Briefwechsel Johann Carl Rost
Kurzinformation zum Brief | Zum Original |
Autor | Rost, Johann Carl (1690-1731) |
Empfänger | Kirch, Christfried (1694-1740) |
Ort | Nürnberg |
Datum | 30. April 1729 |
Signatur | UB Basel: L Ia 720, Bl. 158r-v |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
HochEdler und Hochgelahrter
Hochgeehrtester Herr,
Hochgeschätzter Gönner.
Ew. HochEdl. haben mich sowohl durch die in Ihrem werthesten Schreiben letzlich communicirte angenehme observata,
als auch den abermahls hochgeneigt überschickten Astronomischen Calender[1] zu geziemenden Danck verpflichtet.
Es sollen mir solche zum Denckmahle meiner Verbindlichkeit seyn,
die ich auf alle Weise zu erfüllen bereit bin,
wo Ew. HochEdl. nur hiezu beliebigen Anlaß ertheilen mögen.
Hiernächst unterstehe mich, Ihnen gegenwärtige geringe Astronomica vorzulegen,
die ich inzwischen bestreiten konte.[2] Ich wünschte daß die neuliche
total ☽ Finsterniß vollkommen hätte angemercket werden können;
so aber mußte ich mit dem begnügen, was vergönnt war.[3]
Auf dem hiesichen Observatorio sind die Anstalten so vortrefflich dazu gewesen,
daß noch vor Anfang der Eclipsis die Uhr ins stehen gerathen,
mithin so fort gar weiter nichts gethan worden;[4]
auch ereigneten sich sonst noch mancherley burlesquen dabey. Die Emersio 1tes Satell. ♃, so
etliche Stunden zuvor geschahe, hat mich wegen des damahlen reinen Himmels
am meisten contentirt. Herr de l'Isle[5] hat aus etlichen von den meinigen
mit seine Petersburgischen correspondirenden dergleichen observationen,
die Differentiam Meridianor. zwischen hier und dar in temp. 1.h 16.' 12'' hergeleitet.
Aus der von Ew. HochEdl. den 16 Febr. 1728 notirten Emersion 1tes Satell. 9.h 50.' 43'' und
der meinigen 9.h 42.' 24'', bey der ich ratione discrepantiae Longitudinis
Tuborum bereits 8'' subtrahirt, kriege ich unsere differentiam
[Bl. 158v]
merid. 8' 18'': und aus der Immersione 2ten Satell. d. 5 Nov. nach
Ew. HochEdl. 11.h 26.' 26'' gegen der meinigen 11.h 18.' 34'',
wozu wieder 8'' addirt sind, ergibt sie sich 0. 7.' 52''. Wie diese Differenz
vordem sonst aus andern observationen ausgefallen, weis ich nicht, da ich solcher doch gerne
kundig wäre. Solte ich dereinst wieder einmahl die Ehre haben,
von Ew. HochEdl. einige Zeilen zu erhalten:
so ersuche höflich, mich zu berichten,
auf welche Tubi=Länge die aus den Cassinischen[6] oder
Poundischen Tabulis[7]
berechneten Eclipses circumjovialium sich rapportiren,
wenn sie mit dem facto sollen conferirt werden.
Inmittelst recommendire mich zu Dero ferneren gütigen Wohlwollen,
der in beständigem Eifer beharre
Ew. HochEdl.
Meines Hochgeehrtesten Herrn
und Hochgeschätzten Gönners
Nürnberg d 30 Apr.
1729.
gantz ergebenster diener
J C Rost. Dr.
Beilage
Astronomische Beobachtungen Januar 1728 bis April 1729
Fußnoten
- ↑ Seit 1702 gab Gottfried Kirch den Astronomischen Kalender heraus, der von seinem Sohn fortgeführt wurde. Vgl. den Eintrag zu Gottfried Kirch im Biobiliographischen Handbuch der Kalendermacher von 1550 bis 1750.
- ↑ Siehe die Beilagen. Rost bespricht sie bereits im vorigen Brief vom 21. September 1728, hat sie damals aber noch nicht vollständig ausgearbeitet, zudem kommen einige Ergänzungen hinzu. Sie finden sich auch in den Neuen Zeitungen von gelehrten Sachen, Nr. 93 vom 18. November 1728, S. 882f..
- ↑ Rosts Beobachtungen der totalen Mondfinsternis vom 13. Februar 1729 stehen in den Neuen Zeitungen von gelehrten Sachen, Nr. 37 vom 9. Mai 1729, S. 339f.
- ↑ Bezüglich der Mondfinsternis vom 26. März 1736 schrieb später Adelbulner: "Unser Hl. P. hat selbige zwar observiren wollen; allein es blieb zu seinem größten Glück die Uhr stehen". Gemeint ist hier ebenfalls Doppelmayr, vgl. den Brief von Adelbulner an Kirch vom 4. Mai 1736.
- ↑ Der französische Astronom und Kartograph Joseph-Nicolas Delisle (1688-1768) hielt sich damals in Petersburg auf und stand offensichtlich mit Johann Carl Rost in Briefkontakt.
- ↑ Cassini, Giovanni Domenico: Les Hypotheses et les Tables de Satellites de Jupiter. Paris 1693
- ↑ James Pound (1669-1724) war ein englischer Geistlicher und Astronom. Seine neuen Tabellen finden sich in den Philosophical Transactions 30 (1717), S. 1021-1034.