Briefwechsel Johann Michael Franz


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Franz, Johann Michael (1700-1761)
Empfänger Haller, Albrecht von (1708-1777)[1]
Ort Nürnberg
Datum 26. Mai 1753
Signatur Burgerbibliothek Bern: N Albrecht von Haller 105.17, Franz, Johann Michael: 3
Alte Signatur: 48/95
Transkription Digitale Gesamtedition der Korrespondenz Albrecht von Hallers, hallerNet 2019ff
Fußnoten Hans Gaab, Fürth


Hochwohlgebohrner Freyherr
Gnädiger Herr Praesident!

Da gegenwärtiger Inschluß, welcher die Angelegenheit des Regenfusischen Muschelwerks[2] vorträget, mich nöthiget, um eben dieser Sache wegen ein Paar Zeilen beyzulegen, so ist es mir eine recht schätzbare Gelegenheit, hiebey aufrichtigst zu bezeugen, daß ich einer von denenjenigen bin, die schon längst von Ewl Excellenz unsterblichen Verdiensten um die gelehrte Welt die tiefsten Verehrer sind und die alle Tage häufige Ursachen zu Vermehrung ihrer Hochachtung bekommen. Ich bitte mich unter Dero Diener mit anzunehmen und Dero ohnverdiente Huld und Gnade zu schenken, derer ich mich aber erst in Zukunft würdig zu machen alles Ernsts und Fleisses beflissen seyn werde. Herr Regenfuß ein sehr gründl. und fleisiger Verleger seines Muschelwerks hat auf Ewl Excellenz, auf Dero grosse Einsicht in die Natur Historie, auf Dero grossen Namen und Vielvermögenheit in Hanover u. überal ein sehr grosses Vertrauen gesetzet, u. ich ermangelte nicht ihn darinnen zu bestärken. Sein Werk liegt am Tage, u. es ist Schade, wenn es ins Stoken geräth. So klein und

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unansehnlich der Verleger ist, so eyfrig ist sein Geist, etwas vollkommenes in die Welt zu liefern; aber er hat mehrmal Ursache gehabt, die Hand vom Pfluge zu lassen. Vielleicht dürfte es noch geschehen, wann nicht ein glückliches Schicksal von der Ferne sich äußert, das ihn und seine hiesige Förderer aufmuntert. Zwar ist Herr Hofrath Treu[3] fleißig zur Hand, nicht weniges habe ich ihm zur Korrespondenz und Bekandtschaft von ausen her verholfen, ja ich habe ihm auch da, wo es am besten fehlt, nemlich mit dem nervo rerum gerendarum[4] nicht entstanden. Nichtsdestoweniger ist alle unsere Hülfe bey der allzu geringen Einnahme seiner Blätter nicht zureichend, es muß eine mächtigere Hülfe erscheinen, ein solch kostbar Werk hinaus führen zu können. Solche sucht er mittelst der Dedication an einen grossen Potentaten zu ernöthigen. Schade ists, daß er nicht in London sitzet, da würde sein Nothklagen gegen einen einzigen Lord, wann er damit an einen Kenner der Natur Geschichte gerathete, mehr helfen als all sein winseln und schreyen bei allen hiesigen Pa-

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trizien, die sich wohl alles schöne gerne gefallen lassen, zur Unterstützung aber nicht genug Generosité besitzen. Ich habe ihme den König von Großbritannien vorgeschlagen, und auch den König in Dänemark, oder Ewl Excellenz wissen vielleicht einen mächtigen Lord, der Geld und Lust genug hat, sich als einen Maecenat von diesem Werke aufzuwerfen u. einen Namen damit zu machen. Das Dedications-Exemplar wird auf Atlas gedruckt, wovon ich eine vorläufige Probe gesehen, und kan man sich in dieser Art nichts natürlichers, und zugleich nichts prächtigers einbilden, so daß ich versichere, es dürfte einen Maecenat seines Aufwands nicht reuen. Ein Zuschuß von 5000. Reichsthaler zur Regenfusischen Cassa würde ihn in Stand setzen, dem Werke einen Fortgang zu gewähren, dem Maecenat aber einen ewigen Namen in der Natur Geschichte und deren Beförderern verleyhen. Unter allen Werken von der Natur Historie, die jetzt herauskommen, verdient dieses gewiß die Krone genannt zu werden, und M. de Reaumur[5] in Paris hat die ersten Tabellen davon nicht genug bewundern können.

