Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Meyenberg, Georg Philipp (1732-1791)[1]
Empfänger Deputation der Universität
Ort Göttingen
Datum 16. September 1767
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: E-38-2, Scan 204-212, 223
Transkription Hans Gaab, Fürth

[Scan 212]

praes. d 16. Sept.
1767

Per modum Supplicationis[2] ge=
horsamste Vorstellung und Bitte
abseiten
Des Vice Sÿndici Meyenbergs als An=
waldes der Königl. Kloster und Manufactur Caße Klr.
wider
Hl. Professor Georg Moritz Lowitz
Bekl.

[Scan 204]

Königl. Großbrittrl. zur
Churfürstl. Braunschl. Lünebl. Ge=
org August Universitaets De=
putation, Hochverordnete Herren
Prorector[3]
Decani und übrige Professores
Magnifice
Hochwürdige und Wohlgebohrne
Hochgelahrte
HochzuverEhrende Herren !


Es wird Hl. Porfessor Riccius[4] Euro Magnificenz Hochwdl. und Wohlgebl. bereits referirt haben


/29.[5]

[Scan 205]
daß beÿ der erkandten Entsiegelung der Effecten des Hl. Bekl. dreÿ Haupt Schwürigkeiten entstanden sind, warum die Entsiegelung hat verschoben werden müßen.

1.) Ergeben ante acta deütlich, daß ich Nahmens der Königl. Cassen in die Entsiegelung unter der ausdrücklichen Bedingung gewilliget habe
a) daß Königl. Kloster Caße sich wegen der 1/m [1000] Rt ihre hypothecam publicam an des Hl. Bek. Haus und den aufkommenden HausKauf Geldern reserviret.
b) daß Implorate[6] mir als Anwald der Königl. Caßen wegen der übrigen

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  500 Rt womit Königl. Regierung unter der Bedingung einer prompten Bezahlung sich begnügen will, so viel in solutum[7] von seiner Bibliothek angebe, daß Hl Professor Hamberger[8] die besten und modernsten Bücher darunter aussuche, und diese von dem Buchführer Hl. Dietrichs[9] nach Abzug des Bandes und ¼ des Werths taxiret werden, so daß das ganze taxatum 800 Rt betrage, wovon jedoch nach geschehenen öffentlichen Verkauf dasjenige was mehr als die 500 Rt dafür aufkömt, nach Abzug der Kosten, Hl. Imploraten von mir zurück geliefert werden sollen.

Ich muß also aus diesem Grunde die in dem Bescheidt von 10. d. M. neu

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erkanndte Entsiegelung Nahmens der Königl. Caßen per modum supplicationis mit Vorbehalt richterlichen Respects verbitten, und geziemend dahin antragen

daß die unter obiger Einschränckung bedungene datio in solutum als das implementum conditionis mit Genehmigung des Gerichts zu vörderst bewerckstelliget werde, und so dann erst post inpletam conditionem die erkanndte Entsiegelung geschehe.

Gleichwie aber 2) Königl. hohe Landes Regierung sich zu dieser so ansehnlichen remission aus bloser Milde gegen Hl. Beklten und unter der ausdrücklichen Bedingung in Gnaden entschloßen

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hat, daß die verlangten 500 Rt instehenden Michaelis[10] entweder baar, oder durch eine gültige dationem in solutum[11] der Bibliothec des Hl. Bekl: berichtiget werden; also ist hieraus auch deütlich abzunehmen, daß so lange der Curator Concursus Advocat Campe[12], und der Curator des Lowitzischen Sohns Advocat Fincke[13] in die unter vor ausgeführten Einschränckungen verlangte dationem in solutum nicht consentiret, keine hinlängl. Sicherheit der Königl. Caßen in Ansehung dieser Dationis in solutum verhanden ist. Da inzwischen beÿde sich geäußert haben, wie sie ihre Erklährung schrifftlich übergeben wollten; so wird es noch darauf ankommen daß Euro Magnificenz Hochwdl und

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Wohlgebl. rechts geneigt verfügen, auf was für eine Art des Hl. Bekl. Bibliothec mit in solutum übergeben, und veräusert werden soll. Ich verstelle es zur gerichtl. Approbation ob dieses auf folgende Art geschehen kan.

a) Würde Hl. Bekl. den Catalogum der Bibliothec selbst verfertigen können. Weil derselbe aber während der Versiegelung nicht einseitig zur obligierten Bibliothec gehen kan; so könnte jedesmahl der Pedell das Siegel entsiegeln, und beÿ der Inventur der Bibliothec gegenwärtig seÿn. Da die Bibliothec nicht wegen der Anzahl der Bücher, sondern wegen deren Kostbarkeit ihren Werth hat, so wird der Catalogus in 4. bis 5 Tagen sich leicht verfertigen laßen und würde also der Pedell von Gerichts

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  wegen anzuweisen sein, jedesmal wiederum zu versiegeln, wobeÿ es dem Curatori Advocati Fincke und mir als creditoribus principalibus freÿ gelaßen werden könnte beÿ der Inventur mit gegenwärtig zu seÿn.
b) Nach verfertigten Catalogo würde Hl. Profeßor Hamberger die modernsten Bücher auszeichnen, und Hl. Dietrichs solche nach Abzug des Bandes und ¼ des Werths taxiren.
c) Als dann würden mir von diesen Büchern nach dem taxato 800 Rt an Werth auf vorhin gedachte Art in solutum abgeliefert werden.
d) Diese abgelieferten Bücher könnten so lange bis zur Auction beÿ Hl. Dietrichs in einer besondern Cammer verwahret und diese Cammer von Hl. Bekl und mir versiegelt werden, wo ich so dann meinerseits in die Entsiegelung der übrigen

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  Effecten willige.
e) Nach geschehenen Abdruck des Catalogi könnte die Auction von dem Auctionar Bossiegel[14] in Gegenwart des Universitäts Pedells geschehen, und könnten von lezteren die Gelder erhoben, und an das Gericht geliefert werden, wo mir so dann die 500 Rt von dem Gericht in Louisidor á 5 Rt ohne allen Abzug ausgezahlt werden müsten.

