Briefwechsel Maria Clara Eimmart
Kurzinformation zum Brief | Zum Original |
Autor | Eimmart, Maria Clara (1676-1707) |
Empfänger | Scheuchzer, Johann Jacob (1672-1733) |
Ort | Nürnberg |
Datum | 20. November 1697 |
Signatur | ZB Zürich: Ms H 297, S. 71-77 |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
Monsieur.
Wann jemalen etwas unverhofftes und freudiges sich hat begeben können, so ist es gewiß dasjenige gewesen, welches durch Dero angenehmes Schreiben ist berichtet worden.[1]
Dann, obgleich bey jetzig kaltem Herbst alles gleichsam erstarret, und Todt danieder liegt, obgleich alle bäume ihre schattichte blätter, die Wiesen ihren bunten Klee, und die felder ihre sonderbare annehmlichkeit verlohren haben, weil ihnen die stärckste krafft der Sonnen, von welcher sie daß leben gleichsam haben, daß sie mit ihrem pracht unsere Augen belustigen können, entzogen ist; ja, obgleich der hereinfallende Schnee das anmuthige gezwitzer der Vögel zerstöhret, und mit seiner kält dieselbe gäntzlich verjaget; dannoch erfähret man, daß weder der rauhe Herbst, noch die annehernde Kälte das liebsfeuer, oder daß anmuthige gezwitzer der verliebten Vögelein verhindern könne.
Ein dergleichen exempel siehet man an meinem Hochgeehrten Herrn Doctor, als welcher nach selbst eigenem bekäntnis die Musen
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eine tour in fremde länder thun lassen,
nur damit Er seinem verliebten gedancken desto besser nachhängen
und durch freundliche besuchung Seiner holdseligen die brennende liebesflammen
in etwas kühlen mögte.
Wie mich nun über Dero vergnügliche standsveränderung erfreue, also befinde ich mich auch verbunden einige glückwünschung abzustatten; Ist dannenhero dieses mein hertzlicher wunsch, daß der AllerHöchste dieses in seinem Nahmen ehrlich verlobtes Paar viel Jahre in guter gesundheit mit allem glücklichen wohlergehen wolle zurücklegen lassen, damit sie auch also verdoppelt der gelehrten welt großen nutzen schaffen mögen. Gleichwie miche auch mein Herr Vatter und Frau Mutter sich darob herzlich erfreuen, als haben Sie hiermit ihre Gratulation nebst anwünschung aller Wohlfarth und selbst eigener vergnügung bestens vermelden wollen. Inzwischen, ob ich zwar nicht unter die pöetische Zahl gehöre, auch niemaln mit reimen-machen umgegangen, so habe dennoch meine glückwünschung mithin anzuzeigen bey gelegtes überschicken wollen: Nichts wünschende, als daß es so geneigt mögte aufgenommen werden, als willig ich in dessen ausfertigung gewesen bin.
Mademoiselle Waserin[2] bitte unbeschwerdt freundlich zu salutiren, und derro werthesten Jungfrau Boose zu vermelden,
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daß mit meinem gethanen versprechen nechstens mich einstellen werde.
Im übrigen empfehle Sie und dero werthest geschätzte Liebste unter schönster begrüßung von meinem Herrn Vatter und Frau Mutter der Gnaden beschützung Gottes und verbleibe
Monsieur.
Nürnberg,
den 20. November.
in Ehren geneigte
Maria Clara Eimmartin
P. S.
Es wird Monsieur wohl bewußt seyn, daß Titl. Hl. Erhardus Weigelius, Keyserl. Maj. Rath, allhier ein Collegium Mathematicum Artis Consultorum aufrichten wird, und ist Mein HochgeEhrter Hl. D. diesem Collegio auf Anleitung meines Hl. Vatters als ein edles Mitglied einverleibet. Die neulich von mir eigenhändig aufgezeichnete observationem Mercurii, habe bey legen und zu geneigtem gefallen offeriren wollen.
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Hochzeit-Gedicht
So ändert sich der Stand?
Ich dacht' Er hätte sich Minerven gantz verschreiben;
Allein, auf die manier hat Er sie gar verbannt,
wie Er, Hochwerthester, mir kürzlich hat geschrieben:
Die Einsamkeit hat Ihm gewiß zu viel gethan.
So geths[!]: die Ihre Lust an Büchern haben,
Die sehen doch übers Buch das Frauen Zimmer an,
Und können sich daran noch mehr als dorten laben.
Allein was schreib ich hier?
Man kann die Zeichen ja nicht Hochzeit=Verse nennen,
denn die ist schon vorbeij. Wer schreibt mir Regeln für?
Es ist zu spät geschickt; man kan es leicht erkennen.
Ich trage diese mahl wohl schlechten Ruhm davon,
weil ich das fest nicht habe können zieren
Nach meiner Schuldigkeit; darum bitt ich um pardon
Es wird der weite Weg mich etwas excusieren.
Wie dessen Schreiben laut',
So hat Er sich darzu ein Vögelein erwehlet.
Gewiß, Er hat sein heyl und wohlfart wol gebaut:
Die meisten Vögelein so man vor schöne zehlet,
Die locken einen an mit ihrer Lieblichkeit.
Durch ihren Ton wird man dahin geführet,
Daß man sie lieben muß, droht schon des Winters Zeit;
Er hat sie die Natur mit Anmuth aus gezieret.
Jedoch genug gescherzt.
Der Höchste lasse Sie in güldnen Glücke prangen,
Sie leben stets befreyt von dem, was sie nur schmerzt.
Es müsse Ihren Stand das beste Heyl umbfangen,
Des Höchsten Gnaden=Schutz sei Ihre Medizin.
Das Pfand der Lieb, das sich wird zeigen sollen,
Das kann unfehlbar nicht ein gantzes Jahr verziehn.
Und dieses ist's, das ich eilfertig schreiben wollen.
[S. 77, Beilage]
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Zentralbibliothek Zürich, Ms. H 297, S. 77
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