Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Andreae, Johann Philipp (1699-1760)
Empfänger Löffelholz, Johann Carl (1673-1756)
Ort Nürnberg
Datum 5. Februar 1734
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 441-442
Transkription Hans Gaab, Fürth

Wohlgebohrner, Gnädiger Herr !

Vergangenen Mitwoch habe Ihro Gnaden Hln. Volckamer[1] geschrieben, und gebetten mir zu erlauben, daß der Not. Bleul[2] oder welcher es seÿe mit mir sprechen dörffe, weilen an Ihro Durchlaucht Herrn Herzog von Würtemberg[3] schreiben solle, wegen meines seel. Vatters, indeme Er als 18.Jähriger HoffPrediger[4] durch die Grävenizische Familie[5] verfolget, und ungerechter weise auch umb 16000: fl: gebracht worden, so diese Famille an sich gezogen, da nun dieser jetz regierende Herr durch offentl: Notenta alle diejenige, so vor 20: Jahren unschuldiger weise zu schaden gekommen, erinnert,[6] solches schrifftlich oder in Persohn verpittschirter[7] Ihme selbsten zu Handen zu lieffern, habe ich also beÿ solchen umständen höchstnöthig solches zu bewerkstelligen, zumahlen weltkundig, daß mein Vatter seel: unschuldiger weise von dieser Famille verfolgt, und Ihme das seinige eingezogen haben, gelanget also meine demüthige bitte an Euer Gnaden dieserwegen mit Ihro Gnaden Hl: Volckamer und Hl: Ebner[8] zu sprechen, daß diese Erlaubnus erhalte, umb die anzeige hievon in tempore zu thun, da ohne dem in dem Patent ein Termin praefigiert worden, und nichts verabsaumet werde.

Auch bitte doch abermahlen umb Gottes willen diese InquisitionsSache, welche bereits 36: wochen währet zu poussieren[9], damit doch einmahlen Schluß erfolge: absonderlich kommt es ja einig und allein auf die Herren Schöpfen an, befehl zu ertheilen daß die böse gottlose Truckerin[10] ihre falsche anklage mit denen gemeldeten brieffen belege, damit man sehe, ob diese infame leuthe recht haben, oder ob ich in meinen aussagen die wahrheit gespahrt; Es ist ja nur 3: stündlein auf Schwabach und kan sie in einem einzigen tag dieses verrichten, auf daß die wahrheit an das helle gebracht werde, und der entsezliche betrug dieser Cains art an das licht komme. Euer Gnaden handhaben hierinnen Recht und Gerechtigkeit, so wird Gott hier zeitlich dort aber gewiß ewig davor lohnen. Es sind ja dieser bösen leuthe ihre anklagen mit händen zu greiffen, wo Sie damit hinaußgewolt, ich offerire mich nochmahlen freiwillig, wo diese frau einen brieff von mir producieren wird, daß ich nur ein jota zu der invention, Delineation auch explication contribuiert, ja nur einen gedancken davor gehabt, biß der saubere Glück die zeichnung complet ohne umschrifft gesandt, meinen Kopf ohne einzige widerrede darzugeben, hingegen hoffe ich auch, daß weilen Sie solches nicht in stande sind zu praestieren, oder einen brieff zu producieren, daß dise zweÿ böse Eheleuthe nach Recht und Gerechtigkeit werden gestrafft werden, auß Ursachen, weilen Sie durch diese falsche anklage sich gesucht zu insinuiren[?], hingegen aber dabeÿ Einen HochEdlen Rath auf solche art hinter das licht geführt, und mir mehrer mühe verursacht: Ich flehe Euer Gnaden an, umb das blut Christi willen um Handhabung Recht und Gerechtigkeit, und zu rettung der Unschuld und verbleibe mit allem Ersinnlichen Respect

Euer WohlGebohren und Gnaden

é Carcere den 5: Februarij: 1734.

unterthänigst=Gehorsamster
Johann Philipp Andreae, Mathematicus.

