Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Deputation der Universität
Empfänger Protokoll
Ort Göttingen
Datum 14. Juli 1767
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: E-38-2, Scan 173-176, 178
Transkription Hans Gaab, Fürth


Actum Göttingen den 14. Juli 1767
in Deput. acad.

[Anwesend]
Prof. Dr. Magnif. Dn. Pror. et Cons.
   actior Ayrero[1]
Dn. Dr. Foertschio[2]
Dn. Consil. actio. Meister[3]
Dn. Prof. Gatterer[4]
et me Synd.[5]


Demnach der Herr Prof. Lowitz am 29. Junii 1767 eine per modum Supplicationis, so betittelte Rechtsbefugte Revocationem, Erklärung pp beÿm Judicio academico übergeben, und man vor nöthig erachtet solches Exhibitum an die sämtlichen sich beÿm Judicio gemeldeten Creditores oder derselben Anwälde und an den Vormund[6] des Lowitzschen Sohns[7] theils abschrifftlich, theils ad statum legendi[8] zu communiciren, und solche nebst dem Herrn Professore Lowitz auf heute nach Mittags um 4. Uhr zur Eröffnung ihrer Gegen Erklärungen vorzuladen; so fand sich dieser mit seinem Beÿstand dem Herrn Dr. Cassius[9] ein, und als diese beiden von des Herrn Prorectoris Magnificenz der Vortrag geschahe, wie derselbe denn gedächte die von ihm geschehene Revocation[10] der gerichtl. Cessionis bonorum[11] zu behaupten, und seine Creditores ohne den Concurs-Process, womit man ihm gerne verschont sehen würde, zu befriedigen?

Ille gab darauf zu erkennen: Es solte sein Hauß so gleich angeschlagen, und von dessen Kauffgeldern die 1500 Rt an die Königl. Casse berichtiget werden. Von diesen Kauffgeldern und seinen Effecten solte der Sohn seine mütterliche Legitimam und andere Creditores ihre Befriedigung haben. Er habe die Legitimam, so seinem Sohn aus dem mütterlichen Vermögen gebührede, auf 1800 Rt mit des Sohns Vormund dem Advocaten Fincken gesetzet, und zwar seÿ dieses mit Beÿtritt und gegebenen Nachrichten der Anverwandten geschehen.

/24[12]

[Scan 174]
Nachdem sich der Herr Prof. des Sohnes wegen dergestalt erklärete; so wurde der Advocat Fincke, als des Lowitzschen Sohns Vormund hereingeruffen und ihm fürgestellt, was massen er eine Schrifft übergeben, und sich declariret, er wolte ratione legitimae seine Pflegbefohlnen zufrieden seÿn, wenn ihm 1800 Rt zugebilliget, und dieses quantum von Gerichts wegen ratihabiret[13] würde.

  Judicium gab dem Vormund aber darauf zu erkennen.

Man könnte sich von Gerichts wegen darzu noch zur Zeit nicht verstehen. Denn das Judicium müßte von der Massa des mütterlichen Nachlasses der verstorbenen Professorin Lowitzen geb. Ripenhausen besser und zuverläßer instruiret seÿn. Es würde dabeÿ dem Herrn Professor Lowitz vom Gerichte injungiret[14], daß er eine ordentliche Specification von dem gantzen Nachlaß seiner verstorbenen Ehefrauen ehesten übergeben, und solche eidlich bestärcken solte, wobeÿ er sich dann zugleich auch eidlich anheischig machen müßte, daß, wenn ihm über kurtz oder land eines und das andere noch beÿfallen oder vorkommen solte, welches seiner verstorbenen Ehefrauen gehört, auch wol nach ihrem Ableben von ihm veräusert worden, und er in seiner Specification nicht mit aufgeführet, er solches getreulich angeben wolle. Denn was auch zu seines des Herrn Professoris Lowitz Besten von der Frauen Eigenthum veräusert worden seÿ, müßte ebenfalls auch angezeiget und dem Sohne dvon sein Drittel zur Legitima zugetheilet werden. Worzu derselbe sich auch bereitwillig bezeigete.

Dabeÿ wurde dem Hl. Prof. Lowitz auch dieses eröfnet, so bald er die juratorische Specification beÿm Judicio würde überreichet haben, so solte Er auch des Sohns halber mit einer Resolution versehen

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werden.

Im übrigen declarirte er, daß er beÿ dem seines Sohns wegen von ihm vor ietzo geschehenen Oblato der 1800 Rt bleiben, und mit allen seinen Güthern ihm dafür Sicherheit verschaffen wolte.

  Von denen auf geschehene Citation erschienenen Creditoribus traten herfür:
1.) In Nahmen der Vandenhoeck[15] derselben Buchhalter Lehmann[16], diesem wurde der von dem Herrn Professore Lowitz producirte Schein vorgewiesen. Dieser declarirte dabeÿ, daß es mit solchem seine gute Richtigkeit, und dessen Frau Principalin die Vandenhoeckin solchen Schein eigenhändig mit ihrem Nahmen unterschrieben habe.
2.) Der Kauffmann Backhausen[17] stelte sich auch ein, und declarirte auf die Anfrage: Ob er geschehen lassen wolte, daß die Oblatio und Cessio bonorum des H. Prof. Lowitz von diesem nunmehro wiederruffen und dessen versiegelte Effecten zu desselben eigenen Disposition resigniert würden
  Ille gab darauf zur Antwort:
  Wenn die mehresten Creditores sich die Resignation würden gefallen lassen, so müßte er sich dieselben auch wol gefallen lassen.
3.) Als bereits der H. Prof. Lowitz und dessen rechtlicher Beÿstand abgegangen waren, so fand sich Vice-Syndicus Meyenberg[18] ein, und gab auf die ihm abschrifftlich communicirte Supplicatio und Revocatio des Herrn Prof. Lowitz zu erkennen: Er wolte zwar geschehen lassen, daß die nachgesuchte Resignatio verstattet würde, jedoch nicht andes als wann die 1500 Rt bezahlet, oder ihm hinlängliche Sicherheit verschaffet &würde, daß solche 1500 Rt völlig bezahlet werden

