Briefwechsel Johann Michael Franz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Franz, Johann Michael (1700-1761)
Empfänger  
Ort Hannover
Datum 21. Juni 1755
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 5756, Bl. 26r, 27r, 33r-34r, 86r-87v
Transkription Hans Gaab, Fürth


Erläuterung wegen des Anlehens.

1) Da ich A. 1750. auf die von Hl. Pr. Mayer geschehene Anfrage, ob die Kosmographische Gesellschaft willens nach Göttingen zu ziehen gesonnen, und wir solchen Antrag zu acceptiren gewillet gewesen wären, unter der Beding, daß mir ein Theil meiner für das Kosmographische Institutum bloß pro amore boni publici[1] gemachte Depensen[2], die sich allerwenigstens gegen 6000 Rthl hin belaufen, möchte refundirt werden, so fragt sich, ob ich nicht würde aufs glüklichste reussirt[3] haben?
2) Als ich A. 1749 in Wien war, so bezeuge ich vor Gottes Angesicht, daß man uns 100 000 Gulden per fundo offerirte, mit Condition, daß wir die Päbstische Religion annehmen sollten. Es wurde aber von uns als ein Impossibile erklärt. Noch über das hat man uns die sehr einträgl. Messungs Commission des Erzherz. Oesterr. offerirt.
3) Die Kosmographische Gesellschaft kombt nach Göttingen, um daselbst zur Ehre der Universitaet sich auf zu opfern und nur die einträgl. Verlags Sachen zu unternehmen, wodurch Geld ins Land komt. Ich glaube ganz gewiß, daß wann ich sub hoc Titulo einen Succurs[4] velangt hätte, ich würde es erhalten haben, eben so wie der Kraus in Wien zum Verlag des Buchs Scriptores rerum Hungaric. von der Kayserin Myt. einen Succurs von 5000 fl geschenkt bekommen,[5], it.[em] der Straub hat zum Verlag des Belii Notitia Hungariae einen Beytrag von 10.000 fl von Kayser Carl dem VI erhalten.[6] Ich glaube ganz gewiß, wann ich für Ihro Mayestät trette, ich würde zum Cosmographischen Instituto ein solch freywillig Geschenke bekommen.

Da ich nun jezo vor Einer Hohen Lands Regierung erschienen, nicht daß ich die Refundirung meiner

[Bl. 33v]
grossen Depensen laut No. 1. noch einen fundum laut No. 2 weil wir unsere Salaria dafür annehmen, noch viel weniger laut No. 3. ein freywillig Geschenk anverlange, so werde ich um so weniger weil ich das begehrte Geld restituire u. verzinse, von dem Angesichte unsers allergnädigsten Lands Vatters weggehen dürfen.

Ich verlange bey diesem ganzen Gesuch nichts als den Ersten Effect der weltgepriesenen Königlichen Milde zu erfahren. Einer Caution für die Kosmographische Gesellschaft in Göttingen von einem Kaufman in Nürnberg zu suchen, wäre eine ewige Schande; dann da wir immer in Nürnberg auf unsern neuen grossen Souverain getruzet, so würde der Kaufmann in ganz Nürnberg ausbreiten, daß die Kosmographische Gesellschaft in ihrem neuen Domicilio nicht destoweniger ihren Credit in dem von ihnen abandonirten[7] Nürnberg suchen müssen.

Ich habe über 6000 Rthl. zur Stiftung der Cosmographischen Instituti verschwendet, bloß ex amore Publici, und aus eben diesem Grunde verlange ich, daß mir mildest succurrirt werde. Der Eifer, den wir in Göttingen bezeugen werden, soll alles wieder herein bringen. Meine 6000 Rthl verliehre ich absolute, weil ich keine Erben habe, sonst wollte ichs suchen.

[Bl. 34v]
Mein leztes Verlangen ist also, daß es durch ein Memorial vor Ihro Myt. den König möchte gebracht werden dürfen. Wann sodann Ihro Myt. es abschlagen, so will ichs für Gottes Stimme halten und vergnügt von hinnen gehen. Das in Königl. Landen genommene Domicilium und die Honneteté[8] kan eben so gut alß eine reale Hypothec angenommen werden.

A. Ubrigens dienet Beylage, den Etat der Homannischen Handlung darauß zu ersehen.
B. Die gedrukte beylage weiset das noch unausgeführte Project des Atlas von Deutschland, wegen welches wir verlangen, daß ein jeder regierender Herr von Deutschland, denen wir bey 400 zehlen, ein solch Exemplar für 40 fl erkaufen soll.
NB. Wann man den plenarium Conspectum[9] der homannischen Handlung sehen will, was für Atlantes systematici und Atlantes compendiarii darinnen zu finden, so kan man des Buchh. Baders[10] in Regenspurg vergangene Ostern vierte neue Auflage der Hübnerl. geographischen Fragen,[11] in 8.o gedrukt, die einer von uns a crassioribus mendis[12] verbessert, nachsehen.

Hannover den 21. Junius
      1755

Joh. Michael Franz.



