Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Johann Philipp Andreae (1699-1760)
Empfänger Grundherr, Carl Sigmund Ferdinand (1694-1763)?
Ort Nürnberg
Datum 2. Dezember 1733
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 356-359
Transkription Hans Gaab, Fürth

Wohl Gebohrner, Gnädiger Herr !

Anbeÿ habe 3. Brieffe übersenden wollen, nach Überlesung derer ersuche mir solche wider zuruckzusenden, das Zettul; aber mit dem Titul aus der Registratur habe gleichfalls beÿgelegt, und a tergo[1] den rechten Titul lateinisch gesetzt, dann dieser Titul so die Registratur hat ist vor etlichen Jahren schon geändert und seit 1724. da der Herzog mit dem Fürstenhum Teschen[2] belehnet worden ist, auch der Titul dabeÿ vermehret worden: Anlangend nun der Kupfertruckerin ihr affaire mit meiner Frauen, so bin vor das ihr gegebene scharffe reprimende[3] höchsten verbunden, allein es kan mit diesem noch nicht das gantze Werck abgethan seÿn, bekandt ists, daß meine Frau nicht schändet und schmähet indeme gar zu ehrlich ist zu solchen Canaillien Pack, ich will mir meine Satisfaction noch vorbehalten haben, und erster Tag gehöriger Orten anbringen; Sie hat gestern der Eisenmeisterin das Platt und die Abtruck gebracht, aber kein Buch, sondern Sie hat mich noch bitten laßen, weilen Sie das Buch nicht mehr schaffen könne, so solle ich ihr nur den restirenden Gulden abzihen, aus welchem dann ihr Gottloses Gemüth leicht abzunehmen: Was aber die abgestohlenen Carten anbelangt, so ist ihr meine Frau auf dem Fuß nachgefolgt, da Sie dann spornstreichs zu dem Oheim[4]gegangen und die Sache contramandiert, so ihr der Oheim auch, wie es aus dem Brieff zu ersehen zu Gefallen gethan, ich bin aber damit auch nicht zufrieden, sondern der Mons.r Oheim muß mit auf diesen Brieff antworten, dann dieser ist auch ein solcher Pursch auf solche art, der mit diesen Leuthen unterm Hütl: spielt, und ich weiß nur gar zu gewiß, daß nicht nur der Oheim, sondern auch andere leuthe, besonders aber der Junker Amtmann von dieser Carten wird haben, weilen es ihme Gewohnheit ist denen Leuthen das ihrige abzustehlen, und sich mit Betrug, Partiten[5] und Lügen zu nehmen und durchzubringen, wie Sie es beede beÿ dieser Medaillien affaire gemacht, da doch der Trucker denen Rechten nach eben diese Straffe wie der Stecher verdient, und gewiß Wohlgebohrner Gnädiger Herr, wo man es recht unpartheÿisch einsihet, noch mehrers, dann auf der Medaillie sind nur 2: genii. dieser hat sich aber vermeßen, da Er doch treulich gewarnet worden, wenn 10000: Teuffel darauff stünden, so trucke ers doch, kein solches Wort oder vermeßene Rede habe ich mein Lebtag von dem Stecher nicht noch weniger von andern gehört, jedoch hat dieser böse Mann samt seinen gottlosen Ehrvergeßenen Weib das gröste Glück und Gnade und trifft hier das Sprichwort ziemlich ein, je größer Schalck, je mehr Glück: aber Gedult, es lebt der alte Vatter noch im Himmel dieser ist der beste Richter hier und dort:

Weilen Euer Wohlgebohrn und Gnaden in dem Wohllöbl. Rugsamt mit sitzen, so muß ich doch etliche Stuck von diesen 2: Ehrlichen Leuthen bemercken, die so viele Gnade gehabt, ob sie es verdienen oder nicht: Ob das solchem gottlosen Volck erlaubt ist anderer, ehrlichen Meister ihr sauer erlangtes Zeichen nach zutrucken, und nach Erlangen und Fürth zu verkauffen, ich glaube dieses ist ärger als gestohlen, Erstlich stihlt sie ihrem Mitburger ihr Stück brod ab, fürs andere wird manchmahlen 1.: liederliche wahr in ein gutes Zeichen gebunden, dadurch deß hiesigen Meisters Zeichen verdächtig wird, und endlich gar darüber zu Grunde gehet, von solchen Ruin der Handwercksleuthe wäre so viel zu sagen, daß man einen gantzen Folianten könte damit anfüllen, und ist niemand schuldig daran als solche Gottlose Leuthe, dann helffen diese nicht dazu, so würde sehr vieles unterbleiben, dieses sage ich ist diesen 2: Leuthen ihre Nahrung, man dörffte nur die Erlanger Böttin nahmens Maureri anhalten, gewiß es würde so viele Boßheit an Tag kommen, daß sich Euer Wohlgebohrn und Gnaden darüber verwundern solten, ex. gr. die Aufferstehung beÿ den Goldschlagen ist das beste Zeichen hier gewesen, der Mai ist darüber verdorben woher rührets, die Truckerin hat viele tausend truck nach Erlangen, Fürth