[Scan 176]
  solten, denn obgleich die Königl, Casse vor nur 1000. Rt an dem Hause unterstädlich versichert; so würde doch der Vormund des unmündigen Lowitzschen Sohns sich gerichtlich declariren müßen, daß er in Ansehung der Legitimae mit den 500 Rt zurücke stehen wolle. Denn sonsten hätte er wegen der Cassen Anforderung nicht die hinlängliche Sicherheit. Indessen weil er bereits wegen der Hypothex auf dem Rathhause geklagt; so wolte er zur Beschleunigung der Sache dafür sorgen, daß das Hauß ohen Verzug zum öfentlichen Verkauff angeschlagen werde
  Judicium
  stellte dem Herrn Vice-Syndico gegen seine bedingte Erklärung dieses für: dieweil des Sohns Legitima von der Concurs-massa abgesondert werden müßte; so könnte so wenig der Vormund des Sohns, als das Gericht selbst es zugestehen, daß der filius debitoris wegen der 500 Rt in Ansehung seiner Legitimae zurücke gesezet werden könnte.
4.) In Nahmen des Conditeurs Richters[19] hat sich niemand eingefunden, und wird dahero seine Erklärung noch beÿ zubringen seÿn.

in fidem
CG Riccius



[Scan 178]

Actum Göttingen den 14. Julii 1767[19]

Dieweil auch der Buchhändler Kübler einen Schein von sich wegen seiner Anforderung an den Professorem Lowitz gestellet, und sich in solchem erkläret, daß er die Resignatio der Lowitzschen Effecten wolle geschehen lassen, so wurde mir von der Deputation aufgegeben, gedachten Kübler zu mir ruffen zu lassen und den von ihm ausgestellten Schein vorzulegen.

in fidem
CG Riccius

eod. die

fand sich gedachter Buchhändler Kübler ein, und diesen zeigte ich seinen ausgestellten Schein, dieser agnoscirte denselben und seines Nahmens eigenhändige Unterschrifft und zeigte dabeÿ an: er hoffte der H. Professor Lowitz würde Ihm ohne [...?] richtig bezahlen.

in fidem
CG Riccius


Fußnoten

  1. Georg Heinrich Ayrer (1702-1774) war seit 1736 Juraprofessor in Göttingen, 1743 ernannte man ihn zum Hofrat.
  2. Paul Jacob Förtsch (1722-1801) war seit 1751 Professor für Philologie in Göttingen.
  3. Christian Friedrich Georg Meister (1718-1782) war seit 1753 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften in Göttingen.
  4. Johann Christoph Gatterer (1727-1799) war Professor für Geschichte in Göttingen.
  5. Christian Gottlieb Riccius (1697-1784) war seit 1747 Universitäts-Secretär und seit 1753 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften in Göttingen.
  6. Nachdem sich Lowitz für zahlungsunfähig erklärt hatte, war seinem Sohn als Kurator der Advokat Heinrich Arnold Fincke zugewiesen worden.
  7. Tobias Lowitz (22.04.1757-07.12.1804) war das einzige überlebende Kind aus der zweiten Ehe von Lowitz.
  8. Ad statum legendi: Zum Durchlesen.
  9. Der Jurist Georg Andreas Cassius (1716-1791) hatte am 24. November 1750 die Schwester der Ehefrau von Lowitz, Charlotte Margaretha Catharina Riepenhausen (1727-1809) geheiratet.
  10. Revocation: Widerruf
  11. Cessio bonorum; Überlassung der Güter, Konkurserklärung.
  12. Aktennummer in der Designatio Actorum.
  13. Ratihabition: Bestätigung, Genehmigung.
  14. injungiren: auferlegen.
  15. Anna Vandenhoeck geborene Perry (1709-1787), war die Witwe des Buchdruckers und Buchhändlers Abraham van den Hoeck (um 1700-1750). Sie wohnte in der heutigen Weender Straße 46, und damit unweit des Wohnhauses von Lowitz.
  16. Diese Person konnte bislang nicht näher identifiziert werden.
  17. Paul Ludewig Backhaus (ca. 1728-29.03.1802) war Kaufmann, Fabrikverwalter und Kommerzienrat in Göttingen.
    Zu ihm siehe:
    Wähner, Andreas Georg: Tagebuch aus dem Siebenjährigen Krieg. Bearbeitet von Sigrid Dahmen. Göttingen: Universitätsverlag 2012, S. 231.
  18. ↑ Georg Philipp Meyenberg (1732-1791) war Mitglied des Göttinger Magistrats und seit 1757 zweiter Stadtsekretär. Zu ihm siehe:
    Wähner, Andreas Georg: Tagebuch aus dem Siebenjährigen Krieg. Bearbeitet von Sigrid Dahmen. Göttingen: Universitätsverlag 2012, S. 268.
  19. Johann Jakob Richter war Konditor in Göttingen. Er besaß das Brauhaus Weenderstr. 78.
  20. Daniel Friedrich Kübler war Buchhändler und Verleger in Göttingen.