Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Meyenberg, Georg Philipp (1732-1791)[1]
Empfänger Deputation der Universität
Ort Göttingen
Datum 11. März 1767
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: E-38-2, Scan 48-56
Transkription Hans Gaab, Fürth

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praes. d. 11. Mart. 1767

Per modum supplicationis[2] Ge=
ziemende Vorstellung und Bitte
nebst decretmäßiger legitimation
abseiten
des Vice Sÿndici Meÿenbergs als
Anwaldes der Königl. und Churfürstl.
Manufactur Casse Klr.
wider
den gewesenen Hl. Profeßor Georg
Moritz Lowitz Bekl.

in pto
2000 Tr.

Nebst Anl: 2.

[Scan 48]

Königl. Großbrittrl. zur
Churfürstl. Braunschweig Lünebl.
Georg August Universitaets
Deputation, Hochverordnete
Herren Prorector[3], Decani
und übrige Professores
Magnifice
Hochwürdige, und Wohlgebohrne
Hochgelahrte,
HochzuEhrende Herren !


Euro Magnificenz Hochwürden, und Wohlgebl. wollen rechtsgeneigt erlauben,

/7.[4]

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daß Klagender Anwald, wider den in dieser Sache am 7ten März d. J. abgegebenen Bescheid per modum Supplicationis anzeiget,

1) Daß die ertheilte Frist ohne ordnungsmäßiger Bescheinigung der angeführten Ehehaften[5] verliehen worden.
2) daß kein terminus peremtorius[6] zur agnition[7] oder eÿdlichen diffesion[8] der in originali zu producirenden Handschrifft anberaumet ist.

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3) daß die dem Herrn Beklten nachgelassene Frist ohne allen praejudicio[9] verstattet ist.

Da die beÿden letzten Puncte sehr leicht eine Abweichung von dem mit Rechtsbestand erwählten Executiv=Proceß, oder wenigstens eine mir zum Vorwurff gereichende Verzögerung des Processes veranlassen kann, so erhellet auch daraus der Grund der Beschwerde. Gesezt es würde nach Ablauf

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der Verstatteten Frist contumacia[10] accusiret; so würde wegen Mangel des angedroheten praejudicii weder die Handschrifft für agnosciret angemommen,noch Hlr Bekl. mit seinen exceptionen[11] praecludiret[12] werden können, und die Sache wäre nicht weiter gekommen.

Es ergehet demnach an Euro Magnificnez Hochwürden und Wohlgebl. des außen rubricirten Klagenden Anwaldes gesetzmäßiges Gesuch:

  terminum ad agnos=
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  cendum vel jurato diffitendum sub poena agniti[13] anzuberaumen, und dem Hl. Bekl. zu Einbringung seiner in diesen Executiv=Proceß zulässigen exceptionen eine praejudicial=Frist sub poena praeclusionis[14] zu verstatten, auch in künftigen Bescheidt zu verfügen, daß auf bescheinigte Continuation der vorgeschüzten angeblichen Kranckheit des Herrn
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  Bekl. demselben die Original Obligation zur Agnition oder eidlichen Diffession coram Deputato[15] auf des Hl. Bekl. Kosten in deßen Hause vorgelegt werden solle, und Hl. Bekl. dieserhalb seine Kranckheit in Zeiten zu melden, und zu bescheinigen oder zu gewärtigen habe, daß in termino darauf nicht reflectirt werde.

Übrigens legimiret sich außen rubricirter Anwald

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durch die von Königl. Regierung erhaltenen, und sub nn 2. hiebeÿ gelegten Vollmacht.

Desuper nobile judicis officium humillime implorando[16]!


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[Beilage]

Demnach Königl. und Churfürstl. Manufactur= und Kloster=Casse sich gemüßiget findet, zu Wiedererlangung eines dem Professori Lowitz zu Göttingen geschehenen Darlehns von respective 2000. und 1000 Rt eine gerichtliche Klage gegen denselben zu erheben, und dann beliebet worden, die Ausführung dieser Sache dem ViceSÿndico Meÿenberg in Göttingen aufzutragen; So wird demselben hiedurch die dazu erforderliche Vollmacht ertheilet. Hannover, den 3ten Martii 1767.

