Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 20. Dezember 1735
Signatur UB Basel: L Ia 688, Bl. 119,1r-2r
Transkription Hans Gaab, Fürth

Nürnberg den 20 Dec A.C. 1735    

HochEdler und Hochgelährter,
Sonders Hochgeehrter Herr.
Sehrgeneigter Gönner.

Weil sich eben eine gute Gelegenheit praesentiret, daß Herr Jäger[1] an E. HochEdlen ein Schreiben mit andern Sachen abgehen lässet, als habe gegenwärtiges beyzufügen nicht ermangeln wollen, dabey der guten Hoffnung lebend, es werde eine allbereit den 19 April bey eben diesem freund abgesandtes inmittelst wohl zu Handen gekommen seyn, indeme von dem Empfang bishero nichts vernommen. Vor jezo aber habe erstlich vermelden wollen, daß ich im Monath Julio so glücklich gewesen und unvermuthet einen Tubum reflectirten Newtoniano-Hadleyanum von 4½ Schuhen, der aus London durch Nürnberg nach Wien an den Fürsten von Lichtenstein abgeschicket worden, zu sehen bekommen, aber nur en passant, jedoch hat es mich erfreuet, weil ich dergleichen Arth von Tubis noch nie gesehen; an solchen desiderium nur dieses, daß da sie gern anlauffen und die Spiegel macula unterworffen sind, der Nuzen, wo man selbige nicht zu poliren wieder weiß, nicht so erwünscht seye, als man Anfangs gehoffet. Ferner habe zu berichten wie daß ich ungefehr vor einiger Zeit über die zu Hamburg in deutscher Sprach geschriebenen Opera des berühmten Dethlevi Clüveri gerathen, und in seinen historischen Zusammenfassungen ad annum 1707. pag. 126. 127. 128. gefunden, daß A. 1707. zu Hamburg durch

[Bl. 119,1v]
eine genaue observation des Mercurius sub sole, (wie auch Hl. Römer hat behaupten wollen) in dem Transitu seye gesehen worden[2] davon die ander Hhl. Astronomi nichts wissen wollen, mögte wohl E. HochEdlen Gedanken hierüber vernehmen und eine Abschrifft, zugleich von der Römischen Observation, die ich einmahl communiciret, weil ich solche unter meinen Scripturen nicht finden kan, mir ausbitten; von andern Astronomischen Observationen verlange ich nichts mehr, weil mir nun solche observationen schon zwey Jahr lang interrumpiret worden, und nun [...][3] Datum, nachdeme mein Astronomischer Atlas gar zum Stand wird gelanget seyn, einige und allein auf die Experimentalia gerichtet, da ich nun schon 4000 Experimenta in meinen Collectionibus zeigen kan.[4] Ich habe von Hl. Prof: Celsio fast in 8 Monathen kein Schreiben mehr erhalten, mag wohl wissen wo Er sich nun befindet, bey Ihme heisset es aus den Augen aus dem Sinn, hier war Er auf das freundlichste gegen mich da ich Ihme vieles communiciret, nun denckt er nicht mehr an mich,[5]

[Bl. 119,2r]
und also hat es auch Mr. de l'Isle gemacht, der mir viel versprochen und sehr wenig gehalten, ich habe in 10 Jahren nicht mehr dann 5 Observationes circa Declinationem Magnetis von Ihm erhalten,[6] da Er mir einen großen Vorrath versprochen; nun soll mich kein frembder mehr, der hirher kommet, und wann er auch ein königl. Mathematici (wie jener) wär, fangen und mich so confident u. communicable machen, weil ich mit meiner Aufrichtigkeit schon etlich mahl einen so schlechten Danck mich Regard verdienet. Womit ich schließe und mich zu fernern Affection bestens empfehle, inmittelst unausgesagt veharrend in Eil

      Ew. Hochedlen
  Meines Hochgeehrten Herrn

ergebenster Diener      
J G Doppelmayr mpp    


Fußnoten

  1. Möglicherweise der Hauptmann Georg Christoph Jäger (1708-1767), der sich als Geometer und Kartograph einen Namen machte.
    Vgl. Grieb, Manfred: Nürnberger Künstlerlexikon, Band 2. München: Saur 2007, S. 726.
  2. Clüver, Detlev (1645-1708): Historia Observationis, oder Bericht wie den 5. Maij 1707. der Zusammenkunfft der Sonnen und des Mercurii, in Camera obscurata, durch Telescopia oder Fern=Gläser sey nachgetrachtet worden. In: Disquisitiones philosophicae: oder histor. Anmerckungen über d. nützl. Sachen d. Welt. Hamburg: Wiering 2 (1711), S. 126-128.
    Zu der Beobachtung von Römer vgl. den Brief an Kirch vom 20. Dezember 1727.
  3. Der Brief ist am rechten Rand abgeschnitten, dieses Wort fehlt.
  4. Im Brief an Bilfinger vom 12. Juni 1732 sprach er noch von 3000 Experimenten.
  5. Auf seiner Europareise hatte Celsius sich 1733 zwölf Wochen in Nürnberg aufgehalten und war dann nach Bologna weitergereist. Von dort aus ging es nach Rom, anschließend nach Frankreich.
  6. Auf seiner Reise von Paris nach St. Petersburg war Joseph-Nicolas Delisle (1688-1768) Ende 1725 in Nürnberg vorbeigekommen. Seitdem beklagte sich Doppelmayr, dass er kaum Briefe von Delisle erhalte, wobei er gelegentlich gegen Franzosen im Allgemeinen ausfällig wurde.

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