Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Johann Philipp Andreae (1699-1760)
Empfänger Grundherr, Carl Sigmund Ferdinand (1694-1763)?
Ort Nürnberg
Datum 12. Oktober 1733
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 230-231
Transkription Hans Gaab, Fürth

Hoch Wohlgebohrner, Gnädiger Herr.

Nachdeme gestern abends von meinem Weib in meinen elenden Zustand nochmahlen bin ermahnet worden, wie ich doch niemanden schonen, sondern alle diejenigen sagen solle, die etwa Nachricht oder Wissenschafft hätten von einem oder dem andern, auch was ich sonsten noch wiße, was in einem oder andern vorgegangen, so sage ich nochmahlen beÿ meinem Erlöser Jesu Christo, daß, ich mit gutem Gewißen von keinem Menschen nichts weiters zu sagen vermag mit Grund der Wahrheit, oder nur das geringste verschwigen, was etwa Einen HochEdlen Rath möchte nachtheilig seÿn, ich meines orts, da nunmehro durch vieles Leÿden, Schmertzen und Kranckheit mit dem einen Fuß bereits in dem Grabe stehe, wolte es mir und den meinigen nicht nachreden laßen, daß etwas verschwigen, sondern hierinnen freÿ vor Gottes Gericht tretten, daß nicht mehr weiß, die mit dem unglückseel; Glücken[1] gehabte Correspondenz ist ohnehin schon bekandt, welches aber von hiesigen Leuthen mir weiters nichts entdecket hat, ob ich gleich noch so scharff darauff getrungen, es wird auch sich zeigen, daß in vielen Stücken gesucht habe, Ihn vertraulicher zu machen, umb das fernere, von Ihme zu erfahren, allein Er hat mir hierinnen nicht getrauet, sondern jederzeit seine Correspondenz geheim gehalten; Ich habe Ihn in vielen Stücken probiert, und absonderlich da ich gesehen, daß er ein neugieriger Mensch ist, und von allen Beamten in Schwabach angefeindet wird, so habe, Ihme öffters die wunderlichsten und einfältigsten Sachen gesagt und berichtet, damit vermeinet, Ihne heraußzulocken, wie ich Ihme dann manchmahlen von den Findelmeister, Haffners Häußl: und dergl: absurde Sachen geschrieben und gesagt, damit er meinen solle, ich traue ihme noch so wohl, nur damit seine Correspondenz erfahren möchte, wie es meine Brieffe, wann ers gewißenhafft hergeben will, deutl: genug zeigen werden, und da die Herrn Beamten selbsten gesehen, daß dieser Glück ein Formales wasche, so habe sie mich selbsten animiert, Ihme die grösten Lügen und die absurdesten Sachen zu berichten, damit er an einem stock fahren möchte; ich sage nochmahlen vor Gott, daß nicht mehr weiß, was zur geringsten Praejudiz eines HochEdlen Magistrats gereichet, sondern bitte nur mich nicht gar an der Seelen auch verderben zu laßen, und die Worte betrachten, daß so der Mensch in Anfechtung und Schwehrenoth stehet, und allein ist, wer da seÿe, der ihn aufrichte, nunmehro bin ich nicht mehr imstande, mich aufzurichten, sondern muß am Leibe gar verderben, und an meiner armen Seelen Noth leiden, dem gekreutzigten Heÿland Jesu Christo seÿe es geklagt, ich muß zahlen, das ich nicht geraubet habe, ich leide mehr, als ich gesündiget, so wohl an Leib und an der Seele, Wollen Euer Hochwohgebohrn und Gnaden mir helffen, so erretten Sie meine Seel, wovor Sie vieles Glück, Heÿl und Seegen erlangen werden, ich verbl: gar biß in den tod mit unterthänigsten Gehorsamsten Respect

Hochwohl Gebohrn und Gnädiger Herr

é Carcere den 12: Octobrij. 1733.

Dero
Gehorsamst
Joh: Phil: Andreae


Fußnoten

  1. Johann Paul Glück stammte aus Reichelsdorf. Im Verhör vom 19.10.1733 sagte Andreae über ihn, es "wäre eine bekannte Sache, daß dieser schon 4. Jahre mit dem Zollwesen, von denen hier abgehenden Kaufmanns Güthern, umgehe, auch lange Zeit alle Sonnabend hier gewesen seÿe und obacht gehabt habe, was von dergleichen abgeführet worden." In den Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calendern für 1747, 1748 und 1754 wird er als ist er als Zoll-Commissarius verzeichnet. Falckenstein verzeichnet ihn 1740 als Zoll-Inspector und 1756 als "Zoll-Commissarius von 4. Ober=Aemtern". Glücks Tochter Sybilla Helene kaufte 1764 um 6600 Gulden das Haus in der Königstraße 2 in Schwabach. Auch hier wurde der Vater als Zollkommmissar bezeichnet. Nach Schuhmann war er von 1765 bis 1770 Oberzollkommissar in Schwabach.
    Verhör Andreae, 19.10.1733, Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 239
    Dehm, Karl; Heckel, Gottlob: Häusergeschichte der Altstadt Schwabach. Schwabach 1970, S. 256
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1740, S.28
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1756, S.83
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1747, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1748, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1754, S. 62
    Petzold, Johann Wolfgang: Chronik der königlich bayerischen Stadt Schwabach. Schwabach: Theodor Mizler 1854, S. 139
    Schuhmann, Günther: Die Deliciae topogeographicae Noribergenses und ihre Verfasser. Jahrbuch für fränkische Landesgeschichte 19 (1959), S. 493.

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