Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Andreae, Johann Philipp (1699-1760)
Empfänger Ebner, Hieronymus Wilhelm (1673-1752)
Ort Schwabach
Datum 29. März 1734
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-3, Bl. 91-94 (Original)
Germanisches Nationalmuseum Nürnberg: Merkel Hs 2o 647, S. 91-207 (Kopie) [Anmerckungen in eckigen Klammern]
Transkription Hans Gaab, Fürth

[Schreiben
an des Herrn Ebners Herrl:
von dem aus Eisen-Ver-
hafft entwichenen und zu
Schwobach sich enthaltenden
Andreae.
d.d. Schwobach, den 28:ten[!] Mart: 1734.]

Hochwohlgebohrner, Gnädiger Herr !

Mir zweifelt nicht, es werden Ihro Gnaden Herr Volckamer[1] meinen Brief vom 28:ten huj: wol durch den Post Officier Zechner[2] erhalten haben, an welchen ich solchen gewißer Ursachen wegen addressiret, weilen er schon lange Zeit ein guter Freund und man hier auf der Post nicht mercken solle, [Seite 185] daß ich an dero Gnaden schreibe, ich hofe auch, daß sowol Ihro Gnaden selbst, als Hl: Volckamers Gnaden werden 1. Brief durch die Eisenmeisters Leute erhalten haben, weilen ich beede Briefe auf dem Tischlein in dem Männer=Eisen, wo man von der Gassen hinein gehet, lincker Hand in einer alten Zeitung meines Wißens vom 9.ten Mart. haben liegen laßen, ich melde es darinn, damit Sie nicht verloren gehen und Ihnen in die Hände kommen möchten; Wie ich gestern frühe von einigen Bekannten vernommen, so hat man der Eisenmeisterin eine Straf angethan, allein es kan kein Mensch in dem ganzen Hauß nichts davor, sie sind alle unschuldig, auch in der ganzen Stadt Nürnberg, dann derjenige, der in der Welt gewesen und etwas gelernet, dabeÿ seine gesunder Vernunft von Gott hat, der weiß sich in allen zu hlefen, und versichere [Seite 186] ich Ihro Gnaden, so wahr als Gott über alle Menschen herrscht, wann ich gewußt, daß ich mit dem lateinischen Pranger[3] sollte beehret werden, ich hätte so lange nicht gewartet, allein ich habe wol gesehen, daß ich auch bin von Gott darzu destinirt gewesen. Dieses ist vollbracht und hindert mich an meinen Ehren nichts; nur dieses thut mir schmerzen, daß Ihro Gnaden ärger s. v. P.[4] haben, welche Ihnen Unglück genug auf dem Hals gezogen, die mich haben sehen unschuldiger weise leiden , dann ich kan sagen unschuldig, weilen ich nichts daran gemacht, und sonsten hat man mir in dem Urtheil nichts vorgehalten; hätte man mir weiter etwas in dem Urtheil vorgelesen von anderen fälschlich angegeben Puncten, ich würde solemnissime[5] protestiret haben; es ist mir ohne Ruhm zu [Seite 187] sagen, der ganze modus procedendi bekannt, ob ich gleich nicht beÿ denen Consiliis geseßen, derjenige, der seine gesunde Vernunft zusammen faßt, muß auch aus 3. Buchstaben ein ganzes Wort machen können; Euer Gnaden sollten sich verwundern, wann Sie sollten angehört haben, wie ich in dem Gefägniß schon meinen process erzehlet, wie oder wenn auch warum? mancher hätte meinen sollen, ich hätte eine Spiritum familiarem,[6] genug, wann ich die Gnade wieder haben kan, mündlich zu sprechen, so dann das nähere. Weilen ich aber höre, daß ratione meiner echappierung[7] s.v. Lügen vorgehen, so melde ich Ihro Gnaden die gründliche Warheit, wie es geschehen, damit man keinem nicht unrecht thue, auch niemand auf mich lügen darf; diesen Vorsaz habe ich mir gleich etliche Tage [Seite 188] nach der Execution vorgenommen, durch zureden aber der Eisenmeisters Leute, ich sollte Dero Gnaden aufrichtig alles melden, habe so lange tardiret[8], in Hofnung und Vertröstung von diesen Leuten, Euer Gnaden würden gegen mir Gnade erzeigen; nachdeme ich aber einen starcken Anfang gemacht und gebetten, mündlich anzuhören, so habe gesehen, daß dannach nichts darauf erfolget, u: dahero gesehen, daß fremder Sünde wegen leiden muß, so habe mich fest resolviert gehabt, erster Tagen meinen Weeg zu machen und zwar mit gutem Vorsaze, indeme ich nicht nur schrifftlich, sondern täglich gesagt, ich käme bald loß; wie ich dann ja Hl: Volckamers Gnaden gemeldet, in fine des Briefes, daß ich auch in Abwesenheit wollte getreu seÿen, die- [Seite 189] sen Brief habe ich noch in dem Gefängniß ausgesandt; ich habe ja von der Execution schon alle Tag gesagt, wann es kein Ende nicht nehme, so breche ich durch; da ich nun gesehen, daß meiner Strafe kein Ende nehmen wollte, und ich es nicht verschuldet, so nahme ich durch Gottes Gnade und Beistand die Resolution, an dem Freitage mich freÿ zu machen, solches erfolgete auch glücklich, und musten mir in der That alle Elementen zu Diensten stehen, daß, nicht gehindert worden. Es war aber just ¼ Stund vor 2. Uhr der grösern[9], als die Eisenmeisterin nach Hauß kam, und der Sohn just bei einer fremden Frau vermutlich die Bleÿweißstiftmacherin Jägerin[10] geseßen, in der vordern Stube; da nun die Mutter darzu kam und ich wol weiß, daß die Weiberchen gerne sizen und wachen [Seite 190] lange; so gedachte ich jezo Zeit zu seÿn, zumalen da ich gewußt, daß die Mägde alle Freitag fegen Zinn und dergleichen, die Kinder aber bei der Naeherei sich aufhielten; dieses waren 3. Stucke, welche mir vortreflich dieneten zu meiner Reiße, ich nahm Sie auch an, und kam glücklich durch alle 3. verschloßene Thüren, ohne von jemanden gehindert zu werden, man möchte aber sagen wie ist er dann

