Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Andreae, Johann Philipp (1699-1760)
Empfänger Volckamer, Christoph Gottlieb (1676-1752)
Ort Nürnberg
Datum 26. März 1734
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-3, Bl. 66-67 (Original)
Germanisches Nationalmuseum Nürnberg: Merkel Hs 2o 647, S. 160-165 (Kopie)
Transkription Hans Gaab, Fürth

[Schreiben
an des Herrn Christoph Gottlieb Vol-
ckamers Herrl: vom Andreae.]

Hochwohlgebohrner, Gnädiger Herr !

Ich habe oft und vielmal umb Gottes willen gebetten, mich nicht gar zu hart gefangen zu halten, ich habe auch alles mit gröster Gedult über mich ergehen laßen, weilen mich mein Gewißen nicht gebißen, daß solche harte und lange Strafe verdient, besonders da ich der Republique nichts zu Schaden gethan, so es mit Ehrlichen Zeug belegt wird, sondern ich habe jederzeit den Nuzen befoerderen helfen wollen.

Euer Gnaden werden selbsten mit Fundament, daß ich der geringste unter all denenjenigen bin, [Seite 161][1] welche ich ihrer Diebereÿen wegen und begangenen Thaten berichtet, warum ist dann der Andreae allein so strafenswürdig, soll ich dann aller dieser ihre Sünden büßen; dieses ist mit am allerhärtesten gewesen, daß ich sehen müßen andere meinem Ungl: zusehen, welche alle diese Straffe beßer verdient, als ich; das schmerzhafteste war von mir, daß ich nicht arbeiten dörfen, mit der Frau und Kind nicht sprechen, mit Waßer und Brod speißen laßen, so allzuharte Strafe vor dergl: geringschäzige Sünden, da doch viel größere von andern begangen worden, die in Freÿheit sind.

Ich habe meine retirade[2] genommen, umb dieser Ursachen wegen, daß einmal wieder die freÿe Lufft geniesen kan; allein ich schwöre bei Gott und sage warlich, daß ich nicht das geringste, weder denen Gegnern noch [Seite 162] einem andern von allem, das ich weiß und mit mir vorgangen, entdecken werde, besonders wann ich mich dero ferneren Gnade versichert halten kan; Ich werde Ihro Gnaden als meinen werthesten Gönner getreu seÿn biß an mein Ende, nur bitte ich, damit die meinigen ernehren kan, mir einen Salvum Conductum[3] nach Schwabach zu senden, daß ich ohngekränckt gelaßen werde, sodann sollen Ihro Gnaden erst sehen und erfahren, daß Sie einen Mann haben, der sich in alles weit aussehende zu richten weiß und die schönste Consilia durch die Gnade Gottes im Stande ist zu geben, ja ich wollte fast sagen, daß keiner unter allen ihren Beamten so viel Nuzen schaffen kan, als ich; dahero ich nochmahlen theuer verspreche, daß wo Euer Gnaden [Seite 163] es beÿ des Herrn Ebners[4] Wohlgeboren und Gnaden dahin bringen werden, daß einen Salvum Conductum bekomme nach Schwabach an Christoph Bommer Bierbräuer ich augenblicklich erscheinen und mich zu Füßen werfen, als dann mit aller Treu verbleiben werde; Euer Gnaden laßen den meinigen kein Leid zufügen, ich weiß daß Sie ein rechter Vatter sind gewesen jederzeit und die mir angethane Schimpf ungerne darein verwilligt worden; allein es ist ein solcher Schimpf, welchen mir kein Mensch in der Welt wegnehmen kan, als Ihro Gnaden und Ein HochEdler Rath, ich werde nechster Tagen das mehrere berichten, inmit selbst aber hoffen, daß zu Versicherung eine schriftliche Sicherheit erhalte, gut wäre es auch, wo meine Flucht um gewißer Ursachen wegen verborgen gehalten würd, [Seite 164] weilen es als dann beßer zu tractiren, wann Sicherheit haben, jedoch aber weiß ich wohl, daß man mir auf allen Seiten nachstreben wird, allein es wird vergebens seÿn, weilen denjenigen, der sich auf Gott und sein gutes Gewißen verläßt, die eiserne Bande und Thür und Thor geoefnet werden müßen, damit das Lob Gottes vermehret werde.

Ich bin einig und allein aus Neid Einem HochEdlen Rath überantworttet worden zu creuzigen allein Gott hat mich dannoch gerettet, anjezo erwarthe ich mit gröster Begierde einen Salvum conductum; da ich dann zeigen werden, daß ich Lebenslang seÿn werde

Hochwohlgeborner gnädiger

[Seite 165]

Herr

Dero

unterthänigst-treuge-
horsamster biß in
das Grab
Johann Philipp Andreä


Ich habe Herrn Ebners Gnaden auch geschrieben und gebetten.


Fußnoten

  1. Angaben in eckigen Klammern beziehen sich auf die Kopie des Textes im Germanischen Nationalmuseum.
  2. Retirade: Rückzug, Zuflucht.
  3. Salvum Conductum: sicheres Geleit.
  4. Hieronymus Wilhelm Ebner von Eschenbach (1673-1752) diente seit 1700 dem Rat der Stadt Nürnberg.