Briefwechsel Maria Clara Eimmart

Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Eimmart, Maria Clara (1676-1707)
Empfänger Scheuchzer, Johann Jacob (1672-1733)
Ort Nürnberg
Datum 24. August 1696
Signatur ZB Zürich: Ms H 297, S. 65-66
Transkription Hans Gaab, Fürth

Monsieur.

Ich dachte bey mir nach, wessen ich mich solte entschließen, ob ich solte meiner feder die freyheit geben an Monsieur zu schreiben, wohl wissend, daß dieselbe untichtig ist, etwas von sich fließen zu lassen umb gewürdiget zu werden, von einer so Hochgelehrten und Graduirten Persohn anzusehen. Jedoch habe die Kühnnheit nehmen wollen in ansehung dessen, weilen ich aber mahl mit einem überauß höfflichen Briefflein, zwar dessen gantz unwürdig, bin beehret worden, daß es demnach eine grose unhöffligkeit wäre, wann so einen werthen Brief unbeantwortet ließe, bitte demnach meine schlechte schreibart geneigt auf zu nehmen, in ermeßen solche geringe persohn, wie ich bin, keinen so großen esprit haben könne etwas zierliches zu schreiben. Derohalben vor dißmal mir schlechterdings auf das, was zu wißen verlangt, zu antworten; beliebe Monsieur wegen des Planetolabii,[1] welches zu Leyden her auß gegeben, meines Vatters weniges gutachten zu vernehmen, daß es ihme gar wohl gefällt; sonsten aber deß Authoris Profession unbekanndt ist.[2] Warumb aber, darf ich fragen, verlanget Monsieur meines Lieben Vatters geburts Jahr zu wißen. Seyn Sie dann so curieus (sagt mein Vatter) auch geringer noch lebender leuthe alter zu notiren? Ob zwar solches der mühe nicht werth wäre, so wolte doch solcher curiosité zu dienen, nicht verhalten daß Er den 22. st. v.[3] dieses Monats, nehmlich vorgestern, durch Gottes gnade 58. Jahr seiner mühseligen Pilgerschaft zurück gelegt.

[S. 66]
Aber noch weiter zu fragen, was hülfft es Monsieur zu wißen, daß ich nun 20. Jahr den May meines lebens zugebracht ohne noch etwas lobwürdiges mit wahren Tugenden zu beginnen. Gewißlich ich empfinde mich deßhalben nicht wenig beschämet, und werde mir Meines Hochgl. Hl. Dr. curiosite zu einer aufmunterung dienen laßen, so viel die kräften meines schwachen geschlechtes vergönnen werden, meine künfftige Jahre, so Gott das leben erhalten wird, zu übung rechtschaffener Tugenden und Künsten eifriger zu employren. Daß mir Monsieur in dem beschluß seines mir angenehmen Brieffs die fortsetzung frembder Sprachen sonderlich der frantzösischen und der Italiänischen recommandiret, davor bin ich höchlich obligirt. Die erste belangend, hab ich in derselben einen geringen Anfang gemacht, in der andern aber, bin ich noch gantz unerfahren. Ich bin nicht in abrede, daß die wissenschafft der Sprachen eines generösen gemüths gewisseste kennzeichen seyen, ob aber mein gemüth von solcher arth ist, weiß ich selber nicht. Weilen es aber Monsieur beliebet, mich zu animiren, in allen ernsthafften, nützlichen und löblichen Studien fortzufahren, dafür erkenne mich alle Zeit Danck zu sagen verpflichtet. In dem übrigen weiß ich mit keinen ersinnlichen Worten, die mir am ende des Briefs all zu grosse Höfflichkeit und beygemessenes lob, abzuwenden: schließe derowegen und wünsche meinem Hochgeehrten Herrn D. alles vergnügen mit empfehlung in die beschützung Gottes.

Mademoiselle Deneville[4] lest sich dem Herrn D. schönstens empfehlen, anbey höflich grüßen.

Nürnberg.
Anno 1696.
Den 24. Augusti.

Maria Clara Eimmartin


Fußnoten

  1. Zumbach von Koesfeld, Lothar: Paradoxum Novum Mechanico-Astronomicum Hoc est Planetolabium. Leiden: Daniel Gaasbeck 1691.
  2. Lothar Zumbach von Koesfeld (1661-1727) hielt seit 1692 in Leiden medizinische und astronomische Vorlesungen.
  3. st. v.: stilus vetus, alten Stils, d.h. die Angabe erfolgt nach dem Julianischen Kalender.
  4. Johann Jakob Deneufville (1684-1712), der Sohn des Bortenhändlers Georg Jacob, wurde später als Musiker bekannt. Vermutlich handelt es sich hier um eine seiner älteren Schwestern oder einer sonstigen weiblichen Verwandten.