[Blatt 357]
gemacht, in dieses zeichen ist ledliche[6] Wahr gebunden worden in deß neu anfangenden frembden Meisters Zeichen aber gute wahr, damit bravieren solche leuthe mit ihren Zeichen, umb dadurch das hiesige zu zernichten, beÿ solchen kröden ist der Verderb der hiesigen Handwercker, es würde zu viel seÿn mehrers zu berichten, ich sage nur überhaupts, daß solche truckersleuthe ein gantzer Verderb ist, warum laßet sie dann solche Zeichen nicht auch sehen nochero ehe Sie truckt, weil es ihr möchte Schaden bringen, diese kan sich anstellen wie der Heil=Geist, allein wann man beßer nachfragt, so kennt mans überahl; ich wollte wohl beßer Nachricht geben, was für Unordnung, Verderb, und völliger umsturtz hiesige Handwercker wären, es sind weder die Kauffleuthe noch die außwärtigen so viel Schuld daran als solches gottlose gesind: Dannoch haben Sie die gröste Gnade; Gut wäre es, so man dann und wann solchen leuthen gehör geben, die von einem Nutzen und Schaden zu reden wißen, welche alles durchgesprochen, und als dann ein klein wenig darauff reflexion gemacht, o.' es stünde beÿ weitem nicht so böß in unserer guten Stadt; ich will mich zwar nicht rühmen, allein ich getraute mir doch durch die Hülffe deß Höchsten vieles zum beßern aufnehmen beÿzutragen: Dieses wenige habe Euer Wohlgebohrn und Gnaden nur melden wollen, damit Sie doch sehen können, was dieses für Ehrliche Leuthe sind.

Ich lüge nicht sondern ich schreibe die lautere wahrheit, allein ich will auch kein Denunciant seÿn, weilen man noch einmahl darauff regardiert hat, sondern ich habe es nur für mich gemeldet umb ein wenig darauff acht haben zu können, weilen Euer Wohlgebohrn und Gnaden ebenfalls auf dergleichen unerlaubte Sachen ziemlich attent und sehr darüber eifern, welches auch in der That das heilsamste und löblichste Werck beÿ einer Republique seÿn soll, dann wo diese unterdrückt werden so liegt alles mausetodt.

Wohlgebohrner Gnädiger Herr. Heute ist 26: Wochen, daß ich hier in dem miserablen Kercker und jämmerlichen Schwindsuchts= und Schwehremuthshöhle gleichsam begraben lige, Ists dann noch nicht genug gestrafft. Wann es kein Ende nicht nimmt, so gehet das Marck in leiden[?] auch gar mit, und endlich will sich ein jedes Canallien Pack an Weib und Kind reibe[?], ich glaube alle geistl: und weltl: Rechte werden dieses für eine genugsame Straffe erkannt haben, zumahlen da ich so erbahrmlich in Schaden komme: anjetzo möchte es eher eine Türckische als Christl: Straffe zu nennen seÿn, dahero will am Ende gebetten haben, umb Beförderung und endl: Spruch der Sache: Wann ein Soldat condemniert soll werden, so sind die Fähndriche die Conjagl:[?] als Mütter und laßen sichs angelegen seÿn solchen zu retten. Ich kan auch nicht anderst, als mich an Euer Wohlgebohrn und Gnaden halten, Sie müßen für mich intercedieren, daß ich doch nicht gar unterdrückt werde, weilen ja sonsten niemand habe, der sich meiner annimmt: Bitte also nichts mehrers als umb einen Schluß: Ein jeder Christ soll sich die Adventszeit zu einer erfreulichen Zeit mache, ich muß aber nichts als mit Kummer, Verdruß und gröster Ungedult solches erleben. Im übrigen verbl: mit unterthänigsten Respect

Euer Wohl gebohrn und Gnaden

é Carcere den 2: Decembris
1733.

Unterthänigster Knecht
Johann Philipp Andreae
Mathematicus


[Blatt 358]

Dem Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn
Francisco Stephano, Herzogen zu Lothringen,[7]
Baar und Geldern, Marggraphen zu Pont a'
Vaudemont, Blamont, Blanckenburg, Saar,
Werden, Salm und Zutphen,
In Contextu et fine:
Euer Königl: Hoheit.


[Blatt 359]
Diser nebengehande Titul ist nicht recht, dann so viel als ich nur weiß, so ist der Titul schon vor vielen Jahren geändert. Dann wo bleiben die Graffschafften in Ungarn, Ritter deß gulden Fließen, Königl: Stadthaltung in Ungarn etc.

Der lateinische Titul ist solcher gestalten.

Serenissimo Principi ac Domino, Domino Francisco Stephano, Lotharingiae et Barii Duci. etc. etc. etc.
Aurei Velleris Equiti, Comitatuum Pest, Pilis et sold supremo Comiti, Consilii Regii Locumtenentialis Praedsidi; et per Regnum Hungariae Locumtenenti Regio.

dieser unterste müste also noch beÿ dem nebengehanden Titul in der Registratur beÿgesetzt werden.


Fußnoten

  1. a tergo: hinten.
  2. Cieszyn (früher Teschen) ist heute ein im Süden Polens an der polnisch-teschechischen Grenze gelegene Doppelstadt. Das dazugehörige Land war bis 1653 ein eigenständiges Herzogtum. Mit dem Aussterben des Herrschergeschlechts fiel dieses Herzogtum an Böhmen. Kaiser Karl VI. verlieh es 1722 an den Herzog von Lothringen.
  3. reprimende: Rüge.
  4. Der Spezereihändler Johann Georg Oheim (?-1738) war 1705 Genannter des Größer Rats der Stadt Nürnberg geworden. Roth, Johann Ferdinand: Das Verzeichnis aller Genannten des Größen Rats zu Nürnberg. Nürberg: Milbradt 1802. Kommentierter Reprint. Neustadt a.d. Aisch: Verlag für Kunstreproduktinen 2002, S. 151. Er wurde am 02.03.1738 auf dem Rochusfriedhof bestattet, Bestattungen St. Lorenz 1703-1741, S. 497 (Scan 327).
  5. Partiten: Schelmenstreiche.
  6. ledich: hässlich, unschön.
  7. Franz Stephan von Lothringen (1708-1765) war bis 1736 Herzog von Lothringen.

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