Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Lowitz, Georg Moritz (1722-1774)
Empfänger Balck, Heinrich Eberhard (1705-1769)[1]
Ort Göttingen
Datum 17. Oktober 1763
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 8213, Bl. 63r-v, 63a, 64r
Transkription Hans Gaab, Fürth


[Eintrag von anderer Hand]
Nr. 23 pr. 19 Oct: 1763 Balck

Königlich Großbritannische zur Churfürstlich Braun-
schweig-Lüngeburgischen Landes Regeirung Höchstver-
ordnete Herren Geheime Räthe

Hoch- und Hochwohlgebohrne
Gnädigste und Höchstgebiethende Herren !


Ew: Hoch- und Hochwohlgbl. Excellences erlauben gnädigst durch gegenwärtige Zeilen ein dringendes Anliegen zu entdecken, und um gnädigste Hülfe unterthänigst anzuflehen.

  Verwichenen 10. Octbr. frühe fand man hier in der Stadt an unterschiedenen Oertern das, in der Beÿlage angeschloßene äußerst schändlichste Pasquill angeheftet, davon der Hochlöbl. Universitäts Deputation vier Exemplaria sind eingereichet worden. Ich habe diese Schandschrift aus denen famoesen Pasquillacten abgeschrieben, deren Einsicht mir erst am verfloßenen 12ten Octobr: das erstemahl erlaubet wurde.

  Da diese, so wohl, für die hiesige Hochlöbl.

[Bl. 63v]
Universität, als insbesondere für meine Person äuserst ehrenrührige Schrift von einem meiner heftigsten, und mir noch unbekannten Feinde herkommen muß, so stehe ich in der Furcht, daß diese grausame Mishandlung, die gegenwärtig schon in der gantzen Stadt bekannt ist, öfters wiederholet werden dürfte, wenn man nicht so bald den gerechtesten Abscheu gegen solche hinterlistige Bosheiten öfentlich äuserte, und dem noch unbekannten Verfaßer die gehörige Verachtunge bezeuge.

  In dieser Absicht werden Ew. Hoch- und Hochwohlgebohrl. von mir unterthänigst angeflehet, der hiesigen Hochlöbl. Universitäts Deputation gnädigst aufzutragen, daß selbige vorerst wenigstens ein Exemplar dieser Schandblätter, so bald als es nur möglich ist, öffentlich durch den Nachrichter[2] verbrennen laße. Die übrigen Exemplare aber können zu den folgenden Untersuchungen beÿ denen Acten aufbewahret werden.

 Ueber dieses wünsche ich auch noch von gantzen Hertzen, daß Ew. Hoch- und Hochwohlgebohrl. Excellences gnädigst geruhen mögten, mich der hiesigen Hochlöbl. Universitäts Deputation bestens anzuempfehlen, damit Sie mir alle zu meiner künftigen Defension höchstnöthige Obrig-

[Bl. 63a]
keitliche, und gesetzmäßige Richterliche Hülfe angedeÿen laße ! Dann werde ich nicht den allergeringsten Schein oder Flecken des mir so muthwillig angedichteten Verdachtes auf meiner Person sitzen laßen. Der ich in tiefster Submißion allstets verharre


Ew. Hoch- und Hochwohlgebohrl.
Excellences



Göttingen den 17. October
        1763.

unterthänigster Diener
Georg Moritz Lowitz.



[Bl. 64r; Beilage]

Wir Prorector und Professores der Georg Augustus Universität
thun hiemit jedermann kund u. zu wissen;

demnach sich durch die hochpreißliche Königliche u. Churfürstliche Landes Regierung beÿ hiesiger Universitäts Deputation über den ehemaligen Professorem ordinarium Georig[!] Moritz Lowitz verhängte schwehre Inquisition veroffenbaret, und derselbe so wohl durch viele Zeugen, als wie auch durch sein eigenes Geständniß überführet worden ist, daß er selbst im vorigen Jahr die Fenster auf dem Reutstalle freventlicher Weise eingeschmissen, wie auch alle zeither bekant gewordenen Pasquille wieder die allerehrlichsten und honesttesten Persohnen und Glieder unsrer Academie verfasset und angeschlagen hat. Über dieses alles aber sich zu gleich beÿ dieser Untersuchung entdeckt, daß der bemelde Georig Moritz Lowitz nicht allein die Jungfer Köchin unsers Stallmeisters gottloser Weise verführt: sondern auch noch auf dem Observatorio einen Stuprum violentem[3] an ihrer Persohn begangen habe: So hat man diesen Erzbösewicht vorerst seine Amtes entsetzet, und aus dem Collegio der Universität verstossen, wie auch seinen Nahmen aus unseren Büchern ausgestrichen und für infam erkläret.

Ausser diesem ist auch noch beschlossen worden, daß der Schelm auf künftigen Sontage wird seÿn der 16 October, öffentlich Kirchenbuße thue, und nach dem Gottesdienste seine begangene Sünden und Laster mündlich bekenne und abbitte: als dann soll er also bald durch die beyden Pedellen[4] unter einer Bedeckung, bis an die nächste Gränze des Churfürstenthums abgeführet, und hiermit auf ewig aus dem Lande verbannet werde. Ihm zur gnädigen u. gerechten Straffe, andern aber zum Abthun u. Warnung.

Decretum in senatu Academico
d. IX. Octobris 1763.

Joh. Steph. Pütter[5]



Fußnoten

  1. Heinrich Eberhard Balck (1705-1769) war geheimer Kanzleisekretär in Hannover. Der Brief richtet sich nicht an Balck, sondern an Geheimräte in Hannover. Oben rechts auf Blatt 63r ist jedoch in anderer Handschrift vermerkt: "Nr. 23 ps den 19 Oct: 1763 Balck".
  2. Nachrichter war damals ein gebrächlicher Name für den Scharfrichter.
  3. Stuprum violentum: gewaltsamer Missbrauch, also eine Vergewaltigung.
  4. Die Universitätspedellen waren Johann Christoph Willig (1726-1810) und Johann Daniel Christoph Fricke (1735-1809).
  5. Vom 04.07.1763 bis zum 03.01.1764 war Johann Stephan Pütter (1725-1807) Prorektor. Er war seit 1753 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften an der Universität Göttingen. Die Unterschrift hier ist selbstverständlich gefälscht.


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