Briefwechsel Johann Philipp Andreae
Kurzinformation zum Brief | |
Autor | Johann Philipp Andreae (1699-1760) |
Empfänger | Löffelholz, Johann Carl (1673-1756) |
Ort | Nürnberg |
Datum | 23. Januar 1734 |
Signatur | Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 408-409 |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
Wohlgebohrner, Gnädiger Herr !
Der Hoffpoët deß Höchstseel: Fürsten Eberhard Ludwigs von Würtemberg[1] ist durch diese nachfolgende Worte, als Er ein halbes Jahr in der Ungnade war, wider zu Gnaden angenommen worden; wie Er gantz kurtz gefaßet außgesprochen, durchleuchtigster Herr und Fürst, mich hungert, friert, und dürst. Es wurde Ihme Korn vor den Hunger, Saltz vor den frost, und nach selbiger Landesart Wein vor den durst gereichet.
Mein Weib und Kind kamen gestern Nachts wider mit Bitten und heißen Trähnen, und klagten, daß Sie beÿ dieser harten Winterszeit nicht mehr dauren können, wo Ein HochEdler Rath nicht Gnade ergehen laßen, welches die Eisenmeistersleuthe selbsten angehört, und männiglich auch zur Genüge bekandt seÿn wird, Sie gaben vor, daß Sie alles gethan, auch umb das Blut Christi willen um Gnade gebetten, jedoch könne sie mit ihren bitten nicht durchtringen, dahero ich nochmahlen mit Weib und Kind zu den Füßen Eines HochEdlen Magistrats falle, und um der Gnade und Barmherzigkeit Jeus Christi willen, ja umb alles blut, so Er als Erlöser deß menschl: Geschlechts am Stamm deß heil; Creutzes für alle armen und großen Sünder vergoßen, um Gnade bitten und umb einen Schluß in dieser schon 34. Wochen dauernden Sache, anflehen, damit nicht Weib und Kind beÿ dieser rauhen Zeit auch ihre Kleider zu Erhaltung deß Leibes und Bedeckung der Blöße das Maul zu erhalten verpfänden oder verkauffen dörffen; die Leute sind da, wollen Arbeit haben, nichts ist fertig, alhier kan ich nichst solches subtiles machen, dahero Euer Gnaden umb der Gerechtigkeit Gottes willen gebetten werden, das gestern übersandte Memorial heute ableßen zu laßen, daß ein Schluß erfolge, ich kan sonsten ohnmöglich das Seuffzen und Flehen Weib und Kind mehr anhören, oder wann ja kein Schluß erfolgen kan, so bitte ich um Gottes willen, Sie befehlen, daß Weib und Kind nicht mehr mit mir reden dorffen, damit ich das ächzen nicht anhören darff, Gott ist barmhertzig, gnädig, gedultig, von großer Güte und treue, Er vergibt Mißethat, Übertrettung und Sünde, will dann Ein HochEdler Magistrat gar kein Werck der Barmhertzigkeit ausüben, und Sünde vergeben, bereuet und beweinet habe ichs genug, weiter bin ich nicht im stande, außer mein blut hinzugeben, Euer Gnaden werden am Ende umb das Verdienst Jesu Christi willen angeflehet, die Schrifft heute leßen zu laßen, damit wir einen Schluß wißen, Gott wird unser Gebett erhören, und Einen HochEdlen Rath langes leben, Glück=regierung geben, in welcher Hoffnung und Zuversicht ich, samt dem ächzenden Weib und Kind jederzeit mit devotester Submission verharrren werden
Euer Wohlgebohrn und Gnaden
Wehmütig bittend und seuffzend
é Carcere den 23: Jan: 1734.
Joh: Philipp Andreae
Mathematicus
Fußnoten
- ↑ Eberhard Ludwig (1676-1733) war ab 1677 bis zu seinem Tod Herzog von Württemberg.