Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 15. April 1738
Signatur UB Basel: L Ia 688, Bl. 126,1r-v
Transkription Hans Gaab, Fürth

Nürnberg den 15 Apr. A.C. 1738.  

HochEdler und Hochgelährter Herr,
Hochgeehrter und sonders Hochge=
neigter Gönner!

Nachdeme abermahlen von dero Gütigkeit durch die Hhl Endterische[1] ein Andencken an mich, bey Übersendung des neuen Societät=Calenders, zu Anfang dieses Jahrs erhalten, so statte hiemit meinen ergebenen danck dafür ab, und erkenne mich, wie vor mehrers, inzwischen vor einen Schuldner bis bey völliger Ausfertigung meines Atlantis coelestis, an welchem nun embsig arbeite, einiges Revanche wiederum werde statuiren können.[2] Inzwischen vermelde, daß was unser Studium astronomicum anlanget, vor kurzen mir Hl. Manfredius Nachricht gegeben, wie Er im vergangenen Jahr von 25 Febr. bis 6 April gegen Mittag einen Cometen observiret habe; davon die zu erwartenden Observationes künfftighin auch communicieren werde,[3] dargegen mir die Observationes von dem Seel. Herrn Vatter, was die Cometen 1677. 1683. und 1686 antrifft, frl. ausbitte,[4] indem solche zu einer Cometen=Charten gar dienlich wären. Der von E. HochEdlen A. 1718. observirte Comet wird wohl, so viel mir wissend, in den Miscellaneis Berolinensibus zu finden seyn, davon die zwey lezte continuationes erst bekommen werde; ob dann ein neuer Tomus bald wieder zum Vorschein kommen werde, bin ich begierig zu vernehmen,[5]

[Bl. 126,1v]
auch weiter zu erfahren curieux, ob nicht eine weitere Fortsezung der Eclipsium circumjovialium, die in einem Jahr wird zu Ende seyn von Mr. de l'Isle und E. HochEdlen zu hoffen.[6] Übrigens, (anbey mich noch auf mein vorhergehendes Schreiben von 23 Sept beziehend[7]) bitte noch die Zulage an Hl. Hoffr. Goldbach bey nächster und sicherster Gelegenheit gütig zu befördern[8] und zu glauben wie ich auch ferner mit allen Attachement seye

    Ew. Hochedlen
 meines hochgeneigten Gönners

ergebenster Diener  
JG Doppelmayr mpp


Fußnoten

  1. Die Endter waren eine bekannte Nürnberger Buchhändlerfamilie.
  2. Doppelmayrs Himmelsatlas kam erst 1742 bei Homanns Erben heraus.
  3. Eustachio Manfredi (1674-1739) war der Direktor der Sternwarte in Bologna. Den Kometen von 1737 sah er erstmalig am 22. Februar, letztmalig am 6. April. Seine Beobachtungen wurden im Band 2,3 der De Bononiensi scientiarum et artium Instituto atque Academia Commentarii veröffentlicht, der aber erst 1747 herauskam (S. 62-72). Manfredi hat Doppelmayr seine Beobachtungen per Brief mitgeteilt, der gab sie an Kirch weiter, vgl. den Brief an Kirch vom 19. Juli 1738. In seiner Karte mit den Kometenbahnen am südlichen Himmels (Karte 28 im Himmelsatlas) zeigt Doppelmayr die Bahn dieses Kometen vom 25. Februar in den Fischen bis zum 6. April im Schild des Orion. In der Karte ist die Kometenbahn korrekt beschriftet, in der Liste mit den abgedruckten Kometenbahnen rechts steht allerdings 1757 statt 1737.
  4. Zum Kometen von 1677 hatte Kirch eine eigene kleine Schrift herausgebracht:
    Kurtze Betrachtung derer Wunder am gestirnten Himmel, welche veranlaßet der itzige recht merckwürdige neue Comet, die feurige Kugel, welche im vergangenen Jahre durch Italien geflogen, und anderes mehr. Leipzig: 1677.
    Diese Schrift konnte Doppelmayr möglicherweise nicht einsehen, auf seiner Karte mit den Kometenbahnen am nördlichen Himmel ist der Komet verzeichnet, die Beobachtung wird aber Hevelius zugeschrieben.
    Auch zum Kometen von 1683 brachte Kirch eine kleine Schrift heraus:
    Kurtzer Bericht / Von einem neuen Cometen / Welcher itzt im Julio / des Jahrs Christi 1683. Im Jordan / zwischen dem grossen Bären und dem Fuhrmanne / die gantze Nacht am Himmel zu sehen ist. Leipzig: Bauer 1683.
    Auch diese Schrift konnte Doppelmayr möglicherweise nicht einsehen, auf seiner Karte mit den Kometenbahnen am nördlichen Himmel ist der Komet verzeichnet, die Beobachtung wird aber Flamsteed zugeschrieben.
    Seine Beobachtungen des Kometen von 1686 gab Kirch verkürzt im Anhang seiner Ephemeriden wieder:
    Ephemeridum Motuum Coelestium Ad Annum Aerae Christianae 1687: Cum ortu & occasu diurno Planetarum, Occultationibusque tam Planetarum, quam illustriorum Stellarum Fixarum &c. Ex Tabulis Rudolphinis, Ad Meridianum Uranoburgicum, In Freto Cimbrico Supputatus. Leipzig: Colerus 1687
    Ausführlicher finden sich seine Beobachtungen in den Acta Eruditorum:
    Cometa antelucanus mense Sept. anni 1686 Lipsiae alibique observatus. Acta eruditorum 5 (Dez. 1686), S. 565-567.
    Auch die Bahn dieses Kometen ist auf den Kometenkarten verzeichnet, diesmal wird die Beobachtung auch tatsächlich Gottfried Kirch zugeschrieben.
    Für Fundstellen zu diesen Beobachtungen siehe das Register von: Herbst, Klaus-Dieter: Die Korrespondenz das Astronomen und Kalendermachers Gottfried Kirch, 3 Bände. Jena: IKS Garamond 2006.
  5. Doppelmayr war 1715 in die Preußische Sozietät aufgenommen worden, die Jahresbände der Sozietät erhielt er aber offensichtlich nicht. Der 5. Band der Miscellanea Berolinensia kam 1737 heraus, der 6. Band 1740.
    Die Beobachtungen von Christfried Kirch zum Kometen von 1718 finden sich im dritten Band der Miscellanea Berolinensia:
    KIRCH, Christfried: Historia Cometae, qui apparuit Anno 1718. Mense Januario et Februario. Miscellanea Berolinensia 3 (1727), S. 200-228.
    Diese Kometenbahn ist auf der Karte mit den Kometenbahnen am nördlichen Himmel verzeichnet und wird Christfried Kirch zugeschrieben. Die erste Beobachtung stammt vom 18. Januar am Rücken des Kleinen Bären, die letzte Beobachtung vom 15. Februar am linken Oberschenkel der Andromeda.
  6. Kirch, Christfried: Eclipses circumjovialium sive immersiones et emersiones omnium quatuor satellitum Jovis: ad annos 34. 35. 36. 37. 38. et priores menses anni 39. labentis hujus seculi, supputatae, et ad meridianum Berolinensem reductae. Berlin: Michaelis 1734.
    Zu einer Fortsetzung dieses Bandes kam es nicht.
  7. Im vorigen Brief hatte Doppelmayr die ausbleibende Antwort von Goldbach beklagt.
  8. Dem vorliegenden Brief an Kirch hatte Doppelmayr einen Brief an Goldbach beigelegt.