[Blatt 92]
durch 3. verschlossene Thüren gekommen? Hieran hat Andreä lange gekünstelt, wol ¼ Jahr, da Er gesehen, daß kein Ende nehmen will; Er hats auch glücklich zu Stande gebracht, welches ich aber der Feder nicht anvertraue, das Instrument habe ich bei mir von Mößing gemacht und aus einem jeden eisernen starcken Nagel auch kan formirt werden, wann ich solte die Gnade haben, mit dero [Seite 191] Gnaden zu sprechen, will ichs zeigen, damit Sie sehen, daß ich allein Schuld mit Gottes Beistand und sonsten kein Mensch, und wann ich auch zwischen 10. Thüren gesteckt, ich wolte doch mit der Hülfe Gottes durch gekommen seÿn, ich sage vor Gott, daß dieses die wahren Umstände sind, und wann einer anderst redet, solten es auch die Eisenmeisters Leute selbsten seÿen, so lügen Sie und suchen sich nur aus zureden, weilen es ihm Böhmische Doerfer sind, durch 3. Riegel und Schlößer zu echappiren; ich habe keinen Menschen gesehen, biß ich nach Schweinau ganz naß gekommen; aber wie ich an das Waßer gekommen, da wollte mir der Buckel graußen, weilen es kalt, u. ich ohnehin der Stuben gewohnt; jedoch ging es gut von statten, also daß nach Hinterlaßung einer Cöllnischen Tabaks Pfeifen und eines Strump- [Seite 192] fes glücklich durchkommen; bei dem Jagner Einspänniger[11] wird es gefunden worden seÿn; allein ich ware kaum durch, so merckte ich, daß man die Spitzen fallen ließe, welches mir eine böse Laugen gewesen wäre, wann ich mich länger verweilet; dieses ist die Art meines Marches, wann einer anderst redet, so lüget er, welches ich eben nicht leiden kan, daß Ihro Gnaden nicht solten die warheit haben; Anjezo ist weiter nichts als meine Bitte, wo es seÿn kan, mir einen Salvum Conductum[12] zu übersenden, an Hl: Christoph Sommer Bierbrauers anhero; so werde ich mich nicht säumen, sondern meine Aufwartung alsbalden beÿ Ihro Gnaden machen, außer diesem gehe ich lieber in Kaiserl: Dienste mein fortune dorten zu suchen. [Seite 193] Ich bitte nichts als meinem Weib und Kind nichts entgelten zu laßen; ich werde Ihnen gewiß getreu bleiben und mich nichts abwendig machen laßen; auch will ich nicht hoffen, daß denen meinigen ein Leid solte zugefüget werden, weil keines nichts davor kan, ich versichere bei meiner Seele und Seeligkeit, daß mich nicht werde antreffen laßen, wo ein Gegener kommt, sondern vorhero die Resolution von dero Gnaden anhören, wessen Sie gesonnen, wo dann gestern Abends schon einer hier gewesen, allein ich habe mich absentirt und verlaugnen laßen, als seÿe ich schon nach Anspach, welches aber noch nicht hat seÿn können, biß erst vor ein ander Kleid habe, jedoch werde ich etwan heut Abends mit der Kutschen oder morgen frühe mit dem Botten abreisen, weilen [Seite 194] mir das gehen sauer kommt, und etl: Tage in Anspach verharren biß einen Befehl wegen des Glückens[13] habe, damit ich hinter die rechte Warheit komme und solche referiren könne.

