Briefwechsel Johann Philipp von Wurzelbau


Kurzinformation zum Brief  
Autor Wurzelbau, Johann Philipp (1651-1725)
Empfänger Junius, Ulrich (1670-1726)
Ort Nürnberg
Datum 13. November 1697
Signatur Universitätsarchiv Leipzig: Ms 01322, Bl. 366r-367v

Sonders HochgeEhrter Herr


Dero beede sehr werthe sambt beÿgefügtem fürtrefflichen Calculo Mercurii in Sole videndi seÿnd beede richtig überkommen; Vor communication dießes sage indessen, biß ich mit wircklicher reconnoissance[1] solche erwiedern werde, schuldigsten danck, anbeÿ in besten zu vermercken bittende, daß dieße beantwortung biß anhero durch unvermeidliche occupationes retardirt worden, welche auch verhindert haben, daß ich biß erst vor wenig tagen die gehaltene observationem Mercurii sub Sole (worzu uns alhier das helle Wetter vom vorhergehenden biß über den folgenden Mittag sonderlich favorisirte) mit dem calculo zu conferiren habe müßen anstehen laßen; alwo ich aber, so viel in Eÿl abnehmen können, mercklichen Dissensum befinde: denn vermöge des Calculi (wo ich nicht irre) hette declinatio Mercurii ab Ecliptica, weilen dießer à nodo retrogradus war zunehmen sollen; so ist aber, wie aus beÿliegenden schematibus[2] zu sehen das contrarium aus der observation abzunehmen geweßen, indeme, von neglecta variatione anguli horizontis et Ecliptica die declinatio primulum apparentis in disco Solis Mercurii mehr alß 1 min: prim. grösser, alß die leztere tempore egressus è Sole, gefallen, welches dann den nodum umb viele gradus zuruck ziehen würde. Es ist aber darumb in den Calculum keine diffidensa[3] zu sezen, zumahlen aus so kleiner portiuncula arcus orbita Mercurii, so nicht 6 minuta prima

[Bl. 4366v]
solange ich Mercurium sehen können, errichtet, die inclinatio orbitae nicht abzunehmen seÿn will, vielmehr zu vermuthen, daß, wie Herr Kirch[4] auch A:° 1690 angemercket hat, pro ratione tuborum adhibitorum hierinnne auf der tabella observatoria die apparentia different fallen können, mir auch sehr probable fürkommet daß die radii trans tubam einen anderen effect im auge alß auf der entgegenstehenden tabella thun mögen, welche differenza und welcher gestalten die observata von solcher art zu corrigiren seÿn mögen künfftighin zu untersuchen stehet.   Sobalden meine observation wird ins reine und etwa zu druck gebracht seÿn, werde solche unverzüglich communiciren und Meines HochgeEhrten Herrn sentiment darüber einholen. Ich finde mich auch sonders obligirt vor die communication der dreßdner observation, daferner mehrere dergleichen zu handen kommen sollten, hette darumb ebenmaßen zu bitten; alß ich dann auch meines orts gleichfalls nicht unterlassen werde, mich anbeÿ zu allen angenehmen diensten offerirend, verharre nechst Göttl. Gnaden ergebung

Meines HochgeEhrten Herrn

Nürnberg, in Eÿl
den 13 Novembl:
1697.

Dienstergebener
JPWurzelbaur

[Bl. 367r]
PS. die vom 19 8br gewesen eclipsin lunae partialem haben wir zwar auch per intervalla ad finem usque observiren, dabeÿ aber pro correctione temporis keine altitudines oder culminationes fixarum, wegen stets überhinlauffenden gewölcks, nicht abnehmen können - Herrn Prof. Pfauzen[4] bitte, gelegentlich mich schönstens zu recommendiren.



Fussnoten

  1. reconnaissance (franz.): Anerkennung.
  2. Die "beÿliegenden schematibus" fehlen. Ein "Schema Mercurii in Sole observati AC. 1697" von Wurzelbaur liegt aber dem Brief von Junius an Gottfried Kirch vom 8./18.12.1697 bei.
    • Herbst, Klaus-Dieter: Die Korrespondenz des Astronomen und Kalendermachers Gottfried Kirch, Band 2. Jena: IKS Garamond 2006. S. 251
  3. diffidentia (lat.): Misstrauen.
  4. Zu Gottfried Kirch (1639-1710) siehe
    • Herbst, Klaus-Dieter: Gottfried Kirch. Astronom, Kalendermacher, Pietist, Frühaufklärer. Jena: HDK 2022
  5. Christoph Pfautz (1645-1711) war Professor an der Universität in Leipzig. Er gilt als Mitbegründer der Acta Eruditorum.

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