[Bl. 26r]

Der Homannische Handlungs Etat

1) Die ganze Landkarten Handlung bestehet aus 8. ansehnl. Tomis, darunter ist der jezo ans Reich dedicirte Atlas von Deutschland der 2.te Tomus, wovon Beylage und französich gedrukte Avertissement[13] nachzusehen. Die Kupferplatten zu den 8. Tomis machen an der Zahl 543. und wägen am Kupfer 5233 Pfund. In jede Platte ist ein Capital von 150 fl verwendet, wegen der Prüfung und Stich der Karten, so ein Capital von 81000 fl beträget
2) An vorräthigen Karten, Atlassen u. andern Verlags Sachen ist laut Inventarii ultimi vorhanden an Werth 6000 fl, wobey eine Karte nur für 6. Kreutzer angesezet ist, oder 16 gute Pfennige
3) An Debitoren oder Activ Schulden, so viel für gewiß zu nehmen, sind vorhanden 13000 fl, an ungewissen Schulden 8000 fl.
4) An Gerätschafften, NB nicht unsere oeconomische sondern die zur Landkarten Drukerey u. Handlungs tägl. Gebrauch gehören, ist an zwey guldene Ketten vom Kayser Carl VI und Peter I taxirt man alles auf zwey tausend Gulden.
5) Ein eigen Hauß, so eines der grösten in Nürnberg wie Hl Hering hiesiger Hofkupferst.[14] wohl weiß, ist taxiert 14000 fl. Würde aber weil es aus 3 Häusern bestehet, hier e. g. in Hanover seine 20000 Rthl. werth seyn.
 
[Bl. 27r]
6) Meine oeconomische Meublen, weil ich sie nach Göttingen transportiert, rechne ich nicht.

Nutzung der Handlung.

1) Wann die Homannische Handlung am schlechtesten gehet, so werden des Jahrs über 60000 Karten debitirt.
Zu Kriegs Zeiten gehet alles doppelt stark.
2) Die jezt nach meiner 24 jährigen Direction der homannischen Handlung zu Stand gebrachte mühsame Zurichtung der homannischen Karten in VIII systematischen Bänden giebt ein neuen Anlaß zum grösseren Debit, weil es jezt ein Werk ist, das für grosse Herren u. in Bibliotheken taugt, da vorher mit den einzeln Karten nichts anzufangen war.
Ein solch complet Werk kostet ungebunden 125 fl in Franzband gebunden 160 fl, Wann man 50 Exemplare verlangt, so können sie stündlich geschafft werden, es macht eine Summa von 625000 fl aus, u. das ists, was ich jezt beym publico in Deutschl. Engell. u. andern Königr. an Mann zu bringe suche.

Hanover den 21. Junius 1755

Joh. Mich. Franz




Fußnoten

  1. pro amore boni publici: aus Liebe zum guten Publikum.
  2. Als Depensen wird der Abgang von Zahlungsmitteln aus der Kasse eines Wirtschaftssubjekts unabhängig vom Zweck bezeichnet.
  3. reussirt: vom französichen réussir: gelingen, Erfolg haben.
  4. Sukkurs: Hilfe, Unterstützung, Beistand.
  5. Johann Paul Kraus (1701-1776) war Buchhändler in Wien. Zwischen 1748 und 1748 veröffentlichte er die Bände Scriptores rerum Hungaricarum veteres, ac genuini des österreichischen Autors Johann Georg Schwandner (1716-1791). Sie waren der Kaiserin Maria Theresia gewidmet.
  6. Paul Straub war Buchhändler und Verleger. In Wien verlegte er zwischen 1735 und 1742 die fünf Bände umfassende Notitia Hungariae novae historico geographica. Deren Autor Matthias Bel (1684-1749) war u.a. ungarischer Geschichtsschreiber. Die Bände waren Kaiser Karl VI. gewidmet.
  7. abandonierten: verlassenen.
  8. Honneteté: Ehrbarkeit
  9. den plenarium conspectum: Hier: den vollständigen Umfang
  10. Emmerich Felix Bader (1700-1769) war Buchhändler in Regensburg und Wien.
  11. Johann Hübner (1668-1731) war Lehrer und Verfasser von Schulbüchern und hat u.a. auch Bücher zur Geographie veröffentlicht. Der hier angesprochenen Titel lautet:
    Kurze Fragen aus der Alten und Neuen Geographie bis auf gegenwärtige Zeit sorgfältig fortgesetzet, auch mit neuen Zusätzen vermehret, und durchgehends nach dem neuesten Zustand der politischen Welt verbessert, Nebst einer einer nützlichen Einleitung vor die Anfänger, und Vorrede von den besten Land=Charten. Regensburg und Wien: Emerich Felix Bader 1755.
    Darin finden sich in den Vorreden vom 13. September 1745 und vom 13. November 1754 Aufzählungen der vorhandenen Homännischen Karten.
  12. crassioribus mendis: die schlimmsten Fehler.
  13. Avertissement Touchant La Publication D'Un Grand Atlas De Cartes Geographiques De Toute L'Allemagne, Dressé Par Les Heritiers Du Feu Geographe Homann A Nurnberg. 1754. Vgl. Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 5746, Bl. 44-48.
  14. Jacob Hering (1698-1774) war bis 1760 im Nürnberg Äterbüchlein als Kupferstecher eingetragen, war aber damals als Hofkupferstecher in Hannover tätig.