Wann Ihro Gnaden an mich wollten etwas melden laßen, so traue ich niemand als dem Herrn Wincken, Stäudner oder Süßen oder Robert, dieses sind noch ehrliche Gemüther und verschwiegen; ich kenne zwar keinen ex conversatione, sondern ich weiß nur, daß Sie ehrlich sind; Trauen Sie sonst keinem, Er seÿ wer Er wolle, Er hat einen Schalck hinter Ihme, welches Sie erfahren werden; Wann ich auch nicht sollte da seÿn bei dem Sommern in Schwabach, wäre mit ein Brief zuruckzulaßen, ich will ihn schon selbst abhohlen, oder abholen laßen, so dann nach Schwei-[Seite 195] nau kommen, da man mit mir reden könnte; von diesem Schreiben einer der liebst darunter wäre mir Hl: Robert oder Hl: Staudner, da ich gewiß versichert bin. Ich offerire mich nochmalen zu allen und jeden, und glauben mir Ihro Gnaden, wann mich die Commission, wie ich vernehme bereits von dem Minister decretirt ist, so getrauete ich mir solche wegzutreiben, mit List, indem klein wenig fremden Wißenschafften, die von Gott und Menschen erlaubt sind; ob ich gleich anjezo in Freÿheit, so bin ich erbietig, mein Leben darzugeben vor diese 3. Herren, Hl: Volckamern, Hl: Ebnern, Hl. Fürer[14], ich wollte

[Blatt 93]
auch denen Gegnern ein stücklein aus der Taschen sehen laßen, welches Ihnen empfindlich genung fallen würde, und diese ihre Schnauzen einziehen, wie die Elephan- [Seite 196] ten, wann sie einen Pfeil bekommen, es kan ja eine Art erdacht werden wegen meiner Sicherheit daß ich Sicherheit haben kan mit gutem Gewißen, welches Euer Gnaden nicht nachtheilig; sonder vorträglich ist; ich will bald einen Caracter von einem Fürsten haben, welches sodann meines Erachtens genug waere, damit Ein HochEdler Rath meinetwegen keine Verantworttung hätte; ich getraue mir in 8. Tagen bei dem Herzog zu Würtemberg[15] einen zu erhalten, ich kenne Ihn auch gar gut, habe schon gar offt mit Ihme gesprochen; Ich stelle alles und jedes in Dero Gefallen; im Übrigen erwarte ich nur mit Ja oder Nein eine Antwort, an den Sommerstoffel nach Schwabach, damit mich nicht lange vergeblich aufhal-[Seite 197] ten darf und verbleibe nebst unterthänigsten Respect

Euer Hochwohlgebornen und Gnaden

Schwabach
den 29:ten Mart: 1734.

unterthänigster=ge-
horsamster
Johann Philipp An-
dreä Mathematic:


