Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Lowitz, Georg Moritz (1722-1774)
Empfänger Roth, Johann Andreas[1]
Ort Göttingen
Datum 15. April 1765
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-1, Bl. 15r-16r
Transkription Hans Gaab, Fürth


P. M.

  Dem Schneidermeister Herrn Roth wurde durch Notarium und darzu gehörigen Zeügen die folgende Nachricht in meinem Nahmen ertheilet.

Ich seÿn von verschiedenen glaubwürdigen Personen versichert worden, daß der Herr Roth mit Marien Elisabeth Beckern[2] dermahligen Köchin auf den Reitstalle, sich verlobet haben soll, mit welcher ich aber seit zweÿ Jahren bis hieher in schweren Proceße verwickelt bin, an deren Fortsetzung und Endigung mich unterschiedliche Umstände und meine, und meiner seelig verstorbenen Frauen erdultete gefährliche Kranckheiten und dieser letzteren unvermutheter Todt verhindert haben.

Mein Gewißen, und meine Pflichten verbinden mich, diesem ehrlichen Mann davon öffentliche und sichere Nachricht zugeben, damit derselbe beÿ nächst einbrechenden Folgen dieser Begebenheiten sich nicht mit der Un=

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wißenheit entschuldigen und klagen könne, daß man ihm nichts davon bekannt gemachet habe, so ist ihm die Versicherung zuertheilen, daß ich nicht allein gegenwärtig diese Proceße auf alle nur mögliche Arten, und mit dem größten Eifer forttreiben, sondern auch von seiner Verlobten alle gebührende Genugthuung für ihre gottlosen Verräthereÿen, und boshaften Verschwörungen, und Verläumdungen gesetzmäßig fordern und erwarten werde.

Da sie auch zu gleicher Zeit, meine seel. Frau, und mich, theils um nach und nach entlehnte, und noch nicht zurücke bezahlte Gelder, theils aber, und zwar auf verschiedene Weise unter allerleÿ meiner verstorbenen Frau versprochenen Bedingungen, deren keine sie jedoch zuerfüllen Willens war erhaltene andere Gelder,

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Sachen und insbesondere viele Kleÿdungsstücke, welches zu Gelde gerechnet, eine Summe von beÿnahe zweÿhundert Rtr ausmachet, gottloser Weÿse betrügen will, so sehe ich mich zu seiner Zeit genötiget, diese besonderen Umstände dem Gerichte anzuzeigen, und ihr boshaftes Betragen gegen uns, als ihre ehemaligen besten und treüesten Freünde untersuchen, wie auch mir die gebührende Genugthuung verschaffen zu laßen.

Solte etwan alles dieses dem Hl Roth unglaublich scheinen, so ist ihm zum Überfluß anzurathen, beÿ einem oder dem andern Advocaten als beÿ dem Hl. D: Jaeb[3], oder beÿ dem Hl. D. Habernickel[4] die beÿde von dem Zustande der Sachen seiner Verlobten Einsichten besitzen, sich zu erkundigen, allwo er von der Wahrheit überzeüget werden kan.

Göttingen am 15ten Aprill 1765.

Georg Moritz Lowitz



Fußnoten

  1. Der Schneider Johann Andreas Roth (Rott) aus dem östlich von Göttingen gelegenen Wollershausen war am 15.09.1750 in Göttingen eingebürgert worden. Er ging am 13.06.1765 mit Maria Elisabeth Becker seine zweite Ehe ein.
    Wellenreuther, Hermann: Göttingen 1690-1755. Studien zur Sozialgeschichte einer Stadt. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1988, S. 391. Tabelle IV, Eintrag 666.
    Wagener, Silke: Pedelle, Mägde und Lakaien: Das Dienstpersonal an der Georg-August-Universität Göttingen 1737-1866 (= Göttinger Universitätsschriften: Serie A, Schriften; Bd. 17 ). Göttingen: Univ., Diss. 1994, S. 219, Fußnote 254.
  2. Maria Elisabeth Becker war seit 1762 beim Stallmeister Ayrer als Köchin angestellt. Vgl.:
    Wagener, Silke: Pedelle, Mägde und Lakaien: Das Dienstpersonal an der Georg-August-Universität Göttingen 1737-1866 (= Göttinger Universitätsschriften: Serie A, Schriften; Bd. 17 ). Göttingen: Univ., Diss. 1994, S. 472.
  3. Heinrich Christian Jaep (ca. 1718-22.07.1788) hatte in Göttingen ab 1737 studiert und wurde hier Jurist. Vgl.:
    Wähner, Andreas Georg: Tagebuch aus dem Siebenjährigen Krieg. Bearbeitet von Sigrid Dahmen. (= Quellen zur Geschichte der Stadt Göttingen, Band 2). Göttingen: Universitätsverlag 2012, S. 258.
  4. Eberhard Habernikkel (1730-1789) war Jurist in Göttingen. Zu ihm siehe: Hausmann, Frank-Rutger: Der Wiedenester Rechtsgelehrte Eberhard Habernickel (1730-1789). In: Romerike Berge, Zeitschrif für das Bergische Land, 23/3 (Dezember 1973), S. 117-119.