Decretum in Senatu die
den 11. Februarij, A.o 1734


Fußnoten

  1. Christoph Gottlieb Volckamer (1676-1752) war seit 1704 Alter Genannter im Rat, 1708 wurde er Ratsbaumeister. 1713 wurde er älterer Bürgermeister, 1732 dritter Oberster Hauptmann. 1736 wurde er zum zweiten Losunger gewählt, 1744 wurde er vorderster Losunger.
    Fleischmann, Peter: Rat und Patriziat in Nürnberg (= Nürnberger Forschungen 31/2). Neustadt a.d. Aisch: Schmidt 2008, S. 1060-1062
    Grieb, Manfred: Nürnberger Künstlerlexikon, Band 3. München: Saur 2007, S. 1592.
  2. Gemeint ist der Notar Johann Wilhelm Bleul, der am 09.09.1762 bestattet wurde, Bestattungen St. Sebald 1755-1768, S. 64 (Scan 227), Eintrag 150.
  3. Der regierende Herzog von Württemberg war von 1733 bis 1737 Karl Alexander von Württemberg-Winnental (1684-1737).
  4. Der Vater Johann Ludwig Andreae (um 1668-1725) war ab 1692 Feldprediger gewesen, von 1694 bis 1710 dann Pfarrer in Hausen an der Lauchert. Somit war er 18 Jahre im Dienst gestanden, allerdings nicht als Hofprediger.
  5. Friedrich Wilhlem von Grävenitz (1679-1754) stand seit 1705 in Diensten des württembergischen Herzogs Erhard Ludwig (1676-1733). Seine Schwester Christine Wilhelmine (1685-1744) war der Mätresse des Herzogs und hatte am Hof großen Einfluss.
  6. Auf den 18.12.1733 ist ein General=Reskript und Edikt datiert, worin der Herzog dazu aufrief, dass sich durch Beamte betrogene bei ihm melden sollten. Andreae oder die Familie Grävenitz wird nicht direkt erwäht, doch entmachtete der Herzog diese Familie. Das Edikt findet sich in: Reyscher, August Ludwig (Hrsg.): Vollständige, historisch und kritisch bearbeitete Sammlung der württembergischen Gesetze. Sechster Band. Tübingen: Ludwig Friedrich Fues 1835, S. 396-399. Ich danke Wolfgang Mährle vom Landesarchiv Baden-Württemberg für diesen Hinweis.
  7. verpittschirt: versiegelt.
  8. Hieronymus Wilhelm Ebner von Eschenbach (1673-1752) war seit 1729 Leiter des Vormund- und des Almosenamts wie auch Kirchenpfleger.
    Fleischmann, Peter: Rat und Patriziat in Nürnberg (= Nürnberger Forschungen, Band 31/2). Neustadt a.d. Aisch: Schmidt 2008, S. 372-374
  9. poussieren: hier: vorantreiben.
  10. Gemeint ist die Frau des Kupferdruckers Abraham Bronauer.
    Laut seines ersten Verhörs am 18.07.1733 war der Kupferdrucker Abraham Brennauer (Bronauer, Brünauer) 35 Jahre alt, wohnte in der Katharinengasse, war verheiratet und hatte ein Kind. Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 35.
    Er hatte am 12.02.1725 geheiratet: "d. 12. Febr. [1725] Der Ers. Abraham Brunnauer, Kuferdrucker, des Ers. und Kunstr. Eberhard Brunnauer, Messerschmidts Ehel. [Sohn] die Tugendsame Jgfrl. Anna Catharina, des Ers. Georg Hofmanns, Rothgießers und Verlegers Ehel. Tochter. Frühmeß", Trauungen St. Lorenz 1664-1736, S. 970 (Scan 599). Am 06.01.1727 wurde die Tochter Maria Magdalena geboren, Taufen St. Lorenz 1713-1735, S. 108 (Scan 54).
    Zu ihm siehe Grieb, Manfred: Nürnberger Künstlerlexikon, Band 1. München: Saur 2007, S. 185.