Erhalte ich die Antwort Ja ! so versehe ich mich eines Salvi Conductus; ist es aber Nein ! so gehe ich meiner Weege weiter mit Gott; ich will sodann schon einen Ort bestimmen, wo ich mit einem solchen Schreiber reden kan; hier mag ichs doch nicht haben, gewißer Umstände wegen, ich könnte nach Eÿ- [Seite 198] bach oder Rötenbach beÿ der Nacht, da es füglich geschehen könnte. Sie werden in ihren ganzen Regiment keinen getreuern Mann bekommen, als mich, auch keinen nuzlicheren als mich, ich bemühe mich nicht um meinen eigenen Nuzen, sonsten hätte ich ja Geld von denen Gegnern angenommen; allein Sie können Sich nicht rühmen, daß Sie mir ein liard[16] gegeben, sondern ich habe mich damit begnügen laßen, daß ich sehen laßen, daß etwas verstehe, und bin erfolgender admodiation[17] ein Amt zu betretten, welches auch gewiß geschehen waere, ob ich gleich in Gefängniß gesessen; ich wäre bald loß worden wann es zu einer raptur gekommen; Sie laßen falsche Leute nicht eingesperrt, sie nuzen es bestes und Ihro Gnaden [Seite 199] hätten meine Schreiben nicht sollen so leer ansehen, sondern Glauben beÿmeßen, daß ich wahrhaftig schreibe; es wäre auch nicht nöthig gewesen, denen Herren Consulenten zu folgen, dann diese Herren sind theoretici und gar gut in ihren Sachen, allein die Practic lacht die Theorie nur aus; gut ist es, wenn beede beisammen; Sie wißen in ihren Stuben zu Hauße nicht, was auserhalb passiert, und in den gedruckten Büchern findet man auch nicht alles und heut zu Tag wird die Welt täglich listiger, es bleibt nicht beÿ dem alten; wann der Hl: Consulent Scheurl[18] die heutige Welt List sollte betrachten, Er würde erstaunen, ja dieser Hl: hätte nicht so scharf auf mich dringen sollen, sondern machen, daß ich mit Ihme hätte reden können dann würde er anderst geredet [Seite 200] haben, und in der That, gnädiger Herr vor Ihnen zu verbrennen die gedruckte Medaille angerathen, auf solche Art, wie es geschehen, der hat kein kluges Consilium gegeben; dann mir ist kein tort[19] dadurch geschehen, warum ? es ist nicht meine Arbeit, dann so viel als ich daran gethan, müsten sich viele Hhl: des Raths und Consulenten darum auch annehmen; ich habe es verkauft, wie der Hl: Harsdörfer auch und anderer viel, die fincklerische Handlung ebenfalß mithin müste sich der Hl: Consulent Finckler auch darinne annehmen, dann was seine Leute thun, geschiehet eben, als wann es durch Ihme geschehe, weil er und seine Hhl: Sachen solche auch erhalten haben; so viel ist mir tort dadurch geschehen, als wie diesen auch und weiteres [Seite 201] nicht, außer daß ich habe den lateinischen Pranger bezieen; aber ich will hoffen, daß er noch da seÿn wird, man kan ihn zu anderen Leuten brauchen, die es verdienen, welche es auch wohl erfahren werden, wann ich sollte mir ihrer Gnaden sprechen und mein Rath angenommen wird; so viel von dem was mich angehet, warum haben dann die Herren Consulenten nicht angerathen, daß man die in ordentlichen Habit gestochene Herren herausgeschnitten und als dann verbrennet, der Fischer hätte wohl können stehen bleiben, allein wann

