Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Lowitz, Georg Moritz (1722-1774)
Empfänger Rat der Stadt Nürnberg
Ort Nürnberg
Datum 7. Mai 1752
Signatur Stadtarchiv Nürnberg: B1/II Nr. 1883, darin Nr. 8, Bl. 1r-2v
Transkription Hans Gaab, Fürth


Hoch Wohlgebohrne u. Hochweise Herren!
Gnädige und Hochgebietende Herren!

Eure Hochwohlgebohrne Gnaden geruhen gnädig die Freÿheit zu vergeben, mit der ich mich Denenselben nähern muß! Ich wage es abermahl für unser zu hoffendes Observatorium eine unterthänigtst gehorsamste Bitte einzulegen, und einen gesamten Hochlöblichen Rath als meine gnädige und hoch gebietende Obrigkeit, um die Beschleunigung des schon im November Monath vorigen Jahrs großmüthigst gefaßten Entschluß, das Observatorium wieder herzustellen, von Herzen anzuflehen![1] Ich hätte jezt das Glück an einer Unternehmung Theil zu nehmen, die dem Nuzen des ganzen Menschlichen Geschlechts gewidmet ist: und worauf jezt alle grosse Beherrscher Europas erstaunliche Summen verwenden. Es ist schon bekant, daß der König von Franckreich den Abt de la Caille im vorigen Jahr nach dem Vorgebürge der guten Hoffnung in Africa, mit vielen Leuten und Instrumenten, gesendet, um dorten gewisse Beobachtungen an dem Himmel zu machen.[2] Es ist auch bekannt, daß die Königl. Academie der Wissenschaften zu Paris unser Nürnberg dazu eingeladen hat, zu diesem gemeinnüzzigen Unternehmen etwas beÿ zu tragen. Allein, da weder hier oder anderwärts das verloffene Jahr über, wegen beständig trüben Himmels, übereinstimmende Beobachtungen gemacht werden konnten: so hat der König von Franckreich, dem Abt de la Caille der im ässersten Ende von Africa ist, eilende Befehle zugesendet, damit er noch ein Jahr lang, nehmlich bis auf den Merzen des künfftigen Jahres 1753. dorten bleibe, und seine Beobachtungen fortsezze.

Die Königl. Academie der Wissenschaften zu Paris, hat also dem Herrn Prof. Grischow[3] zu Petersburg ersucht, als erster Urheber dieser Verlängerung, den Sternsehern Nachricht davon zu geben: und ich habe die Ehre gehabt,

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daß man mich abermahl durch die gegenwärtige Beÿlage eines gedruckten bogens, zur Mitarbeit eingeladen hat.[4] Diese Beÿlage enthält eines theils die gemelde Nachricht, andern theils aber die bestimmten Täge in sich, an denen man seine Beobachtungen gehörig anzustellen hat, damit sie mit denen des Abtes de la Caille in Africa seinen übereinstimmen werden. Aus dieser Ursache muß ich mir die Freÿheit nehmen, unterthänig und gehorsamst um die gnädige Zurückgabe diese Beÿlage zu bitten! Weil mir nur ein einziges Exemplar ist zu gesendet worden.

Eure HochWohlgebohrne Gnaden erlauben mir Denenselben wegen dieser Unternehmung, von der Nachwelt einen ewigen Danck und Ruhm zu versichern. Schon jezt erfreuet sich ein jeder Liebhaber der Wissenschaften in der Hoffnung mit nächsten den Siz der Uranie wieder hier zu sehen. In verschiedene hoffentliche Nachrichten, haben der Welt schon die Gewisheit angekündigt, als wenn das Observatorium schon fertig wäre: welches ich auch unter anderen in dem 12ten Stücke der Coburger gelehrten Zeitungen dieses Jahres, lesen muste. Eine grosse Menge hiesiger Beförderer und Liebhaber der Astronomie vereinigen mit mir den Wunsch, daß uns je eher je besser der Ort eröffnet werde, alwo wir Gott aus der grossen Welt zu erkennen, Gelegenheit bekommen. Einer von selbigen hat schon zum voraus versprochen, sein 40 Schuhe langes Fernglaß dem neuen Observatorio zu schencken: und verschiedene andere werde ich leicht bewegen können, zur Herbeÿ Schaffung guter Instrumenten, eine fruchtbare Hülfe zu leisten; wenn nur der Ort ihres Aufenthalts, der Tempel der Urania nach meinem Verlangen

