Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Köhler, Johann Tobias (1720-1768)[1]
Empfänger Pro Memoria
Ort Göttingen
Datum 5. Mai 1763
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 69-71
Transkription Hans Gaab, Fürth


Illustri Judicio
Academico


[Scan 69]

Pro Memoria


Zu Anfang der wegen der angeschlagenen Pasquillen angestelleten Untersuchungen fiel nicht die geringste Muthmaßung auf dem Hl. Prof. Lowiz, derselbe hat sich aber dadurch beÿ mir verdächtig gemacht, daß da er vor Ostern eine Tonne von der Waldhansischen Butter von mir erhandelt und nach dem Gewichte richtig bezahlet hatte, als er vielleicht merkte, daß die Nachforschung mit Eifer betrieben wurde und vermuthlich ihn treffen würde in der Woche nach Ostern Gelegenheit nahm unvermuthet zu mir zu kommen, und vor zu geben, daß er mir noch 2. Thaler vor Butter schuldig wäre. Ich suchte ihn aus meiner Rechnung von dem Gegentheil zu überzeugen allein er blieb auf seiner Meinung und lies das Geld auf dem Tische liegen. Er hatte mich über einer sehr dringenden Arbeit gefunden, welche ich ihm auch mündlich anzeigte und dennoch nahm er den angebothenen Stuhl an und unterhielt mich über eine Stunde lang mit tausend Kleinigkeiten, ich konnte aber immer dabeÿ merken, daß er noch etwas auf dem Herzen hätte. Endlich stand er auf und an statt Abschied zu nehmen trat er vor

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[Scan 70]
mich und fragte mich mit vielen Eifer nach der Pasquillen Sache. Ungeachtet ich die Sache als eine Kleinigkeit verrächtlich tractirte, war doch seine Unterredung sehr weitläuftig und unter andern verdächtigen Reden lies er sich verlauten, daß er aus Neugierde einen eigenen Gang gethan des Hl Stallmeisters[3] eingeworfene Fenster zu sehen und daß als er von deßen Köchin[4] gehört, es seÿ ein Pasquill angeschlagen gewesen so habe er des Nachts darauf gelauret und gar bald das an einem gegenüber stehenden Hause angeleimte erblicket und sorgfältig abgemacht. etc.

Diese verdachtige Umstände habe auf ausdrückliches Verlangen einer Hochlobl. Judicii Academici schrifftlich anzeigen wollen und bin allemahl erbötig sie eidlich zu erhärten

Gottingen d. 5. Maÿ 1763

Koeler PP.



Göttingen den 27. April
            1764.

gehorsamster Diener
G. M. Lowitz



Fußnoten

  1. Johann Tobias Köhler (1720-1768) war ebenfalls Professor für Philosophie in Göttingen.
  2. Aktennummer im Pasquillenprozess.
  3. Johann Heinrich Ayrer (1732-1817) war seit 1760 Stallmeister in Göttingen, wobei er den Rang eines ausserordentlichen Professors hatte. Vgl.:
    Wähner, Andreas Georg: Tagebuch aus dem Siebenjährigen Krieg. Bearbeitet von Sigrid Dahmen. (= Quellen zur Geschichte der Stadt Göttingen, Band 2). Göttingen: Universitätsverlag 2012, S. 162, Fußnote 1075.
  4. Maria Elisabeth Becker war seit 1762 beim Stallmeister Ayrer als Köchin angestellt. Vgl.:
    Wagener, Silke: Pedelle, Mägde und Lakaien: Das Dienstpersonal an der Georg-August-Universität Göttingen 1737-1866 (= Göttinger Universitätsschriften: Serie A, Schriften; Bd. 17 ). Göttingen: Univ., Diss. 1994, S. 472.