Briefwechsel Johann Heinrich Müller
Kurzinformation zum Brief | Zum Original |
Autor | Müller, Johann Heinrich (1671-1731) |
Empfänger | Scheuchzer, Johann Jacob (1673-1733) |
Ort | Altdorf |
Datum | 6. April 1711 |
Signatur | ZB Zürich: Ms H 298, S. 163-165 |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
Vir Celeberrimi,
Fautor et Patrone Honoratissimi!
Auf dessen werthes vom 3 Jan. so den 11 Febr. erhalten, diene mit wenigem, daß der Bau des Observatorij, welches als eine Althane[1] auf das Collegium kommen soll, bißhero ungefehr auf 400 fl überschlagen worden, davon beÿnahe 200 fl vor den boden, welcher mit Kupfer beleget werden soll, aufgehen dörfften.[2] Wegen der instrumenten wird man sich für jezt noch derer bedienen, so vom alten Observatorio vorhandl. sind, nemlig ein Azimuth. Quadrant u. Tubus, welche man jedoch ad faciliorem praxin et ακρίβειαν zuer.[reichen][3] wird einrichten lassen, u. darbeÿ sehen, was etwan von den Nürnbergischen fast überflüssigen apparete des Observatorij möchte alhier zu appliciren seÿen;[4] worzu noch eine accurate Perpendicul Uhr kommen muß. Ich werde auch möglichst dahin trachten einen besseren Tubum zu procuriren, damit wir auch hier in Teutschland etwas mehrers von dem annulo und Satellitibus Saturni
[S. 164]
möchten entdeken. Wie wol ich mir der Zeit
noch nicht zu rathen weiß, woher dergleichen zu nehmen.[5]
Können Sie hierinnen mit einem guten Rath an die
Hand gehen, so werde ich große obligation darvor
haben. Ubrigens ist mir lieb zu vernehmen gewesen,
daß M. Hochgl. Hln. Physica in einem
so schönen neuen Kleid u. so bald wider soll zum
Vorschein kommen.[6] Ich habe mir schon ein Exemplar von
der Frankfurter-Messe bestellet, u. wird der Buchführer
wol eine Quantität Exemplarien mitbringen,
weil ich hoffe, daß es mir künfftig zum fundament
eines Collegii Physici privati dienen soll. Meines
Bruders Hungariam[7] weiß jeziger Zeit nicht
zu bekommen, massen er mir ein einiges Exemplar
verehrt, sonsten aber in den Buchläden u.
beÿ Buchhändlern keines zu haben. Im fall jedoch
[S. 165]
eines noch solle verlanget werden, so wolte ich einem Buchführer
in Nürnberg Commission geben, eines von Wien
zu verschreiben, dörfte wol wenigsten auf 3 fl kommen.
Dann mein Bruder ist jezt nicht mehr da, u. vor
wenig Tagen wider in Mähren abgereist, um dieses
Marggrafthum noch in diesem Jahr, wie er hoffet,
zu Ende zu bringen,[8] da dann bald hernach etwas
denselbigen Charten, auch Profilen, Prospecten [und]
andern curieusen Zeichnungen desselben Landes dörffte
zum Vorschein kommen. Hiemit verbleibe unter
Ergebung Göttl. Gnaden-Schuzes
Meines Hochgeehrtesten Hln. u. sehr werthen Gönners
Altorf d. 6 April.
1711.
Ergebenster Diener
Joh. Henr. Müller. P. P.
Fussnoten
- ↑ Eine Altane ist eine offene, durch Mauern oder Pfeiler abgestützte Plattform im Obergeschoss eines Hauses.
- ↑ 1713 konnte Müller das neue Observatorium mit einer feierlichen Rede offiziell einweihen.
- ↑ Zur Erreichung einer leichteren Handhabung und einer [größeren] Genauigkeit.
- ↑ Davon, dass von der Nürnberger Sternwarte Geräte nach Altdorf gebracht wurden, ist nichts bekannt.
- ↑ Müller besorgte schließlich ein großes Fernrohr aus dem Nachlass von Hevelius.
- ↑ Scheuchzer, Johann Jacob: Physica oder Natur-Wissenschaft.
1. Auflage Zürich: Bodmer 1701. Band 1; Band 2
2. Auflage Zürich: Bodmer 1711. Band 1; Band 2
- ↑ 1709 hatte Johann Christoph Müller seine Karte von Ungarn herausgebracht.
- ↑ 1714 brachte Johann Christoph Müller seine Karte von Mähren heraus.