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wird eingerichtet seÿn. Darf ich mich erkühnen, noch einmahl meine Bitte wegen Beschleunigung Dero großmuthigste Entschlusse zu erinnern? So füge ich auch noch dieses beÿ: daß der Althan des künftigen Observatorii, auf ein leichtes Gewöbe von gebrannten Steinen, gesezzet, und es dadurch auf alle Zeiten fest und dauerhaft gemacht werde. Denn wenn wir Holz zu Unterlage nehmen, so würde gewiß der Bau alle zehn Jahre verneuert werden müssen, weil sich die eindringende Feuchtigkeiten ihre Wege nicht verstopfen lassen, die als denn wegen der steinernen Decke die auf dem Holze lieget, unmöglich wieder ausdünsten können: woraus also die Verfaulung des Holzes folgen muß.[5] Ferner bitte ich auch zu gleicher Zeit unterthänigst und gehorsamst, den Plaz des alten Observatorii nicht etwas anderem zu widmen; sondern mir gnädig zu erlauben , daß ich solche zu dem Neuen beÿbehalte, und versperren darf? Drum da ich öfters Gelegenheit nehmen muß, die Liebhaber der Wissenschaften von der Beschaffenheit der Himmelskörper zu überzeugen; so müssen allezeit die grossen Ferngläß von 30, 40 und mehren Schuhen lang, darzu gebraucht werden: die ich also nur auf einem grossen Plaz, der sich versperren lässet, gehörig aufrichten lassen. Hierzu muß aber mit dero hohen Erlaubnis so bald als es nur möglich ist, ein hohes hölzernes Gestelle aufgerichtet werden: damit ich auch durch dessen Hülffe, denen hier durch reisenden fremden Persohnen, die mich immer fort um der Astronomie willen häuffig besuchen, beÿ Tage die Sterne damit weisen kan. Über dieses muß ich noch unterthänigst und gehorsamst um die Gnade bitten, denen Soldaten auf der Vestung befehlen zu lassen, daß künftig sie keinen mehr in den

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versperrten Plaz hinein gehen, oder hinein steigen, damit mir die auf gewisse Bahnen der Sterne gerichtete Fernglässer von niemandem verrückt werden. Denn hirdurch werde ich vieler Mühe und Arbeit überhoben, die beÿ einer jeden neuen Richtung nöthig ist. Es dienet also dieser Plaz der Sternbetrachtung: da hingegen das Observatorium auf den Thurm denen Beobachtungen der Himmelbegebenheiten, und denen Abmessungen der Bewegungen der Sterne gewidmet ist.

Eure Hochwohlgebohrne Gnaden werden hoffentlich diese meine Bitten gnädig zu gewähren geruhen: da sie ja nichts anderes als das Aufnehmen der Ehre unserer berühmten Stadt, in Ansehung der Beförderung aller Wissenschaften, abzielen. Ich kan sonsten nichts dazu beÿtragen, als noch einmahl meinen Fleiß und Begierde anzubieten, mit dem ich ein Werkzeug zur verrichtung dieser Absichten seÿn will. Indessen empfehle ich mich mit allen meinen bitten in Dero hohe Gnade und Beÿstand, und verharre beständig

Eurer Hochwohlgebohrnen Gnaden
meiner gnädigen & hoch gebietenden hohen Obrigkeit

unterthänig gehorsamster
Georg Moriz Lowiz
M. P. P.

Praes. 7. / 13. Maij
          1752


Fußnoten

  1. Im Brief an Delisle vom 1. März 1752 gab Lowitz einen Überblick über das bisherige Geschehen.
  2. Der Abt Nicolas-Louis de Lacaille (1713-1762) reiste 1750 ans Kap der guten Hoffung. Über gleichzeitige Vermessungen von dort und in Europa versuchte man die Parallaxe des Mondes sowie von Venus und Mars genauer zu bestimmen.
  3. August Nathanael Grischow (1726-1760) war seit 1751 Professor für Astronomie in St. Petersburg. Er beschäftigte sich intensiv mit der Parallaxe des Mondes.
  4. Diese Beilage ist nicht überliefert.
  5. Von dieser Forderung rückte Lowitz im Folgenden ab, vgl. seinen Brief an den Ratsbaumeister vom 3. Juni 1752.