Desuper nobile judicis officium humillime implorando[15]!



Undatierte Stellungnahme der Deputation

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Weil der H. V. Syndicus Meyenberg die Bücher auf 800 Rt in soltum will abgegeben haben, und doch kein Catalogus vorhanden so ist dieser vor allen Dingen zu machen. Hl. Lowitz will solchen selbst systemative machen; und wenn das geschehen sol; so will der Hl. Vice Syndicus Meienberg haben, daß alle Zeit ein Bidell die Entsiegelung und wieder Versiegelung solcher Bücher unternehmen, auch beÿ der Inventur derselben seÿn soll, und meinet derselbe, daß solcher Catalogus in 4 biß 5 Tagen sich würde verfertigen lassen. Und könnte ihm und dem Vormund desfalls auch freÿ gelassen werden beÿ der Inventur mit gegenwärtig zu seÿn.

Allein dieser Vorschlag ist wol zu kostbar. Denn solte der Bidell und zugleich auch die beiden Herrn deshalben ihre Diaeten Gelder zu geniessen haben; so würde das auf der Creditoren Seite sehr kostbar fallen.

Es hat zwar H. P. Lowitz durch den Herrn Dr. Cassius[16] vorschlagen lassen, daß er eidlich angeloben wolle nichts von der Bibliothec zu entwenden; allein es scheinet, daß der Hl. Vice Synd. Meÿenberg und der Vormund des Kindes wohl keine Gesinnung darzu haben mögen

Es wird auch der Bidell nicht dazu wohl zu gebrauchen seÿn. Denn der eine hat, wenn er auch nicht der Wache, beständig mit dem Abschreiben zu thun, und der andere hat die Hauß Ausbauung für.

Meines Erachtens wäre mit Einwilligung des hl. Vice-Syndici Meyenbergs, des Curatori des Kindes eine vereidete Person dem Hl. Prof. Lowitz beÿ zu seÿen wlche die Ent= und Versiegelung alle Vor und Nachmittags vornehmen und auf eine und die andre Art mit arbeiten helffe. Daß diese Arbeit innerhalb 5. oder 6. Tagen könne absolvieret werden, ist eine unmögliche Sache, zum wenigsten werden mehr als 14. Tage darzu erfordert, wenn sie auch um 8 Uhr anfangen und um 8. Uhr abens schliessen.



Fußnoten

  1. Georg Philipp Meyenberg (1732-1791) war Mitglied des Göttinger Magistrats und seit 1757 zweiter Stadtsekretär. Zu ihm siehe:
    Wähner, Andreas Georg: Tagebuch aus dem Siebenjährigen Krieg. Bearbeitet von Sigrid Dahmen. Göttingen: Universitätsverlag 2012, S. 268.
  2. per modum supplicationis: Auf Art und Weise einer Bittschrift.
  3. Georg Heinrich Ayrer (1702-1774) war seit 1736 Juraprofessor in Göttingen, 1743 ernannte man ihn zum Hofrat. Von 02.07.1767-03.01.1768 war Ayrer Prorektor der Universität.
  4. Christian Gottlieb Riccius (1697-1784) war seit 1747 Universitäts-Secretär und seit 1753 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften in Göttingen.
  5. Nummer des Dokuments in der Designatio Actorum.
  6. Implorat: der Beklagte.
    Implorant: der Kläger.
  7. in solutum: an Zahlungs statt.
  8. Georg Christoph Hamberger (1726-1773) war seit 1755 außerordentlicher Professor der Philosophie, ab 1663 ordentlicher Professor in Göttingen.
  9. Johann Christian Dieterich (15.05.1722-18.06.1800) gründete 1760 eine Buchhandlung in Göttingen, 1765 wurde er Universitätsbuchhändler.
  10. Das Fest des heiligen St. Michael am 29. September.
  11. datio in solutum: Hingabe [der Bücher] an Zahlungs statt.
  12. Der Advokat Johann Christian Campe war als Insolvenzverwaltern für Lowitz eingesetzt worden.
  13. Nachdem sich Lowitz für zahlungsunfähig erklärt hatte, war seinem Sohn als Kurator der Advokat Heinrich Arnold Fincke zugewiesen worden.
  14. datio in solutum: Hingabe [der Bücher] an Zahlungs statt.
  15. Victorinus Bossiegel war Buch- und Disputationshändler in Göttingen.
  16. Desuper nobile judicis officium humillime implorando: Das hohe Gericht möge darüber gnädigst befinden.
  17. Der Jurist Georg Andreas Cassius (1716-1791) hatte am 24. November 1750 die Schwester der Ehefrau von Lowitz, Charlotte Margaretha Catharina Riepenhausen (1727-1809) geheiratet.