Königl. Großbritl. zur Churfürstl. Brl. Lünebl.
Regierung verordnete Geheimte Räthe.

Münchhausen



Dekret der Deputation hierzu

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In Sachen Anwalds der Königl. und Churfürstl. Manufactur-Casse zu Hannover, des Herrn Vice Syndici Meyenbergs Kläger an einem, entgegen den Prof. Herrn George Moritz Lowitz, Beklagten am andern Theile wird diesem der von jenem per modum Supplicationis geziemende Vorstellung pp Copeÿ erkennet, und darauf zum Bescheid ertheilet, die weil auf Beklagtens Ersuchen die Frist auf 14. Tage, nach Empfang des Decreti vom 7. Martii d. J. nur ertheilet, und der vorher bestimmte Terminus recognitionis auf den 14 Mart gesezt gewesen, mithin nur 7. Tage dadurch gewonnen; so hat die Dilatio wol nach dem üblichen Gerichts Gebrauch simpliciter ertheilet werden können. Indessen damit klagender Anwald sich über den Verzug der Sache nicht zu beschweren Ursache habe so wird Terminus auf den 26. Mart. currentis vor Mittags um 10. Uhr aufm Concilio ad agnoscentum vel jurato diffitendum des von ihm zu producirenden Original-Documents sub poena recogniti angesezet, und die Partheÿen in solchen entweder in Person oder genungsam Bevollmächtigte zu erscheinen hiemit citiret und vorgeladen. Solte Beklagter wegen seiner vorgeschüzten Krankheit auf dem Concilio gemelten Tages zu erscheinen, nicht im Stande seÿn; so soll auf sein zeitiges Ersuchen und Kosten die recognition des Original-Documents coram Deputatio acadmice in desselben Hauße und im Beÿseÿn des Klagenden Anwalds oder dessen Substituten geschehen. Decretum in Deputatione academica Göttingen den 14 Mart. 1767



Fußnoten

  1. Georg Philipp Meyenberg (1732-1791) war Mitglied des Göttinger Magistrats und seit 1757 zweiter Stadtsekretär. Zu ihm siehe:
    Wähner, Andreas Georg: Tagebuch aus dem Siebenjährigen Krieg. Bearbeitet von Sigrid Dahmen. Göttingen: Universitätsverlag 2012, S. 268.
  2. per modum supplications: nach Art und Weise einer Bittschrift.
  3. Christian Wilhelm Franz Walch (1726-1784) war seit 1754 Professor in Göttingen. Von 03.01.1767- 02.07.1767 war er Prorektor der Universität.
  4. Aktennummer in der Designatio Actorum.
  5. Ehehaft: gesetzlich bzw. rechtsgültige Verordnung.
  6. terminus peremptorium: endgültiger Termin.
  7. Agniton: Anerkennung von Rechtsverhältnissen.
  8. Diffession: Ableugnung der Echtheit einer Privaturkunde.
  9. ohne praejudico: ohne Schuldeingeständnis.
  10. Nichtbeachtung einer gerichtlichen Ladung.
  11. Exception: Einwendung.
  12. praecludiren: jemandem die Geltendmachung eines Rechtsmittels wegen Versäumnis einer gesetzten Frist gerichtlich verweigern.
  13. terminum ad agnoscendum vel jurato diffitendum sub poena agniti: Termin zur Anerkennung oder juristischen Ablehnung unter Strafe der Anerkennung der juristischen Verhältnisse.
  14. sub poena praeclusionis: unter Strafe des Ausschlusses.
  15. coram deputato: durch einen öffentlichen Stellvertreter.
  16. Desuper nobile judicis officium humillime implorando: Das hohe Gericht möge darüber gnädigst befinden.