Briefwechsel Erasmus Blank


Kurzinformation zum Brief  
Autor Blank, Erasmus (1677-1704)
Empfänger Zwinger, Theodor (1658-1724)
Ort Paris
Datum 22. April 1702
Signatur UB Basel: Frey-Gryn Mscr III 2: Nr. 151, Bl. 1r-v
Transkription Hans Gaab, Fürth

Vor die große Güthigkeit die Ihro Excellentz gehabt haben meine wenigen Zeilen zu beantworten, erkenne ich mich höchstens verbunden, noch mehr aber, als ich in dero werthen Schreiben verstanden, was vor grosse Mühe sich Selbiger meinetwegen machen, und wie sehr sich Ihro Excellentz meiner annoch in gegenwarth gethaner bitte laßen angelegen seÿn, wollte nur wünschen daß meine Wenigkeit nur den geringsten Gefallen dargegen vorweisen könnte, würde ich mir vor die höchste Ehre halten. Daß die Promotio Medico biß dato noch ist aufgeschoben worden, wundert mich sehr, weilen Hl. D. Eglinger[1] mir versprochen solche auf das erste anzustellen. Dennoch aber wollte ich zufrieden seÿn, wenn solche nur beÿ Anfang künfftigen Monaths vor sich ginge, indeme wegen berichteter Ursachen[2] solches gerne sehete, zweiffle auch nicht die übrigen Hln. Canditaten würden mir den grossen Gefallen erweißen, wenn sie Ihro Exzellentz in meinem Nahmen ersuchen wollten, und sich nicht lang mit ihren Disputationibus bemuen?. Ich betauere sehr daß ich nicht selbsten dem actui beÿwohnen kan, indem noch gesinnet diesen gantzen Sommer über mich alhier aufzuhalten, hernach aber werde wohl meine tour nacher Italien nehmen. Wegen der aufgezeichneten Bücher habe fleissig nachfrag gehalten, auch die meisten angetroffen, allein der Preiß differirt sehr von den angesetzten, weilen es meist rare und solche bücher sind die nicht wohl zu haben, sollten Sie mir aber inskünfftige noch unterhanden kommen um wohlfeÿlen Preiß, würde ich Ihro Excellentz alsbald raport davon geben. Hl. D. Wilckens[3] ist vor ungefehr 14. tagen glückl. arriviert, wird aber über 2. oder 3. Monath nicht alhier verbleiben, sondern über Basel nach Wien gehen, Er läßt sich beÿ Ihro Excellentz bestens recommendiren. Mons. Stephani[4] und Mons. Gisy[5] sind

[Bl. 1v]
vor ungefehr 1½ Monath auch von hier nacher Hauß verreÿßet, welchen vor 3. tagen Mons. Sultzer[6] gefolget ist, ich glaube der haußliche Magnet zieht so stark, daß sie nicht länger haben bleiben können. Das raisonement über Hln. D. Scheuchzers nova literaria Helvetiae[7] ist mir von Hln. D. Wilckens mündl. erzehlet worden, ich glaube wenn es Ihro Excellentz par amicitié Ihm ein wenig remonstriren würden, Er würde wohl damit nicht continuiren. Man erwartet unfehlbar diesen Sommer die Ankunfft Mons. Tournefort[8] wie denn kürtzl. schon verschiedene Sachen von ihm arrivirt. Mons. Diverney[9] wird mit ehestens etwas de respiratione chymicum herausgeben,[10] wie dann auch Mons. L'Abbe Hautfeulles,[11] ein unvergleichlicher Mechanicus, etwas de Organus auditus publiciren und darinnen ein instrument zeigen wird, womit man die Schritt und das Gehen der Mücken hören kan, ich werde solches mit ehestens zu sehen bekommen.[12] Von Kriegs Sachen kan und mag ich nichts schreiben bitte mir auch nichts davon zu berichten, weilen solches Verdrüßligkeiten machen könnte. Inzwischen bitte beÿ dero Wohlgeschätzten familie und dero gantzen Tisch Compagnie meine recommendation zu machen. Ihro Excellentz aber empfehle ich dem Göttl. Schutz und Obhuth und verbleibe jederzeit

Pariß 21. April 1702.

Monsieur et tres honorè
Patron       

Votre  
tres humble et tres obeissant
Serviteur  
E. Blanck.  


Fußnoten

  1. Nicolaus Eglinger (1645-1711) aus Basel war Professor der Medizin.
  2. Vgl. dazu den Brief von Blank an Zwinger vom 9. Februar 1702-
  3. Nicolaus Wilckens (1676-1724) aus Hamburg studierte ab 1697 Jura in Halle, hier muss ihn Blank kennen gelernt haben. Es folgte ein Studienaufenthalt in Strassburg, am 30. August 1700 trug er sich dann in Basel in die Matrikel ein, wo er am 10. Januar 1702 Doktor der Rechte wurde. Er ließ sich später als Advokat in Hamburg nieder, 1721 wurde er zum Archivar der Stadt Hamburg gewählt.
  4. Johann Jacob Stephani legte 1701 in Basel seine Dissertatio medica inauguralis de somnambulis vor.
  5. Jacob Gysi (1679-1741) wurde Arzt in Basel, später Schultheiss zu Aarau.
  6. Diese Person konnte bislang nicht identifiziert werden.
  7. 1702 erschien bei Gessner in Zürich die erste Ausgabe von Scheuchzer Nova literaria Helveticae.
  8. Joseph Pitton de Tournefort (1656-1708) war ein französischer Botaniker und Forschungsreisender.
  9. Joseph-Guichard Du Verney (1648-1730) war ein französischer Anatom und Chirurg. Im Brief vom 19. Januar 1702 an Scheuchzer schrieb Blank: "Er [= Du Verney] hat vor einen cursum 50 Louis d'or begehrt".
  10. Gemeint sein könnte:
    Du Verney, Joseph-Gichard: Mèmoire sur la circulation du sang des poissons qui ont des ouies et sur leur respiration. Memoires 1701, S. 226-241.
  11. Jean de Hautefeuilles (1647-1724) war ein französicher Abt, Physiker und Erfinder.
  12. Hautefeuilles hat sich auch mit akustischen Problemen beschäftigt, ein Publikation zum ":organus auditus" ist aber nicht bekannt.