[Blatt 94]
mit die andere Seiten wären die Hhl: ausgeschnitten worden, was von denen Figuren und Genii gewesen, hätten können stehen bleiben, hier versichere ich, wird curieus raisoniret und will ichs nach meiner deutschen Art zu [Seite 202] melden, welche geschont und von gelehrten Hhl: von Nürnberg hätten sich, selbsten von ihrem Nachrichter vor der Zeit verbrennen laßen, weilen Sie wol wüsten, daß Sie es nicht beßer verdienet, dann man raisoniret nicht davon, daß es ein Pasquill seÿe, sondern es seÿe die Warheit; Sie verzeihen mir aber gnädiger Herr, wann ich Ihnen alles aufrichtig melde, man will beweisen, daß alles wahr seÿe mit fundament, was in der Medaille begriffen, weilen es nun die Warheit seÿe, und klar am Tage, auch solches genungsam die Gegner beweisen könnten, so wäre kein anderer lohn von Gott zu gewarten, als derjenige, der über den Häuptern stehe und was dergleichen Reden mehr sind; Wiedeme habe ich gehört, daß die Gegner nicht nur das Ur- [Seite 203] theil erhalten, sondern auch das abgelesene; auch hätten Sie von 2en Universitäten Bedencken eingeholt, wo aber kein solches Urteil ausgefallen wie an mir exequiret worden; dann wo will man auf dieses Urteil eine Strafe Lebenslang bringen, so viel habe ich gehöret, daß die Hhl: Doctores Juris gesezt; wann man etwann meinen möchte, ich thäte Schaden in Zukunft, so, seÿe es schon, daß man mich so lange verwahre, biß caution gestellet seÿe, davor; Nun wann es auf dieses wäre ankommen, Caution wollte ich verschafft haben; deme seÿ nun wie ihm wolle, es ist geschehen; factum infactum fieri nequit,[20] Ihro Gnaden haben mich schlagen helfen, so helfen Sie auch wieder, daß ich feil werde. Ich will thun, was schon oft gemeldet, wann nur von Anspach zuruck [Seite 204] komme, daß ein wenige Nachricht erhalte so will etwas berichten, welches ich in dem Gefäniß angefangen, aber nicht gar vollbracht, darbei werde auch trachten, den wahren Thäter zu erhalten, damit man sehen kan, daß ich nichts als die Warheit gemeldet; wann ich nicht wäre unschuldig gewesen, so hätte mir Gott nicht so wunderbar geholfen; Ich habe hier meinen Aufenthalt eben so wenig public gemacht, weilen sonsten der saubere Glück echappiren möchte, biß ich den Befehl von dem Fürsten an das hiesige Casten Amt habe, welchen ich bald schaffen will; au contraire ich laße Ihm durch die dritte Hand die besten Worte und Verheisungen geben, damit er sicher wird, ich laße ihm sagen, es helfe mich ja nichts, sein Unglück, man [Seite 205] solle nicht böses mit bösem vergelten; ich thäte es auch nicht; wann er nicht so gar gottlos auf mich gelogen, wann Er revocirt hat von dem Richter und Assessoribus und seine Schrifften sind ordentl; examinirt, damit ich Satisfaction habe, so solle er wieder loß werden, ich bitte, so dann selbst vor ihn wieder: So viel hat Er sich alhier vermercken laßen, daß ihn Ihre Gnaden selbst darzu animiret hätten, weil er auch mit Ihm in den Garten gesprochen und versprochen, auch nicht mehr zu relapieren[21], alleine, ich glaube so viel als ich mag, ich kenne seine Lügengoschen; Er seÿe am Samstag vor meiner Einhaftierung bis nach 4. Uhr bei Ihro Gnaden gewesen, mit seinen Schnappsack und was dergleichen mehr ist. Ich will alles aufrichtig melden, [Seite 206] was passiret von Tag zu Tag, auch was mit ihm in den Untersuchungen vorgehet, und es mag betreffen, wen es will, ich will nichts verschweigen, damit Ihro Gnaden meine Aufrichtigkeit sehen können, weil ich weiß, daß Sie solches gerne annehmen und darüber speculiren.


Ihro Gnaden laßen Niemanden wegen meiner einig Leid zufügen, es können kein Mensch nichts davor, so wahr der gerechte Gott lebt, glauben Sie mir, daß es mit Gottes Beÿstand geschehen.

Ditto:

Wer dieses Pasquill so scharf zu ahnden, Ihme angerathen, hat Ihnen [Seite 207] viel tausend Feind mehr zu Weeg gebracht, welches Ihro Gnaden in Zukunft erfahren werden; es meinens nicht alle Leute gut, die einem in faciem zu allem Recht geben, dieses sind Leute, welche dero Ruin befördern helfen, daß Ihro Gnaden allen Schmeichlern, so viel Glauben beimessen und derjenige, der es ehrlich meinet, wird verfolgt, ich kenne diese gar gut.


