Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Johann Philipp Andreae (1699-1760)
Empfänger Grundherr, Carl Sigmund Ferdinand (1694-1763)?
Ort Nürnberg
Datum 21. Oktober 1733
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 251-252
Transkription Hans Gaab, Fürth

Wohl Gebohrner, Gnädiger Herr !

Es ist mir gestern wegen deß [von] mir producierten Pro Memoria[1] noch beÿgefallen, daß ich deß Glücken[2] seine böße Verrichtung, so er mir in seiner Nota an handen gegeben, und die Kauffmannsgüther auch Gleithszettul nebst den vermeintl: gerechtsamen in dem Heylsbunner Hoff schon vor 3½ Jahren Ihro Gnaden Hl. Christoph Michael Kressen[3] in seiner Behaußung beÿ St. Laurentzen angezeigt, und zwar folgender Gestalten. Der hiesige Pergamenter Förch[4], beÿ welchem sehr offt der Hl: Zollverwalter Willius und Salzverwalter Hellmuth von Schwabach[5] miethen, diese 2: Herrn müßen dem Förchen hinter bracht haben, daß dieser Glück dergl: vorhabe, so kam ich einmahl zu ihme hin einen guten Freund nahmens Weber zu besuchen, da dann dieser Förch mir ansagte, daß eine Persohn, so in der Cotton Fabrique in Schwabach gewesen, wöchentl: 2. biß 3: mahl herein komme, und beÿ dem Gerg, und andern Wirthen gar genaue Achtung gebe, wann die Fuhrleuthe aufladeten, umb zu recognoscieren, was die Güter für Gewicht halten, worauß dann ein verständiger Kauffmann beÿläuffig leicht schließen kan, ob seine wahren darinnen sich befinden, damit Er so dann diese auf den Zollstädten attaquiren könne, wie er sich dann auch jederzeit zu Frankfurther Meßzeiten gar fleißig hier eingefunden, umb die Gleithszettul außzuspionieren, in Summa, daß Er alles was in dem Pro Memoria begriffen, Er selbsten practiciert und angegeben hat, onerachtet aber dieses habe ich es doch bleiben laßen, und dieses Pro Memoria nicht übergeben, noch mich damit eingelaßen wie Er es selbsten sagen wird, wann Er anderst nicht als ein böser Mann sein Gewißen beflecken will, und im überfluß ist dieses auch mit dem Geh: Raths Collegio zu bezeugen; daß aber dieser böße Mann mir dasjenige zumeßen will, was seine eigene Sache ist, das bewundere ich gar nicht, indeme sein thun und laßen weltkündig; Ihro Gnaden Herr Kreß werden sich noch gar wohl zu entsinnen wißen, daß ich solches gemeldet, wie dieser Mann solches vorhätte zum Schaden der Stadt und Kauffleuthe; und wird der Försch auch sagen können, daß Er mit solches hinterbracht, und gemeldet, ich solle dieses referieren an gehörigen Orthen, dieses habe in Unterthänigkeit zu berichten nicht unterlaßen wollen.

Euer Wohlgebohrn und Gnaden haben nochmahlen die Gnade für mich, daß doch die Sache einmahl zu ende gehe, umb nicht gar wie ein Hund crepieren zu dörffen, ist mir eine mehrere Straffe zu erkandt, so bitte mir so viel, daß ich auf einige Tage relapiert werde gegen Caution, ich werde mich als ein gehorsamer Burger wider einfinden, ich weiß nicht mehr zu bleiben oder zu dauren, indeme gestern abends wider eine solchen Paroxysmum[6] gehabt, der mir solcher gestalten zugesetzt, daß es bald mein leben gekostet hätte, wie es der Eisenmeister und seine Mutter selbsten sagen werden, wann sie mit gutem Gewißen reden wollen, ich bitte umb das leÿden Jesu Christi willen nur umb eine kleine Hülffe und Gnade, damit nicht gar elendigl: crepieren müße; und bitte mir dieses zu erwägen, daß ich, wann in der grösten Noth stehe, keinen Menschen umb mich habe, der mir nur einen Tropfen Wasser reichete, habe Euer Wohlgebohrn und Gnaden noch einen Gnadenblick übrig, so flehe ich sie darum an, ich stelle mich nicht, sondern es zeigt solches die tägl: Erfahrung in Erwartung einer Gnädigen Antwort verbliebe jederzeit mut unterthänigstem Respect

Euer Wohlgebohrn und Gnaden

é Carcere den 21: Octobris: 1733:

unterthänigster
Joh. Philipp Andreae


Fußnoten

  1. Bei einer Hausdurchsuchung war bei Andreae eine mit Pro Memoria überschriebenen Bewerbung Andreaes auf die Stelle des verstorbenen Agenten im Heilsbronner Hof gefunden worden.
  2. Johann Paul Glück stammte aus Reichelsdorf. Im Verhör vom 19.10.1733 sagte Andreae über ihn, es "wäre eine bekannte Sache, daß dieser schon 4. Jahre mit dem Zollwesen, von denen hier abgehenden Kaufmanns Güthern, umgehe, auch lange Zeit alle Sonnabend hier gewesen seÿe und obacht gehabt habe, was von dergleichen abgeführet worden." In den Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calendern für 1747, 1748 und 1754 wird er als ist er als Zoll-Commissarius verzeichnet. Falckenstein verzeichnet ihn 1740 als Zoll-Inspector und 1756 als "Zoll-Commissarius von 4. Ober=Aemtern". Glücks Tochter Sybilla Helene kaufte 1764 um 6600 Gulden das Haus in der Königstraße 2 in Schwabach. Auch hier wurde der Vater als Zollkommmissar bezeichnet. Nach Schuhmann war er von 1765 bis 1770 Oberzollkommissar in Schwabach.
    Verhör Andreae, 19.10.1733, Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 239
    Dehm, Karl; Heckel, Gottlob: Häusergeschichte der Altstadt Schwabach. Schwabach 1970, S. 256
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1740, S.28
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1756, S.83
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1747, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1748, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1754, S. 62
    Petzold, Johann Wolfgang: Chronik der königlich bayerischen Stadt Schwabach. Schwabach: Theodor Mizler 1854, S. 139
    Schuhmann, Günther: Die Deliciae topogeographicae Noribergenses und ihre Verfasser. Jahrbuch für fränkische Landesgeschichte 19 (1959), S. 493.
  3. Christoph Michael Kress (1671-1752) war später Ratsherr und Bürgermeister.
  4. 1710 wurde der Pergamenter Jacob Förch Genannter des Größeren Rats der Stadt Nürnberg. Er soll allerdings bereits 1716 gestorben sein. Andreae könnte hier seinen Sohn gemeint haben. Vgl. Roth, Johann Ferdinand: Das Verzeichnis aller Genannten der Größeren Rats zu Nürnberg. Nürnberg 1802 / Neustadt a.d. Aisch 2002, S. 152.
  5. Diese beiden Schwabacher Person konnten bislang nicht näher identifiziert werden.
  6. Paroxysmus: Anfall, wo eine Krankheit besonders schlimm ist.