Briefwechsel Johann Heinrich Müller


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Müller, Johann Heinrich (1671-1731)
Empfänger Scheuchzer, Johann Jacob (1673-1733)
Ort Nürnberg
Datum 25. Januar 1708
Signatur ZB Zürich: Ms H 298, S. 147-149
Transkription Hans Gaab, Fürth

Vir Nobilissime atque Excellentissime
Dn. Fautor & Patrone Honoratissime!

Aus dessen leztem vom 28 Dec. 1707 habe unser Conto ersehen, welches ich übermachen werde, so bald das Geld werde eincassiert haben. Es ist aber an dem, daß der Jahrgang selbst noch lange nicht complet ist, denn nachdem solcher bis N. 26 inclusivè gelanget, so ist der Zeit weiter nichts eingekommen, als ein fragmentum von Hl. D. Lochner,[1] von N. 33 bis 36, u. ist also noch ein [partus???] von 26 bis 33., und dann der ganze Rest von 36 bis zum Ende.[2] Ich weiß nicht, was die Ursach seÿn muß, ob vielleicht die Wege wegen des sehr bösen u. ungewöhnlich gelinden regnerischen Winter-Wetters vor die Fuhrleute impracticabel worden? Im Übrigen gratulire nunmehro zu dem vorhabenden Opus iter.[3] von dessen applausu apud eruditos ich aus denen bißherigen Schedis viel gutes venirire. Von der Sphaera Copernic. zu Altorff[4] ist kein Exemplar mehr vorhanden, wol aber ein gedrukter Bogen, da usum illius in etlichen curieusen Probl. verfasset, dar-

[S. 148]
von, auf Begehren, mit einem Exemplar könnte aufwarten.[5] Aber die natürliche Distanz u. Grösse hat unmöglich können probahtest werden, weil die machina gar zu ungeheuer [groß] hätte werden müssen. Sie ist von meinem Seel. Hl. Schweher[6] mehrentheils mit eigener Hand verfertiget worden, u. sind ihm dennoch von denen Liebhabern, denen er es zu Lieb gemacht, 100 ducaten darvor bezahlet worden. Ich habe noch unterschiedliche partes und fragmente zu einem neuen Exemplar vorhanden, und möchte endlich wol von hiesigen Mechanicis noch eines dergleichen nachgemacht werden. Die besagten fragmente sind aber deßwegen von meinem Hln. Scheher gemacht worden, damit er noch ein Exemplar verfertigen könte, wenn ihm Gott Zeit u. Leben gelassen hätte.

Leztens bin ich für die bezeugte condolenz[7] sehr verbunden, u. wünsche daß der liebe Gott dieselbe dergleichen Betrübnis nicht wolle erfahgen lassen, massen sie eine von der allergrößten u. empfindlichsten auf dieser Welt ist; viel mehr wolle er dieselbe

[S. 149]
dieses neue angefangene u. noch viel unzehlige Jahre in erwünschter Gemüths-Ruhe u. Leibs-Gesundheit zu grossen Nuzen der gelehrten Welt erhalten. Hiemit verbleibe unter Göttl. Gnaden Ergebung

Celeberrimi Nominis Tui

☿ 25 Jan. 1708.

P. S. Der Einschluß nach Lübeck ist zu recht bestellet worden. Von Hln. D. Baiers Lithographia[8] hat man schon längst gesagt, daß die Kupfer darzu fertig seÿen, weiß aber nicht warum er bißhero nicht zum Vorschein komt.

studiosissimus  
M. J. H. Müller P. P.


Fussnoten

  1. Michael Friedrich Lochner (1662-1720) war Physicus in Nürnberg und seit 1695 Korrespondent von Scheuchzer.
  2. Von 1706 bis 1708 brachte Scheuchzer die Beschreibung der Natur-Geschichten des Schweizerlands heraus.
  3. 1708 brachte Scheuchzer in London seine Itinera alpina tria heraus.
  4. 1680 hatte Eimmart ein copernicanisches Planetarium anfertigen lassen, das von Nürnberger Kaufleuten angekauft und der Universität Altdorf zur Verfügung gestellt wurde.
  5. Johann Christoph Sturm verfasste ein Vorwort zu einer ausführlichen Beschreibung des copernicanischen Planetariums durch Eimmart und brachte diese Schrift 1695 heraus. Eine Abbildung des Planetariums findet sich darin allerdings nicht. Entwürfe für das Planetarim enthält der Band 43 des Nachlasses von Eimmart.
  6. Mit Schwager wurde damals auch der Schwiegervater bezeichnet.
  7. Maria Clara Eimmart, Müllers Ehefrau, war am 28. Oktober 1707 gestorben. 14 Wochen vorher hatte sie einen Sohn zur Welt gebracht, der aber nur 10 Wochen alt wurde. Maria Clara starb am Kindbettfieber. Scheuchzer hatte sie bei seinem Aufenthalt in Nürnberg persönlich kennengelernt, auch sind fünf Briefe von ihr an Scheuchzer erhalten.
  8. Vermutlich gemeint:
    Baier, Johann Jacob (1677-1735): Oryktographia Norica sive rerum fossilium et ad minerale regnum pertinentium. Nürnberg: Michahelles 1708.

 © 2004 - 2024  | Astronomische Gesellschaft in der Metropolregion Nürnberg e.V. (AGN)
Datenschutz         Impressum         Haftungsausschluss