Briefwechsel Johann Michael Franz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Franz, Johann Michael (1700-1761)
Empfänger  
Ort Göttingen
Datum 5. November 1755
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 5756, Bl. 118r-121r
Transkription Hans Gaab, Fürth


Franzische Erkärung wegen der Absicht
die man bey der Kosmographischen Gesellschaft
hat.      

Die Verbesserung der Weltbeschreibung soll auf die drey Hauptartikel beruhen

  1) daß man die Land und Seekarten verbessere, neue Karten u. Kugeln mappire auf eine solche Art, die von der Pfuscher und Ungelehrten ihren seitherigen Mißbrauchen ganz unterschieden seye.
  2) daß man die Länder Messungen nach den Regeln der Wissenschaft einrichte, u. andere Vorschriften alß die Ingenieure gebrauchen, mittheile.
  3) daß man die Länder Beschreibungen verbessere

Ad 1.)

Der Erste Artikel wegen Mappirung neuer Karten ist von langweiliger Execution weil er sehr viele Vorbereitung braucht, mit welcher ich mich auch fort u. fort beschäfftige. Aber der Punct mit den Kugeln wird durch die Lowizsche und Mayersche Arbeit verrichtet. Meine erst gründliche Vorbereitung geschiehet auf einen

[Bl. 118v]
neuen academische Atlas quoad parallelismum geographiae antiquae & novae.[1] Aber vorher soll noch ein Atlas d' Infans[2] auf Angeben des Hl Prof. Büschings,[3] der einen Unterricht dazu schreiben will, hergestellt werden, u. von diesem ist würklich durch einen Anverwandten von mir der im Reich lebt, die Zeichnung angefangen.

Ad 2.)

Der zweyte Punct ist allezeit hauptsächlich derjenige, den ich auf Genehmhaltung Hl Mayers u. Lowiz ehemalen in Wien wegen einer Messungs Commission von Oesterreich an Hl Grafen von Haugwiz[4] u. hernach in Nürnberg offentlich in zwey und mehr Memorial an den fränkische Kreiß oder dessen Convent den Hll Gesandten antragen müssen; und eben dieses Messungs Geschäffte wird auch für jezt S. Mayestät unserm allergnädigsten König in Absicht höchst dero deutschen Erblande, sich dabey mit Rath und That gebrauchen zu lassen, angetragen. Jedoch ist von selbst ver-

[Bl. 119r]
standen, daß hiervon nicht eher alß nach völlig vollendeter Kugel Arbeit Eröffnung geschehe.

Ad 3.)

Dieser Artikel ist so weitläuftig, daß er auch die zwey ersten in gewisser Absicht mit in sich begreiffet; nemlich in der Monatlichen Schrift, so wir Beyträge zur Weltbeschreibung nennen wollen, sollen und wollen wir über alles, was in der Weltbeschr. Wissenschaft vorfällt, von Landmessung, von Kugeln, von See-und Landkarten, von Reisebeschreibungen, Topographien pp unsere Sentiments[5] Urtheile, auch selbstige Außarbeitung unsrer so wohl alß unserer auswertigen Correspondenten und Membrorum Honoratiorum beytragen, der Welt kund machen, und zwar die Hl Mayer und Lowiz sollen liefern, was in der Mathemat. Geographie einschlägt, Hl. Pr. Büsching und ich dasjenige, was zur Historischen Geographie

[Bl. 119v]
gehört. e. g. jezt ist in Berlin eine ganz neue Karte von Deutschland ausgegangen, ob sie nun wohl getroffen oder nicht, es soll in unsren Beyträgen entschieden werden. Und so tausend Sachen mehr. Und weil die zwey ersten Artikel zu langsam von statten gehen, ohne daß was ans Publicum erscheint, so habe ich drauf gedacht, dieser schon längst in Nürnberg entworfenen Schrifft den Anfang zur Würklichkeit zu geben. Daher auch Hl Pr. Büsching und ich diesen ganzen Sommer nach einem Verleger, aber vergebens, uns umgesehen. Doch habe ich nun den berühmten Leipziger Verleger Breitkopf[6] laut eines den 22. 8br. dat. Briefs gefunden. Und meine Meynung ist, auf das folgende Jahr den Anfang zu machen, und so dann weil alle Monath eine Außfertigung von 6. Bogen geschrieben werden soll, auch eben also jede 4 Wochen eine Zusammenkunft zu halten. Eher habe ich nicht für nöthig erachtet, zumal mir eine Nachschrift von meinen Vorlesungen von Ost- und West- Indien, die ich auf den Frühling will druken lassen,[7]

[Bl. 120r]
alle Hände voll zu thun gibt. Bey dieser Conferenz erbiete ich mich den Protocollisten und Secretair zu vertreten, u. soll mir nichts weiters gemacht u. unternommen werden, alß was jedes mal bey dieser Zusammenkunft ist beschlossen worden.