Fußnoten

  1. Christoph Gottlieb Volckamer (1676-1752) war Ratsherr und Triumvir. Vgl. Grieb, Manfred: Nürnberger Künstlerlexikon, Band 3. München: Saur 2007, S. 1592.
  2. Im Ämterbüchlein werden auf S. 139 fünf Post-Officiere benannt, darunter Valentin Zechner.
  3. In Mayers Kleine[r] Chronik der Reichsstadt Nürnberg von 1847 steht auf S. 290 zu lesen:
    "Den 11. Febr. [1734] wurden Schaffote vor dem Rathhaus aufgebaut. Auf dem einen standen drei Männer, ein Schreiber, ein Kupferstecher und ein Kupferdrucker, welche Pasquill wider die Obrigkeit machten, und haben da müssen stehen bleiben bis der Scharfricher auf dem andern Schaffot die Pasquill verbrannt hatte, hernach sind sie ins Zuchthaus gekommen."
    Hierauf bezieht sich Andreae, wobei nicht klar ist, warum er diesen Pranger als "lateinischen" bezeichent.
  4. s.v.P.: sinngemäß: wegen des Prangers.
  5. solemnissime: feierlichst.
  6. spiritum familiarem: Hausteufelchen.
  7. echappirung: Flucht.
  8. tardiren: zögern.
  9. 19:45 Uhr nach unserer heutigen Zeitrechnung.
  10. Der Patenonkel des Eisenmeisters war der Bleistiftmacher Johann Leonhard Jäger (1687-1761). Der heiratete am 09.03.1711 Helena Susanna Bünzel (?-1754 ).
    Johann Leonhard Jäger wurde am 04.01.1687 getauft und am 05.10.1761 bestattet: "Hanß Wolfg. Jäger, Bleÿweißschneider, Kunigunda, Johann Leonhard, Johann Leonhard Ehr, Trompetenmachers, Ehel: Sohn 4. [Januar 1687]", Taufen St. Lorenz 1681-1692, S. 501 (Scan 191). "Der Ersam Johann Leonhard Jäger, Bleÿweißsteftmacher, in der Johannis-Gaß, ☽. d. 5. dit. [Oktober 1761] [...] St. Joh.", Bestattungen St. Lorenz 1742-1789, S. 322 (Scan 218), Eintrag 142.
    "Der Ers. Johann Leonhard Jäger, Bleisteftmacher, des Ers. Johann Wolfgang Jäger Bleisteftmachers E.S. Die Tgs. Jfr. Helena Susanna, des Ers. Johann Ludwig Bunzel, Meßerschmides E. T., Betstund, ☽ d. 9. Mart [1711]", Trauungen St. Lorenz 1664-1736, S. 755 (Scan 481). Vgl. Proklamationen St. Lorenz 1695-1715, S. 595 (Scan 304), Eintrag 40.
    Helena Susanna Jäger wurde am 03.06.1754 bestattet: "Die Tugendsame Fr. Helena Susanna, des Ersamen Johann Leonhard Jäger, Bleÿsteftmachers, Ehewirthin, in der Johannisgaß, ☽ d. 3. Jun. [1754] [...] St. Joh.", Bestattungen St. Lorenz 1742-1789, S. 195 (Scan 153), Eintrag 99.
  11. Einspänniger: Reitender Bote.
  12. Salvum Conductum: sicheres Geleit.
  13. Johann Paul Glück stammte aus Reichelsdorf. Im Verhör vom 19.10.1733 sagte Andreae über ihn, es "wäre eine bekannte Sache, daß dieser schon 4. Jahre mit dem Zollwesen, von denen hier abgehenden Kaufmanns Güthern, umgehe, auch lange Zeit alle Sonnabend hier gewesen seÿe und obacht gehabt habe, was von dergleichen abgeführet worden." In den Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calendern für 1747, 1748 und 1754 wird er als ist er als Zoll-Commissarius verzeichnet. Falckenstein verzeichnet ihn 1740 als Zoll-Inspector und 1756 als "Zoll-Commissarius von 4. Ober=Aemtern". Glücks Tochter Sybilla Helene kaufte 1764 um 6600 Gulden das Haus in der Königstraße 2 in Schwabach. Auch hier wurde der Vater als Zollkommmissar bezeichnet. Nach Schuhmann war er von 1765 bis 1770 Oberzollkommissar in Schwabach.
    Verhör Andreae, 19.10.1733, Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 239
    Dehm, Karl; Heckel, Gottlob: Häusergeschichte der Altstadt Schwabach. Schwabach 1970, S. 256
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1740, S.28
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1756, S.83
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1747, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1748, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1754, S. 62
    Petzold, Johann Wolfgang: Chronik der königlich bayerischen Stadt Schwabach. Schwabach: Theodor Mizler 1854, S. 139
    Schuhmann, Günther: Die Deliciae topogeographicae Noribergenses und ihre Verfasser. Jahrbuch für fränkische Landesgeschichte 19 (1959), S. 493.
  14. Der kaiserliche Rat Ulrich Sebastian Fürer (1665-1750) war Kriegshauptmann und Zeugmeister in Nürnberg.
  15. Der regierende Herzog von Württemberg war von 1733 bis 1737 Karl Alexander von Württemberg-Winnental (1684-1737).
  16. Ein Liard war eine damalige Kleinmünze.
  17. Admodiation: Verpachtung, Pachtvertrag.
  18. Christoph Scheurl von Defersdorf (1666-1740) war Konsulent des Rates von Nürnberg.
  19. tort: Unrecht, Schmach.
  20. factum infactum fieri nequit: Eine Tatsache ist nicht ungeschehen zu machen.
  21. relapieren: Rückfällig werden.

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