Widmung von Johannes Schöner an Hieronymus Schreiber 1541


Johannes Schoner, Mathematiker aus Karlstadt, grüßt ganz herzlich seinen Freund Hieronymus Schreiber, den Liebhaber der mathematischen Dinge.

Ich kann mich nicht bezähmen, du überaus gelehrter Hieronymus, mir oft den Glanz deines Geistes, der mir schon längst bekannt war, in Erinnerung zu rufen: außer der Tatsache nämlich, dass du mich mit einzigartiger Zuneigung beschenkt hast, schienst du auch von einem angeborenen Scharfsinn, der niemals vor unseren wahrhaft göttlichen Studien zurückschreckte, der die Bande der allerbeständigsten Freundschaft zwischen uns bewahren muss. Deshalb wollte ich, als ich bei mir beschlossen hatte, gerade zu dieser Zeit ein Buch des Johannes Regiomontanus, des zu seiner Zeit ohne jeden Widerspruch führenden Mannes aller Mathematiker, herauszugeben, dem jener den Titel „Über die Bögen und Seiten“ gab, dem er zum größeren Nutzen und leichterer Verständlichkeit allerdings meisterhaft auch eine Sinustafel hinzufügte, dieses Buch namentlich dir widmen, nicht nur weil mir in astronomischen Dingen alles nützlich, sondern auch notwendig schien, was unser Regiomontanus schriftlich hinterlassen hat, sondern auch, weil dieses Buch auf geradem Weg zur Erkenntnis oder zum Verständnis der Bücher führt, die eben dieser Regiomontanus über die sphärischen Dreiecke verfasst hat. Es gibt in diesem Buch außerdem viel Hervorragendes, ohne das sich jemand in der Kenntnis der Sterne und den mathematischen Disziplinen nicht leicht wird auszeichnen können. Deshalb ist es verwunderlich, dass es manche gegeben hat, die sich nicht geschämt haben, die Arbeiten dieses sehr gelehrten Mannes zu veröffentlichen als seien es Schöpfungen ihres Talents unter Nennung ihres Namens und Unterdrückung des Namens von Regiomontanus, wodurch sie etwas anderes taten, als es sich für gute Männer ziemt. Was mich betrifft, so reicht mir das Bewusstsein, dass ich niemals mit fremden Federn geschmückt anderen gefallen wollte oder mich um andere bemüht habe. Der hochgelehrte Georg Peurbach, einst der Lehrer unseres Regiomontanus, schrieb ein Buch über denselben Gegenstand, das wir jetzt dieser Edition beigefügt haben, weil wir sowohl glauben, dass es schön sei, den Schüler mit seinem Lehrer zu vergleichen, als auch besonders, um alle Liebhaber der schönen Künste zu den Erfindungen dieser Männer einzuladen, um sie ehrlich zu lesen. Das wollte ich kurzum, dass die Liebhaber sie genau kennen lernten. Ich selbst bemühe mich in dieser Edition ganz besonders darum, dass dem Regiomontanus von dem ich in diesen meinen Studien nicht wenig unterstützt worden bin, wie von einem alten Siedler, seine Felder [= Verdienste] zurück erstattet werden. Ich glaube, unter den Gelehrten gibt es niemanden, der diese Absicht nicht billigen wollte. Lebe wohl in Gott, und Du sollst es nicht lästig finden, unsere Studien mit erhabenem Geiste zu verfolgen. Nürnberg, im Jahre Christi 1541.

Wir haben Reinhard Laudi für umfangreiche Hilfe bei der Übersetzung aus dem Lateinischen zu danken.