Hochedler
Hochzuehrender Herr
Magister !
Vielgeliebter Freund !

Je vollkommener ich von deiner Freundschaft überzeiget bin, um so schmerzlicher fällt es mir einen so werthen freund zu vermissen. Es mag nun dieses mir ale eine Schwachheit vorgeworfen werden; ich will doch viel lieber diesen fehler an mir haben, als daß ich durch ein leichtsinniges Vergessen meiner Freunde, den schändlichen Namen eines Ungetreuen führen sollte. Ich weiß, daß nun der Tag sehr nahe ist, an welchen mein Herzens freund die geliebte Vatterstadt verlassen wird. Erlaube doch, daß ich mit tränen und wolmeynenden Wünschen den betrübten Abschied begleite. Du verlässest deine freunde nur darum, damit du dich in Stand, sezen mögest Gott und dem Nächsten mit deiner Wissenschaft einsten endlich zu dienen. Dieses ist ein nicht geringer Trost für mich. Es begleite dich dahero derjenige, dem

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du zu Ehren, deine herrlichen Gaben in frembde Lande, verbessern und vermehren willst. Alle dein Thun müsse glücklich und erwünscht von Statten gehen. Vermag auch bey dir mein Bitten etwas, so seze die freundschaft in Abwesenheit nicht aus dero Augen; gedenke meiner, der ich dich liebe als meinen Bruder. Bericht mir fleissig deine glükseelige und vergnügte Umstände. Gib mir von gelehrten Neuigkeiten unterweilen Nachricht. Lässt die Zeit nicht zu weitläufftig mir zu schreiben, so seze nur auf ein Blat; Ich lebe wol und bleibe dir günstig; auch so wenige Worte sollen mich vergnügen. Und so lebe wol, Herzens Freund ! reise glücklich und vergiß denjenigen nicht der sich nennet

Hochedler Hochzuehrender
Herr Magister
Vielgeliebter Freund
dein

Altdorff
d. 12. Sept. 1746.

aufrichtiger
freund und erge-
benster Diener

Joh. Conr. Loehe.