Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 21. April 1736
Signatur UB Basel: L Ia 688, Bl. 121,1r
Transkription Hans Gaab, Fürth

Nürnberg den 21. April.
A.C. 1736. 

HochEdler und Hochgelährter
Sonders Hochzuehrender Herr,
Hochgeneigter Gönner!

Ich muß vor dieses mahl, wieder meinen Willen, etwas kurz seyn weil ich dero lezt abgelassenes in Gedancken in ein Buch geleget, und solches nun nicht finden kan, inzwischen melde, soviel mir erinnerlich ist, daß der citierte Auctor, das ich undeutlich geschrieben, Joh. Bapt. Hamelius in seiner Physica gewesen,[1] der so viel Eclipses joviales statuieren will. Der casu rarrissimus bey dem zweyten Satellite so wohl in Ansehung der Emersion und Imersion davon E. HochEdlen in den edirten de l'Isleschen Ephemeridibus gemeldet ist vielleicht derjenige, quod J C. Cassini A. 1668 Bononia discessurus die 11 Jan. observaverit secundum jovialem a Jove duarum horarum spatis cum 40' a Jove tectum qui postea emersit ab ejus orientali margine et post horae minuta 4 in Jovis umbram immersus est, wie er in seinen Hypoth. u. Tabb ♃ gemeldet.[2] Ich bin jezo im Begriff die Theoriam solcher Satellitum, in einer meiner Tabellen vorzustellen dabey auch ihre motus helicales[3] in einer Figur vorkommen.[4] Belieben E. HochEdlen auch etwas dazu zu contribuiren wird es mir lieb seyn, ich bestrebe mich nun dahin daß mein Atlas coelestis endlich auch einmahl zum Stand komme,[5] da ich mich dann, wenn mir Gott Gesundheit verleihet, über meine Experimentalia machen werde;[6] vor die Nachricht wegen des neuen Russischen Astronomi nach Kamtschatka bin ich obligiret,[7] ich habe mich verwundert daß so bald sich einer gefunden, weil dieses ein unternehmen ist, dazu sich viele nicht verstehen mögen, wegen der allzu großen Reise und vielen Incommoditäten, die solchen zuwachsen. Von dem erwarteten Cometen haben wir in hiesigen Gegenden noch nichts zu sehen bekommen, wird auch wohl verbleiben, von Hl. Celsio habe auch bishero nichts mehr gehöret, und sollen seine von hier aus geschickte Sachen auch allda im faulen stehen, bey Ihme heisset es aus den Augen aus dem Sinn, und dencket er an die Ihm erzeigte Gefälligkeiten nicht mehr und machet es, wie es die Welt machet,[8] aber Gedult! weil Herr Hoffrath Goldbach in E. HochEdlen Schreiben meiner im besten gedacht, so habe Ihme mit einem Brieffe meine Ergebenheit zeigen wollen, welches Ihme bey Gelegenheit mit zuschicken bitte, da es von Berlin öffters Gelegenheit nach Petersburg giebet.[9] Inmittelst übersende versprochener massen ad interim ein paar Zettul von unsern hiesigen Globis, wenn mehr von nöthen sind, werde bey einer andern Gelegenheit eine ganze squadron schicken. Womit mich zu fernern Affection bestens empfehle und allstäts verharre

    Ew. Hochedlen
meines Hochzuehrenden Herrn

ergebenster diener    
JG Doppelmair.  



[Bl. 127,3r]

Beilage[10]

Denen Liebhabern der Geographie und Astronomie, wird in gegenwärtiger Nachricht bekandt gemacht, daß anjetzo gantz neue Globi, welche man unter der Directone Tit. Herrn Johann Gabriel Doppelmayrs, Mathemat. Prof. Publ. in der Grösse eines Diametri bey 13 Nürnbergischen Zollen, oder eines starcken Rheinländischen Schuhes, wie auch kleinere von 8. Zollen, ausgefertiget, in Nürnberg zu haben.

Die Geographie, die sich auf dem Globo terrestri zeiget, ist nach den neuesten und besten Observationibus, die aus vielen Correspondentzen, allerhand hiezu dienlichen Wercken, dann auch aus sichern Nachrichten verschiedener Voyageurs, eine geraume Zeit gesammelt worden, richtig angeordnet, ferner auf selbigem eine und die andere, so wohl alte als neue Seefart um die Welt, angedeutet, und etwas, so zuverläßig, von neuen Entdeckungen mit angebracht, dabey jede Erd-Länge, gegen der Insul Fer, der äußersten unter den Canarischen Insuln, durch welche der Meridianus primus in solchen Globo gehet, ihre Relation hat.

