Briefwechsel Georg Moritz Lowitz
Kurzinformation zum Brief | |
Autor | Lowitz, Georg Moritz (1722-1774) |
Empfänger | Münchhausen, Gerlach Adolph von (1688-1770)[1] |
Ort | Göttingen |
Datum | 25. März 1756 |
Signatur | Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 5756, Bl. 14r-v, 15r, 16r |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
Hochgebohrner Freÿherr
Hochgebietender Herr Geheimer Rath
und Cammer Präsident
Gnädigster Herr !
Ew. Hochgebohrnen Excellenz theuerstes Wohl ist das Ziel aller meiner getreuen Wünsche! Gott gebe, daß ich bis an das späte Ende meines Lebens keine Gelegenheit finde, die mir diese zartliche Pflicht und redliche Begierde meines aufrichtigen Herzens unterbrechen könte! Ich bin der Erhörung meines sehnlichen Flehens vor GOTTES Throne um so vollkommener versichert, je größer der Glanz der unendllichen Güte des Allerhöchsten über meinem Haupte sich blicken läßet. Denn da mein Gemüthe bisher in die Nebel der Traurigkeiten verhüllet geweßen ist, indem ich glauben wolte, daß mich des Creutzes Last zu Boden drücken werde; so überschüttet mich jetzo der barmherzige GOTT wiederum mit Freuden und Vergnügen: und ER wird machen, daß ich mich nächstens der völligen Ruhe meiner Sache erfreuen kan. Diese mächtige und fröhliche Veränderung meines Herzens ist die Ursache, warum Ew. Hochgebohrnen Excellenz heute mit einem geringen Schreiben von mir belästigt werden: und ich gebrauche diese Freÿheit um so beherzter, je gewisser ich hoffe, daß höchst dieselben eine unterthänigste Nachricht von meinem Glücke nicht ungnädig aufnehmen werden. Ein Glück, welches mich auf beständig an Göttingen bindet, darinnen ich in dem gehorsamten Dienste GOTTES und meines allergnädigsten Königs und Herrns
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sterben: in der Begierde aber mich der Höchsten Gnade
Ew. Hochgebohrnen Excellenz mit meinen Bemühungen
mich immer würdiger zu machen, wenn es der
Himmel gönnet ! recht lange leben will.
Ew. Hochgebohrnen Excellenz ist es schon bekant, daß GOTT am 4 Jener dieses Jahres, meine liebe Frau nach einer zweÿjährigen Krankheit durch einen seeligen Todt aus meinen Armen genommen hat ![2] Ich wurde dadurch schmerzlich betrübet, weil ich sie als eine redliche und tugendhafte Frau, wie auch als eine gute Haushälterin zärtlich geliebet hatte. Bis hieher muste ich also selbst beÿ meinen häufigen weitläufigen und mühsamen Arbeiten auch zugleich das Hauswesen besorgen, womit ich mich doch nicht gerne plagen möchte. Dieses wird nun ein Ende nehmen. Denn seit einiger Zeit wurde ich mit der ältern Tochter des vor einigen Jahren hier vestorbenen Bügermeister Riepenhausens[3] bekant, deren Tugend und Ehrbarkeit ganz Göttingen kennet und von jeder mann gerühmet wird. Sie ist 33 Jahre alt, da ich im vorigen Monat 35 alt geworden bin. Ihr Gemüthe schicket sich gänzlich zu dem Meinigen: und ihr stilles Leben ist mit einer vollkommenen Erkäntnis des Hauswesens verknüpfet. Da
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wir uns nun am vergangene Dienstage im Beÿsein
etlicher guter Freunde von beÿden Theilen, ordentlich
mit einander verlobet haben; so wünsche ich sehnlich
den gnädigsten Beÿfall Ew. Hochgebohrnen
Excellenz wegen diesem mir glücklichen Verbündniße
zu erlangen ! Zumahl, da die zeitlichen Umstände meiner
Braut so beschaffen sind, daß ich wohl damit
zufrieden seÿn kann. Über dieses muß ich
auch noch Ew. Hochgebohrnen Exzellenz
unterthänigst anflehen, wenn es die mir noch unbekanten
Gesetze der hiesigen Trauer erlauben,
gnädigst zu geruhen, und die höchste Erlaubnis
angedeÿhen zu lassen, daß wir uns in aller
Stille, und auch ohne Proclamation, so bald als es
seÿn kan, ordentlich trauen lassen können.
Dieses würde mir nicht allein zu der damit verknüpften
Veränderung meiner Wohnung, und
der ferneren weitläufigen Einrichtung sehr
vortheilhaft seÿn: sondern ich würde sonst
auch noch aus vielen anderen kleinen Zerstreuungen
kommen, die mir immer einige Stunden von meinen
Arbeiten rauben wenn ich länger mein Hauswesen
ohne eine getreue und vernünftige Frau führen solte: Ohne
daran zu gedencken, daß ich meine Vorleßungen
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für das künftige halbe Jahr noch in meinem eigenen
Hauße anfangen könte: Ich hoffe eine gnädigste
Gewährung meiner unterthänigsten Bitte
und verharre in tiefster Devotion
Hochgebohrner Freÿherr
Hochgebietender Herr Geheimer Rath
und Cammer Praesident
Eurer Hochgebohrnen Excellenz
Göttingen am 25. Merz
1756.
unterthänigster
Georg Moritz Lowitz
Hinweis: | Mit Schreiben vom 29. März 1756 wurde Lowitz die Hochzeit ohne vorherige Proklamation gestattet. Einzige Bedingung war, dass seit dem Tod seiner Ehefrau 13 Wochen vergangen sein müssten (Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 5756, Bl. 12r, 13r). Seine erste Ehefrau starb am 4. Januar 1756, am 20. April 1756 heiratete er Dorothea Riepenhausen. |
Fußnoten
- ↑ Gerlach Adolph von Münchhausen (1688-1770) war Minister des Kurfürstentums Hannover. 1734 war er einer der Begründer der Georg-August-Universität in Göttingen. Ab 1753 war er als Kammerpräsident für das Ressort Finanzen zuständig.
- ↑ 1746 hatte Lowitz Anna Veronika Franz (1705-1756), die Schwester von Johann Michael Franz geheiratet.
- ↑ Otto Riepenhausen (1676-1750) war Bürgermeister von Göttingen gewesen.