Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Andreae, Johann Philipp (1699-1760)
Empfänger Ebner, Hieronymus Wilhelm (1673-1752)
Ort Schweinau[?]
Datum 28. März 1734[1]
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-3, Bl. 61-63
Transkription Hans Gaab, Fürth

Hochwohlgebohrner, Gnädiger Herr, Herr !

In der Apostel Geschicht am 12: Capitel von dem 7. biß zu dem 11. Vers lesen wir die wunderbahre errettung auß dem Gefängniß deß Apostels Petri, ich kan nun auch mit Petro sagen, Nun weiß ich wahrhafftig, daß der Herr seinen Engel gesandt hat mich von der ¾ Jährigen Bande und Gefängnuß zu erretten; Gott hat mein eiffriges Gebett erhört, das Hertz angesehen, und mich wunderbahr außgeführt, Menschenhände haben es nicht gethan, sondern der Engel deß Herrn, welcher mir geruffen Ihme zu folgen, so ich auch gethan, aber zu keinem bösen Vorsatz, sondern einig und allein zu zeigen Euer Gnaden wie auch Hl: Volckamers Wohlgebohrn und Gnaden, daß ich von nun an werde getreu seÿn, und nicht außbleiben, sondern nachdeme ich meine, zu Bezeugung der Wahrheit in Schwabach liegende Scripturen abgehohlt, wider in den Gehorsam freÿwillig tretten, keine Straffe scheuen, sondern desto mehrers auf Gott trauen, daß Er so dann erst mich retten werde, wann Ihro Gnaden werden meine Sachen und meinen Willen den ich gehabt, eingesehen haben, ich weiß daß Sie es nicht thun werden noch können, mich länger vielweniger lebenslang zu straffen, indeme ich es nicht verschuldet, derjenige so leib und leben verwirkt, oder in seiner Boßheit fortfähret, diesem kan man dergleichen Urtheil abfassen, allein mir als einem vor denen geringsten Verbrechern dieser Medallie nicht. Ich will also nochmahlen sagen, daß ich die Flucht mit Gott angefangen und solchen nach dem gezeigten Weg, der wunderbahr war, auch folge geleistet; Der Glaube an Gott war gar zu groß, dahero dieses mir auch geholfen, dann so ihr glauben als ein Senffkorn habt, müssen wohl berge hinweichen, und Hügel hinfallen, warum dann nicht durch meinen starcken Glauben Schlösser und Thüren sich öffnen, Wasser und Mauern offen stehen. Ich werde in wenigen tagen an Ihro Gnaden i. Kistl: addressieren per expressum, damit Sie sehen, daß ich getreu und Ehrl: bin, ich werde weder mich von denen Gegnern noch andern, sie seÿen auch wer Sie wollen abhalten lassen, von der Treu, und mich wahrhafftig nicht mehr verführen lassen, wann nun Ihro Gnaden dasselbige Kistl: erhalten, und gesehen, was für einen Nutzen es gibt, so will nur von denen Herren ältern ein Salvum Conductum[2] unterschrieben außgebetten haben, daß mir solchen nach Schwabach gesandt werden, an Christoph Sommer Bierbräuer beÿ der Spitalkirche, daß mir nichts ferners in Weg gelegt werde, da dann ich auf die erhaltene nachricht, augenblicklich erscheinen, zu Füssen fallen, und biß an mein Ende getreu seÿn und bleiben.

[Blatt 62]
Es ist auch denen Eisenmeistersleuthen nicht zu zumessen, da diese mich nur gar zu wohl verwahrt und in Obacht genommen, allein Gott kan gar wunderbahr helffen, wo Er will, ich will von Schwabach aus die wahrhafften Umstände deutlich berichten, wie wunderbahr Gott mir geholffen, damit ein jeder die Hüffe des Herrn mit mir greifen könne: Euer Gnaden thun nun besser, daß die Sache nicht weitläuffig und ruchbar gemacht werde, damit es Dero Gegnere nicht erfahren, und ich von Ihnen unangefochten bleibe, es möchten sonsten diese mit List und Gewalt mich suchen an sich zu ziehen, sondern ich sage nocheinmahl daß ich in wenigen Tagen werde zeigen wie getreu und aufrichtig es derjenige meinet, der umb einer Sache wegen verfolgt und verdammt worden, die Er mehr aus Unwissenheit als Boßheit begangen; Euer Gnaden glauben demjenigen, der biß dato die wahrheit geschrieben und gemeldet, wollen Sie mich nachdem Sie die Kistl: erhalten mit gnädigen Augen ansehen, so sollen Sie auch erfahren wie wunderbahr Gott es mit mir gemacht, darinnen daß Euer Gnaden und alle Wohlmeinenden Herren in der Rathstuben durch mich dasjenige erhalten, was Ihnen und Dero Familien zu nuzen und wider aufnehmen dienet. Würde aber ein grosses Geschreÿ daraus werden, daß ich entwichen, so werden Euer Gnaden nichts anderes damit außrichten, als daß ich mich nicht mehr zeige, dann meine Persohn zu belohnen, ist ohnmögl. ausser wann einen Salvum Conductum habe, weilen in der Stunde, daß ich von Gott bin außgeführt worden, auch durch die Thor wunderbahrl. geführt wurde, welches ich so dann melden will, weßwegen ich melde, wann jemand mit mir sprechen will, so kan Er morgenden Tags am thorschl: oder wann Er hierauß kan um Mitternacht nach Schweinau kommen, und beÿ dem Johann Gottlieb Zwicken dem Büttnersgörglen meine Kleider abtrucknen sehen, Euer Gnaden haben hierinnen ihren willen, gut ist es aber wann nichts daraus gemacht wird, biß ich das Kistl: sende, welches gar bald in Zeit von wenigen Tagen geschehen solle, zu welchem Ende ich repetiere, daß ich mich nicht werde von dem Gegentheil es seÿe was Es wolle verleiten laßen, sondern denen Getreuen Räthen auch getreu verbleiben. Demüthigst schließe ich und verbl: mit aller Devotion und profundesten Respect

Euer Hochwohlgebohrn und Gnaden

unterthänigst treu Gehorsamster
Johann Philipp Andreae
der von Gott befreÿte ¾ Jahr
lang geweste Gefangene


Fußnoten

  1. Der Brief ist nicht datiert, stammt aber aus der Zeit nach Andreaes Flucht. Im Brief vom 29. März 1734 klärt Andreae darüber auf, wie er aus dem Gefängnis entkam, während er im vorliegenden Brief noch bezüglich seiner Flucht von einem Wunder Gottes redet. Von daher ist die Datierung auf den 28. März 1734 wahrscheinlich.
  2. Salvum Conductum: Sicheres Geleit.

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