Dieses ist meine Erläuterung von dem was eine solche Gesellschaft, die sich die Kosmographische mit Recht nennen will, thun sole und kan. Alle vier Mitglieder haben die gehörige Eigenschafften, und gleichwie mir bekandt, daß jeder genug Material hat, die obgedachten Beyträge auf fort u. fort zu bereichern; also versichere ich für meine Person, daß ich zehen u. mehr Manuscript Folianten u. anders seit 24 Jahren während meiner homannischen Directions Arbeit, zu dergleichen Absicht vorräthig gemacht, ohne was alle Tage für Nova darzu kommen.

Und damit ich das Institutum dieser Beyträge dem Publico noch verständlicher mache, so bin ich gesonnen, zu meiner

[Bl. 120v]
künftigen offentlichen Rede, das darzu gehörige Programma davon zu verfassen, u. soll es gleichsam zu einem Missiv[8] allen unseren Correspondenten dienen, wie und zu was für Beyträge sich jeder gefaßt machen muß. Endlich damit es unsren Außländern bekandt werde, habe ich mit M. Julien Geographe du Roy in Pariß[9] verabredet, daß ers daselbst ins Französische übersezen u. druken lassen soll.

Alles dieses zusammen genommen, heisse ich nun das Institutum Cosmographicum und so ists von Anbegin her mein eund des Pr. Haasen in Wit. seel Meynung gewesen, und so ists von den zwey Mathematicis Mayer und Lowiz, genehmicht erweitert und auf Speciminibus publicis bekräfftigt worden.

Was nun die Vollendung der Weltkugeln anbelangt, so ist allezeit meine allererste Absicht gewesen, dadurch nicht sowohl Geld alß vielmehr dem Instituto

[Bl. 121r]
Geographico zum Besten bey dem Publico besonders aber bey grossen Herren die Luste und Nachdruk zu gewinnen. Das Schiksal hat aber in dieses Werk einen Verzug eingeführt, der mit meiner ersten Absicht ganz nicht übereinkommt. Die Lowizische Erkläung wird nun von dem Außgang dieses Werks die Außkunft geben und die Mayerische ☽ Kugel betreffs so ist bereits eben diese Woche der erste Probedruk von einer Section bey dem Pr. Mayer alß Autor eingelangt, u. ist mein Erachten, es könne solche Kugel auf Ostern gar wohl fertig werden, weßwegen mich auf die Mayerische schrifftliche Erklärung beziehe.

Göttingen den 5. 9br       1755.

Joh. Mich. Franz


Fußnoten

  1. Einen Atlas mit ähnlich klingendem Titel, in dem also die Geographie der Alten mit der der Neuen verglichen werden soll, spricht Lowitz bereits in seinem Brief vom 06. August 1755 an Münchhausen an, von dem die Anregung zu diesem Atlas stammen soll.
  2. Ein Atlas für Kinder kam damals nicht heraus. 1776 erschien allerdings Büschings Unterricht in der Naturgeschichte, für diejenigen, welche noch wenig oder gar nichts von derselben wissen. Erlätert durch 39 Kupfer, zum Vergnügen der Kinder herausgegeben.
  3. Anton Friedrich Büsching (1724-1893) war seit 1754 Professor für Philosophie in Göttingen, ging aber 1760 als Geistlicher nach St. Petersburg. Er hat große Verdienste bei der wissenschaftlichen Fundierung der Erdbeschreibung.
  4. Friedrich Wilhelm Graf von Haugwitz (1702-1765) war ein böhmisch-österreichischer Staatsmann. 1749 wurde er Präsigent der Finanz- und politischen Verwaltung. Ab 1753 bekleidete er das Amt des Obersten böhmischen Kanzlers und zugleich des Ersten österreichischen Kanzlers.
  5. Sentiment: Empfindung.
  6. Bernhard Christoph Breitkopf (1695-1777) war ein deutscher Buchdrucker und Verleger. Bei ihm erschien 1756 Franzens Freundliche Aufmunterung an die Weltbeschreiber.
  7. Von einer derartigen Schrift Franzens ist nichts bekannt.
  8. Missiv: Sendschreiben.
  9. Roch-Joseph Julien (vor 1740-1777) vertrieb Landkarten in Paris, wofür er u. a. Karten aus dem Verlag Homanns Erben importierte.