Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor[1] Büsching, Anton Friedrich (1724-1793)[2]
Empfänger[1] Scheidt, Christian Ludwig (1709-1761)[3]
Ort Hannover
Datum Ende Oktober 1755[1]
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 5756, Bl. 130r-131r, 131a
Transkription Hans Gaab, Fürth


Die cosmographische Gesellschaft ist bis auf den heutigen Tag blos chimerisch gewesen, denn es fehlen ihr alle wesentliche Stücke einer wahren Gesellschaft. Man weiß von keiner gemeinschaftlichen Verbindung und Bemühung zu einem gewißen Zweck, es wird nichts gemeinschaftlich überlegt und ausgeführt; sondern der Herr Rath Fr. welcher bisher die Welt mit einer Vorstellung von einer cosmographische Gesellschaft unterhalten hat, bedient sich dieses Nahmens und des Nahmens der homannischen Officin nur zur Beförderung seines besondren Nutzens. Von den 1000 Rthl welche die hohe Königl. Regierung der cosmographischen Gesellschaft gnädigst geschenkt hat, hat keines von den so genanten Mitgliedern etwas gewust, sondern Hl. Fr. hat vorgegeben, sie wären ihm geschenckt. Den so genanten Mitgliedern ist diese hohe und verehrungswürdige Gnade erst aus dem nemlichen gnäd. Rescript bekannt geworden; und ob sie gleich ganz und gar nichts dagegen zu meinen haben, wenn die hohe Königl. Regierung diese Summe dem Hn. R. Fr. eine kleine Zeit zum Bedarf seine Umstände gnäd. bewilliget: so zweiflen sie doch nicht ohne Grund so wohl an der nöthigen Wiederlieferung als vortheilhaften Anwendung dieses Geldes, wo nicht hochgedachte Königl. Regierung dieswegen das nöthige verfüget.

Zur Ansehung der HimmelsKugel ist des Hn. R. Fr. Bemühung bisher nur dahin gegangen, viele Vorschüße auf dieselben zu samlen, und dieselben zu seinem einseitigen Nutzen zu verwenden. Zu der Arbeit selbst trägt er nichts beÿ, sondern sie beruhet blos auf dem Hl. Lowitz, und Hl. Fr. ist nur der Unterhändler dabeÿ. Dieser hat auf 2000 Rtr. Praenumerationes[4] Gelder gehoben, 2000 Rthl von der hohen Königl. Regierung vorschießen laßen, und unter dem Namen der cosmographischen Gesellschaft auch 1000 gnäd. geschenckte Thaler gehoben. An statt daß die erstgenannten 4000 Thr

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hätten zur Weltkugeln Casse geliefert, und zu den zu lezter Arbeit erforderlichen Unkosten angewandt werden, hat Hn. Lowiz nur ungefähr 1100 Thr., und zwar die Helfte dieser Summe erst vor wenigen Tagen eingehändigt bekommen. Da nun dieses Geld nicht weit reichen wird, des Hln Fr. Umstände aber die Ersetzung der übrigen zu seinem Gebrauch verwandten Gelder nicht verstatten, so ist gar keine Hofnung zur Vollendung der Weltkugeln, wo nicht von hoher Königl. Regierung eine baldige beßere Veranstaltung getroffen wird.

Vielleicht ist folgender Vorschlag der Uberlegung würdig. Hl. Fr. und Hl. L. müßen völlig, und unter der Verfügung der Königl. Regierung aus einander gesetzt werden, damit ein jeder seine Pflicht und seinen Antheil genau kennt. Sie müßen den wahren Zustand der Sache von beiden Seiten genau angeben, damit man siehet, an wem die unangemeßene Verzögerung der Arbeit liegt. Und da Hl. Fr. bey derselben nichts zu thun hat, sondern nur vermög. eines mit Hl. L. getroffenen Vergleichs den daraus ziehenden Antheil mit ihm theilet: so muß die hohe Königl. Regierung geziemend ersucht werden, das ganze Werk in unmittelbare Aufsicht zu nehmen, und des Hl. Fr. Stelle zu ersetzen. Hl. L. muß sich als denn verpflichten mit mehresten Fleis zu arbeiten, und die Lieferung der Kugeln zu beschleunigen, welches er auch verhoffentlich thun wird, wenn die hohe Königl. Regierung die Gnade für ihn hat, den Künstlern welche Hand an dieses Werk legen, ihr Verdienst nach und nach auszuzahlen. Wenn die Regierung jemand verordnet, künftig alles Geld welches für die Kugeln eingehet zu heben, und es den Praenumeranten und Subscribenten angezeigt wird, daß sie künftig ihr Gelde an diese bestellte Person einsenden mögten; so kan alsdenn von der eingehenden Bezahlung die Regierung den gnäd. gethanen Vorschus zurücknehmen, Hl Lowiz das bezahlen, was er vermöge des mit Hl. Fr. erreichten Vergleichs zu fordern hat, und wenn dann auch

