzinformation zum Brief Zum Originalbrief
Autor Adelbulner, Michael (1702-1779)
Empfänger Suckow, Simon Gabriel (1721-1786)
Ort Nürnberg
Datum 7. Februar 1755
Signatur UB Tartu: Epistolae autographae CC eruditorum cel. F 3,Mrg CCCLIVb [164]
Transkription Hans Gaab, Fürth


HochEdelgeborner und Hochgelahrter Herr   Insonders Hochzuehrender Herr Professor.


Ew. HochEdelgeborn[1] schätzbar Inschrifft hat mir nicht anders als angenehm seÿn können, und ich würde mich in der That erst glücklich schätzen, wenn Ew. HochEdelgeborn vollkommene Satisfaction geben, und dadurch zugleich das gnädige Wolgefallen Sr. Hochfürstlichen Durchlaucht einiger maßen verdienen könte. Was ich thun und leisten kan, bestehet in folgenden: Wenn die Kälte des 1709. Jahrs[2] mit der gegenwärtigen verglichen werden soll, so wird freilich vorausgesetzt, daß der damalige Observator sich der Thermometer von ☿rio[3] bedienet hat; denn, wenn dieses nicht geschehen und er hat nur die gemeinen mit Spiritus gebraucht, so wird die Vergleichung nicht wol angestellt werden können, weil der Spiritus binnen dieser zeit ganz gewiß etwas an[?] seiner Elasticität verlohren haben muß. Ich meines wenigen Orts gestehe, daß mir nicht getraue etwas gewisses feste zu sagen, wenn aber nach der Probabilität, u. nach den datis, die mir bekannt sind, urtheilen soll, so ist hier zu lande die Kälte vor dissmal nicht so groß als 1709; aber grösser als 1740. Von meinen

[Bl. 1v]
Meteorologischen Observationen dises Jahrs habe die Ehre folgendes zu berichten. Gleich beÿm Anfang des Jahrs war es beÿ hellem Himmel u. Ostwind sehr kalt, u. das Reaumurische Thermometer[4] zeigte 2. gr. unter dem terminum gelasiensii aquae.[5] Die Kälte nahm immer zu, und das thermom. zeigte den 7. Jan. 8 Gr. es war penetrant kalt, beÿ heiterer lufft u. Ostwind. Von dem Tag an, nahm die Kälte ab, u. das therm. zeigte den 8. Jan. 7. den 9. 6. da der Wind westlich wurde, u. es Schnee gab, den 10. Jan. 2 u. den 11. wiese das Therm. 0 Grad. den 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. war das Wetter leidlich, u. der ☿ius war immer über dem terminum gelasii aquae anzutreffen, und er Himmel war trüb. Am. 20. klärte sich die lufft beÿ Ostwind wieder auf, das therm. wiese 2. unter den so oft bemühten Terminum, u. kame den 26. ferner wieder biß auf 6. Von der Zeit u. dem Tag an, nahme die Kälte wieder ab, wir hatten viel Schnee, biß zum

[Bl. 2r]
Ende des Monats, da die Kälte wieder wuchse; den 31. fruee hatte das therm. 3°, den 1. Febr. 4 u. den 2. Feber 9°. welches der kälteste Tag, von einer sehr scharfen u. durchdringenden Kälte war. den 3. Febr. zeigte das Therm. °6. den 4. 7.° den 5. 5° den 6. 3.° u. heute als den 7. steige der ☿ stark, u. kam wieder auf. 0. Von 3.ten biß heute hatten wir nichts als Schnee, u. Abends stürmige Lüft.

Ich muß Ew. HochEdelgeboren noch sagen, daß in meinem thermometer der Raum zwischen dem aqua gelascente u. ebulliente[6] in 80. Theile getheilet, u. die observation alle Zeit zu früh um 7. Uhr aufgezeichnet worden.

Und dieses ist es, was Ew. HochEdelgeboren in schuldiger Antwort hebe melden können. Finden dieselbe mich sonst im Stande etwas angenehmes erweisen zu können, so bitte zu befehlen, denn ich mache mir ein Vergüngen daraus, wenn seÿn und heissen kan


    Ew. HochEdelgeboren
        als meines Hochgeehrtesten Herrn
               Professoris

Altdorf d 7. Febr.
      1755.

gehorsamster diener
M. Adelbulner

[PS, Blatt 1v]
Vermuthlich ist die gröste Kälte vor dieses Jahr vorbeÿ, u. der 2. Feber bleibt wol der kälteste Tag. Es ist doch curieux, daß in dem vorigen Jahr auch um diese Zeit herum, nemlich den 3. Febr. die gröste Kälte war; aber der ☿ kam nie 6.° unter den Eispunct zu stehen.


Fußnoten

  1. Simon Gabriel Suckow (1721-1786) war seit 1745 Professor der Philosophie in Erlangen. 1765 erhielt er die Professur für Mathematik und Physik.
  2. Der Winter von 1708/09 gilt wegen der grimmigen Kälte, die er brachte, als "Jahrtausendwinter";
    Johann Wilhelm Baier (1675-1729) ließ in Altdorf darüber disputieren: Dissertatiuncula physica de frigore proximi mensis Ianuarii insolito. Altdorf: Jobst Wilhelm Kohles 1709.
    • Lenke, Walter: Untersuchung der ältesten Temperaturmessungen mit Hilfe des strengen Winters 1708 - 1709. Berichte des Deutschen Wetterdienstes, Nr. 92 (1964)
  3. Mercurio: Quecksilber.
  4. René Antoine Ferchault de Réaumur (1683-1757) teilte den Bereich zwischen dem Gefrierpunkt und dem Siedepunkt des Wassers in 80 gleiche Teile.
  5. 20 unter dem Gefrierpunkt.
  6. Der Bereich zwischen dem Gefrierpunkt und dem Siedepunkt.


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