Briefwechsel Johann Heinrich Müller


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Müller, Johann Heinrich (1671-1731)
Empfänger Scheuchzer, Johann Jacob (1673-1733)
Ort Nürnberg
Datum 5. Juni 1706
Signatur ZB Zürich: Ms H 298, S. 129-131
Transkription Hans Gaab, Fürth

Vir Nobilissime atque Excellentissime

Auf dessen gestriges von Hl. D. Volkamer[1] erhaltenes Schreiben habe demselben 13 fl 15 x bezahlet. Der Rest, den ich M. Hochgeh. Hln. wegen der Schweizerischen Naturgeschichten[2] noch vom vergangenen Jahr 1705 zu thun bin, war beim Beschluß des Jahrs 2 fl 48x. Nun aber, nachdem in dem lezten Pacquet, benebenst der continuation dieses Jahrs, noch zwey ganze Exemplar vom vorigen Jahr mitkommen, deren jeder 1 fl 18 x, u. also beede 2 fl 36 x. machen, so belaufft sich der sämtliche Rest des vorigen Jahrs auf 5 fl 24 x. Indeme ich nun Hl. Volkamer 13 fl 15 x bezahle, so ergiebt sich, daß ich hiemit 7 fl. 49 x avanciret habe, welches Geld, ohngeacht ich es gar nöthig brauche, so habe doch auf Begehren damit dienen wollen. Denn von jezig laufenden Jahr habe noch gar nichts empfangen, werde auch eher nichts empfangen, es mit derselben Endigung, weil ich, nach M. Hochgeehrtl.

[S. 130]
eigenen Vorschlag, allerseits consorten zu verstehen gegeben, daß man die Bezahlung bis zu End des Jahrs uns könte lassen anstehen, es welches auch um der Rechnung willen, u. andre Ausgaben für die Post u. d. g. begehr mer ist.

Von der ☉ Finsterniß[3] ist mir leid, daß ich noch nichts communiciren kan, massen ich im Werck begriffen, mein Inaugural- Oration[4] samt der observation der ☉ Finsterniß, auch der vorhergegangenen ☽ Finsterniß,[5] u. dann auch meins Hln. Schwagers Observation der ☉ Finsterniß von 1699[6] samt einigen Programmatibus, davon ein Exemplar von einem hiemit überschicke, in einem fasciculum zusammen drucken zu lassen. Und weil dann bey dieser Observation die Ehre gehabt, nicht nur viele Herren des Raths, sondern auch der Herrren Gesandten des fränkischen Crayses Ihre Gegenwart auf dem Observatorium zu genießen. So möchte nicht gerne, daß eher etwas hievon kundt würde, als bis es zuvor diese hohen Herren testis gesehen.

[S. 131]
So viel finde ich aber aus meinem schemate, daß sie hier bey uns allerdings central gewesen. Zu Wien, schreibt mein Bruder, habe es den ganzen Tag geregnet, doch sey es um die Zeit der Finsterniß so gar finster nicht worden, daß er nicht noch hätte seine kleine Schrifft in den Land-Charten lesen können. Muß also daselbst nicht total gewesen seyn. Von Frankfurt am Mayn hat auch ein Buchführer seine eigene Observation an einen guten freund überschicket, welche hierinnnen besteht, daß der Anfang daselbst gewesen um 8 Uhr 59 Min. die größte Verfinsterung nach 9 Uhr 53 Min. das Ende nach 11 Uhr 12 Min. Und so viel ich aus dessen zimlich ruden Schemate habe ersehen können, so ist die Sonne kaum über 11 Zoll verfinstert worden. Ubriegens bitte gleichfals um communication wenn aus Italien, Frankreich und anderste staaten hievon einkommen solte. Hiemit verbleibe unter Göttl. Schuz an Hochgeehrtl. Hl. u. Patron

Nürnberg ♄ 5 Jun. 1706.

Ergebenster diener   M. J. H. Müller P. P.

NB. Es waren viel curieuse Umstände bey der Finsterniß zu merken, als z. E. ein lichter Ring um die Sonne, in der größesten Finsterniß, ein dünner Nebel, eine aurora etc. wovon zu seiner Zeit weit mehrers.


Fussnoten

  1. Johann Georg Volkamer der Jüngere (1662-1744) war Arzt in Nürnberg.
  2. Von 1706 bis 1708 brachte Scheuchzer die Beschreibung der Natur-Geschichten des Schweizerlands heraus.
  3. Am 12. Mai 1706 war zum bis heute letzten Male direkt in Nürnberg eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten.
  4. Oratio De Utilissima Physicae Tractatione; dicta publicè Norimbergae d. 16. Dec. 1705. Cum Professionem Physices ibidem auspicaretur; Descriptio Observationis Eclipseos Solis Totalis An. 1706. d. 12. Maij in Observatorio Norico Habita. Nürnberg: Christian Sigismund Froberg 1706.
  5. Am Mittwoch, den 28. April 1706 war eine partielle Mondfinsternis zu beobachten.
  6. Am 23. September 1699 fand eine Sonnenfinsternis statt, die von Müllers "Schwieger" Georg Christoph Eimmart beobachtet wurde. Müller hat diese Beobachtung in seinem Aufruf zur Beobachtung der Sonnenfinsternis vom 12. Mai 1706 abgedruckt (S. 41f.).