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etwas übrig bleibet, solches Hln. Fr. aushändigen. Auf diese Weise wird das Werk beschleunigt, die Subscribenten haben genugsame Sicherheit, die Königl. Regierung ist wegen des Vorschußes, und die cosmographische Gesellschaft wegen der ihr gnäd. geschenkten 1000 Rthr sicher, über deren nützliche Anwendung alsdenn Verabredung getroffen, und der hohen Regierung zur gnäd. Genehmhaltung angetragen werden kan. Diese Einrichtung ist auch in der That für Hl Fr. gut, als deßen Umstände täglich verworrener werden, und der seine Projecte ruinire, zumahl da seine Frau keine gute Haushälterin seyn soll. Da sein Antheil an der homannischen Officin anjezt administriet wird, so kan er hier mit seinem Gehalt wohl auskommen, wenn er von den Weitläufigkeiten abgezogen, und insonderheit auch der Versuchung überhoben wird, die ihm die Weltkugeln machen.

Mich dünkt die hohe Königl. Regierung könne sich dieses Werks mit desto Recht obgedachter maßen annehmen, da nicht nur so viele angesehene Personen darin verwickelt sind, sondern auch die Ehre der Universitaet mit darauf beruhet, und der gnäd. Vorschuß welchen die hohe Regierung gethan hat, denselben gewißermaßen ein Antheil an dem Werk verschaft. Es wird freilich die Untersuchung wie Hl. Fr. und Hl. L. mit einander stehen, eine verdrüsliche Commission seyn, weil die Verwirrung so gros, und das Misvergnügen des leztern nicht gering ist, sie ist aber gewis nothwendig. Es werden unglaubliche Dinge herauskommen. Solange als diese Sache nicht in Ordnung gebracht ist, kommt aber die cosmographische Gesellschaft in keine ordentliche Verfaßung, denn wirklich, sie ist nur dem Namen nach vorhanden. Es arbeitet kein Mensch zum besten der Cosmographie, denn meine einseitige geographische Arbeit kan ich nicht dahin nehmen. Ein jeder ist für sich. Bekäme die Gesellschaft eine ordentliche Einrichtung, so könten junge Leute zur Verfertigung

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der Landcharten, zur Länderausmessung, zur Untersuchung des Natürlichen, zur Aufsuchung der eigentlichen geographischen Merkwürdigkeiten, und zur Weltbeschreibungswissenschaft überhaupt, zu gezogen und bereitet werden, und ein recht ansehnlichen Nuzen für die ganze Welt herauskommen. Doch, ich will hier keinen Entwurf machen wie eine cosmographische Gesellschaft zur Ehre und zum Nuzen des Lands und der Universitaet, und zum Antheil der ganzen Welt eingerichtet werden könne. Wenn die Vorschläge welche an das Publicum geschehen, befehlmäßig eingerichtet werden, wenn die Projecte gesucht aber nicht hinaus geführt werden, und wenn die Hauptansicht ist, aus der ganzen Welt Nuzen für ein Gebäude welches einfallen will, nicht aber die Materialien zur Grundlegung eines neuen der ganzen Welt zu statten kommenden Wercks zu suchen: so ist der Name einer cosmographischen Gesellschaft eitel, und man muß Bedenken tragen, denselben zu führen.



Fußnoten

  1. Der Text ist nicht datiert, auch sind weder Absender noch Empfänger verzeichnet. Im Brief vom 1. November 1755 übersendet Scheidt aber die Beilage von Büsching, womit der vorliegende Text Ende Oktober 1755 entstanden sein muss.
  2. Anton Friedrich Büsching (1724-1793) war seit 1754 Professor für Philosophie in Göttingen, ging aber 1760 als Geistlicher nach St. Petersburg. Er hat große Verdienste bei der wissenschaftlichen Fundierung der Erdbeschreibung.
  3. Christian Ludwig Scheidt (1709-1761) war seit 1748 Hofrat und Bibliothekar in Hannover. Zu ihm siehe: Büsching, Anton Friedrich: Beyträge zu der Lebensgeschichte denkwürdiger Personen, insonderheit gelehrter Männer, Band 3. Halle: Curt 1785, S. 263-316.
  4. Praenumeration: Vorausbezahlung.