Briefwechsel Tobias Mayer
Kurzinformation zum Brief | Zum Original |
Autor | Mayer, Tobias (1723-1762) |
Empfänger | Landesregierung |
Ort | Göttingen |
Datum | 15. November 1759 |
Signatur | Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 5747, Bl. 48r-49v |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
Königl. Großbritannische zur Churfürstl. Braun=
schweig-Lüneburgl. Regierung Hochbetraute
Herren Geheimne Räthe
Hochgebohrne Herren,
Hochgebietende Gnädige Herren !
Ew. Hochgebohrnen Excellences gnädig bezeugtes Wohlgefallen über die neue Kunst Gemählde zu drucken ist schon an sich ein solcher Wehrt für diese Kunst, daß sie kaum zu etwas mehrerem sich hätte Hoffnung machen können. Da aber Ew. Excellences hierzu auch noch eine weitere Unterstützung zufügen huldreichst geneigt sind; so erkenne ich hieran ein Zeichen derjenigen vorzüglichen Achtung deren sich Wissenschaften und Künste in hiesigen Landen so besonders zu rühmen haben. Aus einer dankbare Erinnerung derselben habe ich auch gleich anfangs gewünschet, daß diese Kunst, von der ich glaubte, daß sie nicht nützlich werden könnte, in hiesigen Landen möchte allein getrieben, oder wenigstens, ehe sie anderwärts bekannt würde, darinnen
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erst zur Vollkommenheit gebracht werden. Ich habe aber
meine Bemühungen,die ich mir dißfalls gegeben, nicht
für hinreichen befunden. Mir selbst mangelt es an
gehöriger Zeit, die ich meinem Berufe zu entziehen
für ungerecht halte; die Künstler aber, die ich hierzu
ersehen hatte, haben weder all erfoderliche Geschicklichkeit,
noch, da sie auf den nächsten täglichen Verdienst sehen,
die gehörige Gedult sich mit Perfectionirung einer
noch unvollkommenen Kunst, die viele vorläufige Versuche
in Farben erfodert, abzugeben. Zwar wird diese Kunst,
wenn sie einmal zur Vollkommenheit gebracht wäre, ihrem
Meister reichlich ernähren können. Allein es ist damit
beschaffen, wie überhaupt mit allen andern Künsten,
die im Anfange Lehrzeit und Verlagskosten erfodern,
Überdem scheinet auch hier besonders der Success und
die gute Aufnahme bey dem Publico von der Schönheit
und Richtigkeit des ersten Stückes, womit man
hervor tretten will, abzuhängen, und deswegen nöthig zu
seyn, daß insonderheit darauf aller mögliche fleiß gewendet
werde. Aus diesen Betrachtungen sehe ich nicht mehr
als zweyerley Wege, die Kunst zur Wirklichkeit
zu bringen. Der erste ist, daß sich ein in den
Hauptregeln dr Mahlerey erfahrener und geschickter
Mann, welcher aller seiner Zeit mächtig wäre und
alle Verlagskosten, die im Anfange nöthig sind, darauf
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wenden könnte, damit einließe und die Haupt Arbeit
selbst verrichtete. Dieser müßte zu der Nebenarbeit,
die durch Wohlfeiler Hände verrichtet werden kann,
einen oder etliche Gehülfen haben, die unter seiner
Aufsicht arbeiteten. Einem solchen würde ich gerne
alle Handgriffe und Vortheile, so viel ich deren bisher
finden können, communiciren. Der andere Weg wäre,
wenn ich selbst o[r]dentliche geschickte june Leute,
die sich noch zu keiner andren Lebensart dertminiret,
in mein Haus aufnehmen, sie durch Versprechung
einiger Vortheile ermuntern und gewisser massen
binden, auch in den Regeln der Zeichen= und Mahlerkunst,
so viel sie hierzu nöthig hätten, unterweisen
lassen könnte. Diese könnte ich bey meinen
Nebenstunden abrichten, und sie würden in Zeit von
1 oder 2 Jahren in den Stand gesetzt seyn
vor sich selbst die Kunst zu treiben. Wenn sie
auch keine eigentlichen KUnstmahler wären,
weil es nur darauf ankommen würde, ihnen
gut colorirte Originale, die von jdem andern
Mahler verfertiget sein können, zu verschaffen,
so wie ein Buchdrucker mit den Vortheilen
seiner Kunst das allegelehrteste Buch drucken
kann, ohne selbst ein Gelehrter zu seyn.
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Euw. Excellences gnädige Veranlassung, diese
Vorschläge, die nicht ohne Schwierigkeiten sind,
eröffnen zu können, verehre ich mit unterthänigstem
'Danke und verhatte in
tiefster Devotion
Hochgebohrner Herren,
Hochgebietende gnädige Herren
Euw. Hochgebohrnen Excellences
Göttingen d. 15. Nov.
1759.
unterthänigster
Tobias Mayer.