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Gewisse Umstände determiniren mich zu glauben, man werde seiner Zeit für ein Regenfusisch Muschelblat 10. rthl bieten und nicht haben können. Manche Liebhaber liessen sichs schwartz senden, u. so dann zu Hause von dortigen Mahlern zu Farbe bringen, womit sie was zu verspahren vermeynten, es hatte aber nicht gelungen, u. nichts komt am Ende den Regenfußl. Original Blättern bey. Können Ewl Excellenz einen mächtigen Patron erfindl. machen, wird es Dero hohe Verdienste um die Natur Geschichte viel vermehren. Zwar hat Hl Beyrer[6] hier einen Vorschlag, der aber dem Regenfuß gantz nicht anständig ist, u. der daher bitten lässet, nichts aus dieser Sache mit Ihnen zu conferiren.

Nächstens bin ich so frey, eine kosmogrl. Schrifft die sich der deutsche Staatsgeographus nennt, zu Dero Handen zu liefern, u. so dann schon deren Inhalt v. Absicht des weitern zu melden. Womit inzwischen zu Dero hohen Grace mich gehorsamst empfehle, in tiefem Respect beharrend

Ewl Excellenz
meines gnädigen Herrn Praesidenten

Nürnberg d 26. May
    1753.

untertäniger Diener
Joh. Mich. Franz, Or. N. Rath.
des fränk. Kr. Geogr. d Konigl.
deutschen Gesells. zu Gött. Ehrenmittgl.
u. d Kosmogrl. dirigirendes
Mitgl.



Fußnoten

  1. Albrecht von Haller (1708-1777) wurde 1736 Professor für Anatomie, Botanik und Chirurgie in Göttingen. 1751 wurde er Präsident auf Lebenszeit der Göttinger Akademie der Wissenschaften, auch war er Chefredakteur der Göttingischen Gelehrten Anzeigen. 1753 kehrte er in seine Heimatstadt Bern zurück.
  2. Franz Michael Regenfuß (28.01.1713-12-08.1780) war von 1749 bis 1758 als Kunstführer im Nürnberger Ämterbüchlein eingetragen, von 1749 bis 1758 auch als Kupferstecher. Er war aber auch ein naturhistorischer Sammler, der bereits 1751 den ersten Teil einer Sammlung von Schnecken und Muscheln in Nürnberg herausgebracht haben soll. 1754 wurde er als Hofkupferstecher nach Kopenhagen berufen. Hier erschien sein Hauptwerk:
    Auserlesne Schnecken Muscheln und andre Schaalthiere auf allerhöchsten Befehl Seiner Königlichen Majestät nach den Originalen gemalt, in Kupfer gestochen und mit natürlichen Farben erleuchtet. Kopenhagen 1758.
    Zu Regenfuß siehe: Grieb, Manfred: Nürnberger Künstlerlexikon, Band 3, München: Saur 2007, S. 1204.
  3. Christoph Jakob Trew (1695-1769) war ein einflussreicher Arzt und Botaniker in Nürnberg.
  4. Die Haupttriebfeder aller Handlungen und Unternehmungen.
  5. René-Antoine Ferchault de Réaumur (1683-1757) war ein französischer Naturforscher, der sich u.a. mit Schalentiere beschäftigte.
  6. Johann Ambrosius Beurer (1716-1754) war Apotheker und Naturforscher in Nürnberg.