Galilei und Marius


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... als er uns, die Anzahl und Beschaffenheit der Schiffe auszumachen, seine Kräfte einzuschätzen, um uns zur Verfolgung, zur Schlacht oder zur Flucht zu rüsten; und gleichermaßen kann man zu Lande von einer beliebigen, auch weit entfernten Anhöhe aus oder sogar auf offenem Feld in den Festungen, Quartieren und Unterschlüpfen des Feindes jede seiner Bewegungen und Vorbereitungen zu unserem großen Vorteil erkennen und genau unterscheiden, ganz zu schweigen von anderweitigem Nutzen, den eine jegliche verständige Person klar zu erkennen vermag. Deshalb und für wert haltend, dass es von Euer Durchlaucht entgegengenommen und als überaus nützlich erachtet werde, hat er beschlossen, es Euer Gnaden zu überreichen und es Eurem Belieben anheimzustellen, in Abhängigkeit davon, ob es Euerer Weisheit günstig erscheint, weitere anfertigen zu lassen oder nicht.

Und selbiges unterbreitet in tiefster Ergebenheit besagter Galilei Euer Durchlaucht als eine der Früchte der Wissenschaft, die er seit nunmehr 17 Jahren an der Universität zu Padua betreibt, in der Hoffnung, Euer Durchlaucht eines Tages noch größere darzubieten, so es dem Höchsten und Euer Durchlaucht gefällt, dass er, nach eigenem Wunsche, den Rest des Lebens in Euer Gnaden Dienste verbringe. Mich untertänig vor selbiger verneigend, erbitte ich von der Himmlischen Majestät alles erdenkliche Glück für Euer Gnaden.
"

Am nächsten Tag gewährte der Senat Galilei die Gratifikation, die er geschickt in seinem Begleitbrief als am besten geeignet angedeutet hatte: Sein temporäres Einkommen, das er in Padua erhielt und das in einem Jahr ablaufen würde, wurde ihm am selben Tag als lebenslängliches Gehalt gewährt, zusammen mit einer Erhöhung von 520 auf 1000 Florins.[1]

Die Nachricht von diesem Ereignis verbreitete sich schnell. Zwei Tage später schrieb Lorenzo Pignoria[2] aus Padua an Gualdo[3] nach Rom:[4] "Wir haben keine Neuigkeiten außer der Wiederwahl unserer Lektoren, unter denen es Galilei gelungen ist 1000 Florin lebenslänglich zu erhalten. Man sagt der Grund sei ein Fernglas, ähnlich dem, das aus Holland an Kardinal Borghese geschickt wurde. Wir haben einige gesehen, die wirklich einen guten Eindruck machen und kommen damit schon sehr gut zurecht."

Ein toskanischer Agent, Giovanni Bartoli, schrieb an Belisario Vinta[5] den Sekretär der Großherzogs:[6] "Hier ist (am 22. August) eine Person angekommen, der dem Senat das Geheimnis des Fernrohrs offenbaren möchte, eine Röhre oder ein anderes ...


Fussnoten

  1. [Anmerkung des Bearbeiters] Für den bei Oudemans und Bosscha zu findenden Zusatz "de 6,4 lires la piéce" wurde bislang keine passende Erklärung gefunden.
  2. [Anmerkung des Bearbeiters] Der Jesuit Lorenzo Pignoria (1571-1631) veröffentlichte in Padua Bücher zur Archäologie und schreib Gedichte.
  3. [Anmerkung des Bearbeiters] Paolo Gualdo (1553-1621) war Priester an der Kirche von San Antonio.
  4. Berti, l.c., S. 1792, Fußnote 1. [Vgl. auch Moll, S. 487]
  5. [Anmerkung des Bearbeiters] Belisario Vinta (nicht Vinto, 1542-1613) war Sekretär des Großherzogs von Florenz.
  6. [Anmerkung des Bearbeiters] Brief von Giovanni Bartoli an Belisario Vinto vom 22. August 1609, abgedruckt in: Le Opere di Galileo Galilei. Edizione Nazionale, Vol. X. Florenz: Barbera 1934, Nr. 227, S. 250.
    Eine auszugsweise englische Übersetzung findet sich in:
    Sluiter, Engel: The Telescop before Galilei. Journal for the History of Astronomy, 28 (1997), S. 223-224, hier S. 231.