Der Himmels-Globus stellet den Situm aller sichtbaren Sternen, in denjenigen Längen dar, wie sie sich zu Anfang des 1730sten Jahrs eigentlich zeigen, da man solche aus des Hochberühmten Astronomi in Dantzig, Herrn Johannis Hevelii, Catalogo fixarum, nach dieser Zeit determinirt; man findet auch auf selbigem, den Lauff der bekandtesten Cometen, die sich von des Tychonis Zeiten bis auf die unserige haben observieren lassen, bemercket.

[Bl. 127,3v]
Diese Globi sind dauerhafft, wohl illuminirt, mit guten meßingen Meridianis, Circulis horatiis, Quadrantibus Altitudinis, auf dem Horizont mit dem neu verbesserten und ebenfalls mit dem Gregorianischen, auch Julianischen Calender, versehen, und bey Johann Georg Puschnern, Kupfferstechern in Nünrberg, auch bey Peter Conrad Monath, Buchhändlern in Wien und Nürnberg, zu haben.

Ferner sind, bey mir J. G. Puschnern um einen billigen Preiß zu haben: Sphaerae armillares, in der Größe der oben beschriebenen Globorum, so wohl von Meßing, als Papier schön und sauber verfertiget.

Es sind auch allerley Mathematische und zu Phisicalischen Experimenten gehörige Instrumenta accurat und sauber, um billigen Preiß zu überkommen.


Fußnoten

  1. Duhamel, Jean Baptiste (1624-1706): Operum philosophicorum tomi duo. 1. Astronomia physica. Nürnberg: Johannes Zieger 1681.
    Vgl. den Brief an Kirch vom 10. Februar 1736.
  2. Cassini, Giovanni Domenico: Les hypothèses et les tables des satellites du Jupiter, reformées sur de nouvelles observations. Paris: Imprimrie Royale 1693.
    Doppelmayr bezieht sich auf das Beispiel auf S. 103: "Anno 1668. die 11. Januarii Bononia discessurus rerissimam ibi observationem nactus sum secundi Jovis satellitis, qui cum Jove spatio duarum horarum cum 40 minutis tectus fuisset, emersit ab ejus orientali margine, & post horae minuta quatuor in Jovis umbram imersus est hora post meridiem 8.8': emersit autem ab umbra hoar 10 46'."
  3. motus helicales: spiralförige Bewegung.
  4. Es handelt sich um die Karte 14 im Himmelsatlas von 1742: Theoria Satellitum Jovis in qua praecipua horum planetarum secundariorum Phaenomena geometrica designatione sistuntur.
  5. Doppelmayrs Himmelsatlas kam erst 1742 bei Homanns Erben heraus.
  6. Zu einer Veröffentlichung dieser angesammelten Experimente kam es nicht.
  7. Die akademische Gruppe der zweiten Kamtschatkaexpedition war bereits 1733 aufgebrochen. Mit astronomischen Messungen war Louis De l'Isle de la Croyère (1690-1741) betraut worden, der jüngere Bruder von Joseph-Nicolas Delisle (1688-1768). Sein Name taucht im Bericht über die geplante Expedition nach Kamtschatka auf, der in den Neuen Zeitungen von gelehrten Sachen vom 2. November 1733 (Nr. LXXXVIII, S. 777-781) steht. Er dürfte also Doppelmayr wohlbekannt gewesen sein. Auch der Geodät Andrej Krasil'nikov (1705-1773) nahm astronomische Vermessungen vor. 1735 wurde jedoch eine Erweiterung der Expedition beschlossen und man suchte noch einen weiteren Astronomen. Goldbach diskutierte das Thema intensiv mit Christfried Kirch in zahlreichen Briefen. Im Gespräch waren sowohl Johann Albrecht Klimm als auch Kirch selbst, doch zerschlugen sich beiden Möglichkeiten, es wurde kein weiterer Astronom nach gesandt.
    Im Brief an Kirch vom 10. Februar 1736 hatte Doppelmayr um Auskunft gebeten, wer ausgewählt worden sei.
    Vgl. Juškevič, Adolf Pawlowitsch; Kopelevič, Judith Chaimovna: Christian Goldbach 1690-1764. Aus dem Russischen übersetzt von Annerose und Walter Purkert. Basel, Boston, Berlin: Birkhäuser 1994, S. 77
    Ich danke Wieland Hintzsche für freundliche und hilfreiche Auskünfte.
  8. Celsius hatte Doppelmayr auf seine Europareise 1733 besucht und war dann nach Italien weitergereist, von da aus nach Frankreich. Aus Frankreich scheint Doppelmayr keine Briefe mehr von ihm erhalten zu haben.
  9. Diesem Brief war der Brief an Goldbach von gleichen Tag beigelegt.
  10. Diese Beilage ist im Band der UB Basel dem Brief Doppelmayrs an Kirch vom 19. Juli 1738 beigebunden, in dem jedoch im Gegensatz zum vorliegenden Brief keine Rede von den Werbezettel für die Globen ist.