Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Andreae, Johann Philipp (1699-1760)
Empfänger Gespräch im Reiche der Todten
Ort Nürnberg
Datum undatiert
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-3, Bl. 230-234
Germanisches Nationalmuseum Nürnberg: Merkel Hs 2o 647, S. 211-214 (Kopie)
Transkription[1] Hans Gaab, Fürth

Gespräche
in
dem Reiche der Todten
zwischen
Wolf Jacob Nüzel[2]
und
Christoph Führer[3] beeden Nürnbergsichen Rathsherren und Castellanen. etc.
über die
Jetzigen Conjuncturen und wichtigsten Begebenheiten der mit dem
Magistrat und Burgerschafft obwaltenden Strittigkeiten: etc.
woher solche eigentlich entstanden.


Man findet darinnen die gantze Nürnbergische Politique und was sich einem Ihres Castellanamts zu getragen discursive vorgestellt.



Als neulich der Castellan, Fürer, welcher dem gesammten Nürnbergil: Patriciat zu Nutzen lange Jahre vortrefliche ersprießliche und getreue Dienste gethan, unlängst den ehemaligen Castellan Nizel in dem Reich der Todten antraf, sprach Er zu Ihm:

Es ist bei nahe schon 7. Jahr, daß sich mein großgünstiger Herr allhier in dem Reiche der Todten befindet, ohne daß ich Sie antreffen mögen, ob ich mir gleich deswegen viel Mühe gegeben; da es aber jezo endlich dennoch geschiehet, so schäze ich mich glückseelig einen solch getreuen Diener unserer Nachkommen in diesem Reich zu sehen und zu sprechen, denn ich meines Orts kan mich ebenfalls dieser Ehre rühmen, die mein Großgl: Hl: in der Welt bekleidet gehabt.

[Blatt 231]

Nitzel.

Ich erkenne den Hl: Fürer als meinen Successorem gar wohl, und ist mir ebenfalls recht lieb, daß ich Sie alhier zu sehen und zu sprechen bekomme, und mich mit Ihnen zu entreteniren[4]; denn es bleibt doch einmahl vor allenmal das Sprüchwort wahr, daß sich gleich und gleich gerne gesellet und zusammen hält.

Fürer.

Das ist wahr, und eben darum trage ich Verlangen, meinem großgl: Hl: die unter meiner Catellan stelle angefangenen Zwistigkeiten, welche wir schon biß in das dritte Jahr mit der Kaufmannschafft in Nürnberg haben, zu Erzehlen, und dabeÿ um einigen Rath ersuchen, wie es anzugehen, daß unsere Nachkommen möchten in Ihrem Flor erhalten werden.

Nitzel.

Dieses ist mir gantz etwas sonderbares anzuhören, daß der Magistrat mit der Kaufmannschafft Zwistigkeiten haben solle, habt ihr denn gar keine Maxime mehr gewußt, solche mit Manier zu hintertreiben; ich bin dahero recht begierig anzuhören, daherno mggl: Hl: geruhen wollte, mir solches zu erzehlen; kan ich mit gutem Rath dienen, so werde nicht unterlaßen auch noch in diesem Reich meine Dienste der Posteritaet zu widmen.

Fürer.

Gar gerne, was ggl: Hl: nachdeme vorhin schon bekandt, welcher Gestalten der Handelsplatz schon zum öffteren und zwar schon[?] vor 16: Jahren albereits um Moderation der Auflaagen absonderlich der Losung gebethen, was Ihm aber jederzeit im geringsten nichts nachgeben können, als haben darauf dieses mit gesamte Hand anno 1730 wiederhohlet, nachdeme aber erstl: ein Zettul angeschlagen NB: 1: maj: 1. Zettelanschlag rathhauß NB

[Blatt 232]
ich selbsten als Catellan und vorderster Losunger jederzeit dieses beÿ behalten, daß man die Sach ratione der Auflaag so hoch treiben müßen als man können umb unsern Familien dadurch jr hause[?] und mehr in beßern Stand zu bringen so sind wir auch vor diesesmahl dabeÿ beharrt, allein es ist zu grösten Mißvergnügen außgeschlagen indeme sich so fort an den Kaÿser gewand ihm Klage sehr weitläftig vorgestellet, wie es dan unter andern die bißhero zu Stadt am Hoff bej Regenspurg gedruckte Piecen beßer erläutern und wir nicht nöthig erachten diesen weitläffigen zu dedencken, worunter aber ein stattl. Pro Memoria zum Vorschein kam, welches von unsern Cons. Scheurl als eines noch getreuen Diener unsers Staats aufgesetzt worden, dieses aber wurde durch einen trefflichen Gelehrten Mann mit Grund widerlegt, solcher gestalten, daß wir mit Wahrheitsgrund nichts darauff weiter zu antworten im Stande waren; dieses eine wurde freÿlich vor Ihro Mayl: dem Kaÿs: als obersten Richter angenommen und ihm zu helffen versprochen worden. Wir aber säumeten nicht, solches mit macht und großen Kosten zu hintertreiben, wo wir dann gleich darauff unserer Gewohnheit nach einen Reichshoffraths Conclusum herauß gewürckt, welches Ihme den appetit nemen solte, die weiter zu pusieren. dieses lautete folgendes Inhalts, Klag

allein auch dieses fruchtete dermahlen nicht viel, außer daß sie dem Kayserl: Befehl nach alle parition leißten mithin proseuqierten Sie die Klag nach stärcke, brachten auch sehr viele ja biß 800: der begütersten Bürger von denen Professionen auf ihre Seite, die sich alle wieder Magistr: unterschrieben,

[Blatt 233]
Wir wolten diese Sache hemmen, und leisten auch so gleich mit bewehrten leuthen bej dem Frönteich das Hauß besetzen, fordern die bedenken[?] ab, und hielten sie in Verwahrung biß man von Ihm die Nachrichten erhalten, was die Ursach seÿe, daß man die Burger animierte, wider ihre Obrigkeit sich anzubringen, allein auch dieses wolte nicht verfangen sie waren einmahl schon bei ihme vernehmen gehärtet, und würcken sie endl. das Conclusum herauß, welche wieder in wahrheit ziemlich erschrecket, und der Muth gewaltig fiel, wer sich dieses zu trian...? biß endl. das auf alle Art und Weise nch insterer Gewohnheit, allein wir fanden freylich keinen geringen anfang, sondern bewährte leute, nicht wie bej dem Handwerckern, denn wir jederzeit gewachsen wären, und konten niemahls nichts wieder ausrichten, sintemahlen wir durch weitere praesente, jederzeit der Straftat? ein Gerichts Collegio und so meist alle auf unserer Seite bekamen, daß wie jederzeit so bald als wirs verlangten, wieder selbige ein Rescript erhielten: allein diese sind uns dermahlen zu starck, und machen usn die Köpfe ziemlich warm, dann wir müßen uns schon von vielen privilegiis geschwächt finden;


NB der ganzte Bezahlung von oben biß unten mußfein ordentlich aufgeführet werden
absonderlich aber alle Termini, Reprotamini, welche pahrianaten? wort zu wort, alle gewalt, privilegien



Fußnoten

  1. Die Transkription folgt dem Text aus dem Staatsarchiv. Die Kopie im Germanischen Nationalmusuem ist unvollständig, der Text teilweise abweichend.
  2. Wolf Jacob Nüzel (1660-1725) war vorderster Losunger in Nürnberg gewesen.
  3. Christoph Führer von Haimendorf (1663-1732) war Ratsherr in Nürnberg gewesen.
  4. entretenir (franz.): unterhalten.

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