Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Lowitz, Georg Moritz (1722-1774)
Empfänger Landesregierung in Hannover
Ort Göttingen
Datum 22. August 1763
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 166-168
Transkription Hans Gaab, Fürth


Königlich-Großbritannische, zur Churfürstl. Braunschweig-
Lüneburgischen Landes Regierung
Höchst verordnete Herren Geheimen Räthe

Hoch- und Hochwohlgebohrne
Gnädigste, und Hochgebiethende Herren !


Ew. Hoch- und Hochwohlgebohrne Excellences muß ich abermahl mit meiner unterthänigsten Bitte um die Acten des auf dero höchst eigenen hohen Befehl fortgesetzten Pasquillen Proceß, beschwerlich fallen. Es liegt mir mehr als mein Leben daran, daß diese Schandsache auseinander gesetzt werde; und weder ich, noch das gantze hiesige Publicum kann es einsehen, warum mir diese Gerechtigkeit nicht erzeiget wird? Ich meinerseits hoffe Ew. Hoch- und Hochwohlgebohrl. Excellenzen werden einen ehrlichen Mann von denen Königlichen Unterthanen, so werth als den andern halten: und es ist der gantzen Welt bekannt, daß viel geringere Personen, und noch dazu in unendlich weniger wichtigern Bitten, als die Meinige ist, sind gnädigst erhöret worden.

Ew. Hoch- und Hochwohlgebohrl. Excellenzen rechnen es mir nicht zur Ungnade an, wenn ich hier aufrichtig gestehe, daß ich muthmaße, es stecken Personen dazwischen, welche die Fortsetzung dieser Untersuchung dadurch zu hindern meÿnen, wenn sie es einleiten können, damit mir keine Antwort gegeben werde. Ich bin es überzeugt, jene Personen haben Ursache, sich diesem Fortgang jetzt so viel, als möglich ist, zu widersetzen. Allein wo bleibt

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als denn die gesetzmäßige Gerechtigkeit, die Ew. Hoch- und Hochwohlgebl. Excellenzen in denjenigen Gnädigsten Rescripte, in welchem der Deputation ist befohlen worden, mich dieser Umstände wegen vorzufordern, allen Beleidigten, gnädigst versprochen haben? Wird mir diese höchst billige Forderung versaget, so wird auch damit zugleich der äusersten Bosheit auf hiesiger Universität der ebenste Weg gebahnet, einen jeden ehrlichen Mann, ohne Furcht für der Strafe zu verfolgen. Und wenn Ew. Hoch- und Hochwohlgebohrl. Excellenzen irgend einem Pharisäer, den man nicht anders, als nur durch einen beständigen persönlichen Umgang, und durch eigene Beobachtungen seiner Handlungen erkennen kann, dero höchsten Antrauens würdigen; so ist es einer solchen Masqen gar bald möglich, daßelbe auf alle Orten zu mißbrauchen, und dadurch die gantze Universität zu verwirren.

Es ist mir gantz und gar unmöglich zu glauben, daß Ew. Hoch- und Hochwohlgebohrl. Excellenzen diese Sache nunmehro so sehr gering halten sollten, um mich nicht einmahl deswegen einer gnädigsten Resolution zu würdigen. Noch viel weniger kann ich vermuthen, daß man nicht die üblen Folgen einsehen sollte, welche diese Schandaffaire für die hiesige Universität nach sich ziehen kann, wenn dieselbe nicht schleunig aus einander gesetzet, und nach der Schärfe der Gerechtigkeit entschieden wird. Das gantze hiesige Publicum wartet darauf: und ich kann, da man mich durch diese öffentliche Inquisition gleichsam infam gemacht hat, so lange in keine honette Gesellschaft gehen. Ich getraue mir beÿnahe nicht, mich auser meinem Hause sehen zu laßen, und ich würde immerfort in meinem Zimmer eingeschloßen bleiben, wenn ich nicht wegen einer weitläufigen, und schweren Untersuchung einer Naturbegebenheit, noch täglich das Observatorium besuchen müßte.[1]

Diese Verweigerung einer gnädigsten Resolution auf mein unterthänigstes Bitten[2] überzeugt mich endlich vollkommen, wie schwehr die Ungnade ist, die Ew. Hoch- und Hochwohlgebl. Excellenzen schon lange gegen mich geheget haben. Ich entdecke nunmehro deren Treibfedern: und es

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wird die höchste Zeit seÿn, mich zu bemühen, anderwärts solche Dienste zu bekommen, darinnen ich dem Publico mehrern und wichtigeren Nutzen, als auf der hiesigen Universität möglich ist, verschaffen kann. Zumahl da ich theils durch die unübersteiglichen Hinderniße, die man bishero meinen Bemühungen in den Weg geleget hat, theils aber durch den leidigen Krieg gäntzlich ruiniret bin: und da über dieses alles, die hier wohnende Bosheit mich noch vollends auch um meine Ehre, und um meinen guten Nahmen bringen will.

Ew. Hoch- und Hochwohlgebohrl. Excellenzen erlauben gnädigst, dieser meiner unterthänigsten Bitte, auch noch die folgende beÿzufügen: daß wenn die Ausleger meiner Schreiben allenfalls scheinbahr beleidigende Ausdrücke daraus erzwingen wollen, mir zu glauben, wenn ich vor Gottes Allwißenheit versichere, daß ich nicht die allergeringste Absicht zur Beleidigung in meinen Gedancken habe; sondern daß diese schmertzhaften, und verwirrten Umstände, darin ich gegenwärtig stecke, micht nöthigen, mein gantzes Hertze auszuschütten. Es ist unbeschreiblich, was es mir für eine Ueberwindung kostet, daß ich mir so lange nicht selbst die gerechteste Gnugthuung von meinen verschworenen Feinden verschaffe, bis sie mit von Ew. Hoch- und Hochwohlgebohl. Excellenzen gäntzlich abgeschlagen wird. In der größten Hoffnung einer baldigen und gnädigsten Resolution nebst der Mittheilung derer unterthänig erbethenen Acten habe ich die höchste Ehre in tiefster Submission zu verharren


Ew. Hoch- und Hochwohlgebohrnen
Excellenzen



Göttingen am 22. Augl.
            1763.

unterthänigster Diener
Georg Moritz Lowitz



Fußnoten

  1. Welche Naturbegebenheit Lowitz untersucht hat, ist nicht bekannt.
  2. Lowitz bezieht sich hier auf sein Schreiben vom 4. August 1763, auf das er bis dahin keine Antwort erhalten hat.


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