Galilei und Marius


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... mit dem Instrument Geld zu verdienen und sich für den Erfinder ausgaben.[1]

Wir müssen leider auch Galilei in diese Gruppe einreihen. Im August 1609 führte er das Instrument, das er mit Linsen aus Venedig gebaut hatte, den Senatoren der Republik vor. Auf dem Campanile von St. Markus wiederholte sich am 23. August 1609 die Szene, die sich auf dem Turm des Binnenhofs von Den Haag am 5. Oktober 1608 abgespielt hatte. Den ehrwürdigen Senatoren erzählte ihr Lektor aus der Universität in Padua, dass er dieses Wunder nur aus Kenntnis der tiefsten Geheimnissen der Wissenschaft, die er lehre, zustande gebracht habe. Die Senatoren wussten nicht, dass diese angebliche Neuheit schon vor mehr als zehn Monaten im Laden eines einfachen Brillenmachers in Middelbourg hergestellt worden war. Hatten sie tatsächlich noch nicht von diesem Instrument gehört, das schon fast ein Jahr lang als kostbare Ausrüstung in der Kunst der Kriegsführung geschätzt wurde, und das von einer überaus kompetenten Autorität wie dem Prinzen Moritz von Nassau? Oder müssen wir glauben, dass sie nur allzu gerne der Redegewandheit ihrers Cicero vertrauten, der sie durch sein rhetorisches Geschick ohne große Skrupel glauben machen wollte, dass, statt der rivalisierenden Republik im Norden, deren Unabhängigkeit und Wohlstand gerade durch den 12-jährigen Waffenstillstand gestärkt worden war, die alte Republik an der Adria sehr gut den Ruhm der Erfindung für sich beanspruchen könne?

Drei Tage später überreichte Galilei dem Dogen das Fernrohr mit dem folgenden Begleitbrief:[2]

"Durchlauchtigster Fürst,
Galileo Galilei, Euer Durchlauchtigkeit untertänigster Knecht, unablässig und mit jedwedem Eifer darauf bedacht, nicht nur der Aufgabe obzuliegen, Vorlesungen über Mathematik an der Universität zu Padua zu halten, sondern auch mit nützlichen und herausragenden Erfindungen Euer Durchlauchtigkeit außergewöhnliche Dienste zu leisten, wird bei Euer Durchlauchtigkeit vorstellig mit einem neuen Instrument, einem Fernglas, das im Ergebnis überaus verwickelter Berechnungen der Perspektive entstanden ist, welches die sichtbaren Gegenstände so nahe ans Auge heranführt und sie so groß und deutlich zeigt, dass ein Gegenstand, welcher beispielsweise neun Meilen entfernt ist, so erscheint, als wäre es lediglich eine Meile: was für jedes Geschäft und und jede Unternehmung zu Wasser oder zu Lande von unschätzbaren Nutzen sein kann; man kann damit auf dem Meere aus weit größerer Entfernung als gewohnt Schiffe und Segel des Feindes wahrnehmen, so dass wir vermögen, ihn gut zwei Stunden früher zu entdecken ...


Fussnoten

  1. "Es gab niemanden, der sich nicht für den Erfinder ausgab". Sirturus [wie Fußnote 4 auf der vorigen Seite], S. 24.
  2. [Anmerkung des Bearbeiters]: Der Brief wird hier zitiert nach Mudray, Anna (Hrsg:): Galileo Galilei. Schriften, Briefe, Dokumente. Band 2. Berlin: Rütten & Loening 1987, S. 22f. Lediglich die Rechtschreibung wurde geringfügig neueren Konventionen angepasst.