Briefwechsel Erasmus Blank


Kurzinformation zum Brief  
Autor Blank, Erasmus (1677-1704)
Empfänger Zwinger, Theodor (1658-1724)
Ort Paris
Datum 14. Mai 1702
Signatur UB Basel: Frey-Gryn Mscr III 2: Nr. 153, Bl. 1r-2r
Transkription Hans Gaab, Fürth

Monsieur mon tres honoré patron,

deßen Werthgeschätztes von 4. May habe den 10. dieses samt Zulag auf das beste erhalten, worauß unter andern ersehen daß Ihre Excellentz jederzeit die Güthigkeit genommen und sich meine wenige Persohn so sehr hat lassen recommandirt seÿn, wie mir denn nicht unbekand, daß Selbiger ohne Hintansetzung Ihrer vielen grossen officien solches nicht wohl haben thun können, weßwegen ich denn um so viel desto mehr verbunden bin, und jederzeit trachten werde mich capable zu machen, wie ich gegentheils wiederum gefällige und angenehme dienste mögte erweisen können. Daß die promotion den 16. dieses festgestellet, erfreuet mich sehr, bedaure aber daß ich nicht selbsten gegenwärtig seÿn, und Ihro Excellentz von so grosser Mühewaltung überheben kan, allein weilen deßwegen schon pardon erhalten, alß bitte Ihro Excellentz nochmahlen die Sorgfalt auf sich zu nehmen, und einen notarium an meine stelle zu setzen, das jenige Geld, welches deßwegen noch zu zahlen ist, werde auf gegebene nachricht mit grossen danck übermachen; indeßen bitte mir ein exemplar von dem programmate & testimonio nacher Nürnbl. mit der Post an meinen Vatter zu senden,[1] und wie viel noch zu zahlen in wenigen Worthen melden, worauff alsbalden alles durch einen Kauffmann soll überschickt werden. Ob Hl. D. Harder[2] die 8. Louis blanc die ich in Nürnbl. seinetwegen an Hln. D. Wurffbain[3] habe zahlen lassen, Ihro Excellentz zugestellet, verlangt mich sehr zu wissen, wo nicht, so wird wohl auf empfangenes programma ein schein von Hln. D. Wurffbain deßwegen an Ihro Excellentz gesand werden; wenn Selbiger sich die Mühe nicht machen wollen und solches eincassiren, so wollte wohl Hln. D. Gerndler[4] bitten, mir den Gefallen zu erweisen, u: solcher Geld einzunehmen u: alsdann Ihro Excellentz zu zustellen, ich erwarte deßwegen Ihren Befehl.

[Bl. 1v]
die übrigen programmata betreffend, so bitte mir solche so lang zu reserviren biß etwann Mons. Müller[5] in die Schweitz kommen wird oder sonsten commode Gelegenheit sich ereignen wird, solche dahin zu senden, indeßen wird Mons. Wigand[6] als welcher öffters etwas wegschicket, guthen Rath geben können. Wegen der Operum Gesneri bitte sich keine Mühe zu machen, indeme solche alhier schon gantz wohl conditioniert u: vornehmlich editione Tiguriam vor 13. fr. gekaufft, ich wollte die frantzösische edition nochmahlen davor bekommen, so ich jemand damit dienen könnte; den Böet (aber nicht die allerneueste edition) habe ebenfalls vor 30 fls bekommen,[7] ich bedaurer nur die grosse fracht, sonsten ich mir hier eine schöne Bibliotheque anschaffen wollte, ich habe promessen von einem guthen freund den Gesnerum u: noch andere authores Helveticos die de lapidibus figuratis geschrieben, zu überkommen, die sonsten sehr rar sind. Mons. Tournefort[8] hat vor 8. Tagen an hiesiger academie über 400. plantas nordum descustas von Constantinopel, alwo Er anjetzo ist, geschickt mit Versicherung daß Er dieses Jahr noch gewiß zurückkommen wird. Das grosse speculum causticum von Mons. Tschirnhausen,[9] welches Mons. le Duc d'Orleans[10] vor 600. Rthl. gekaufft, ist glückl. angekommen, und wird Mons. Homberg,[11] so bald die Machine darzu wird gemacht seÿn, damit experimente machen, wie es scheint so sehen es die Hln. Academisten nicht gern daß Mons. Homburg sich darmit mertirt, weilen es eine teutsche fabrique ist, u: fangen schon an solche Spiegel auf alle Weißzu verachten, zu welchem End. der junge Cassini[12] u: de la Haÿre[13] ein speculum concurum metallicum von 30. Zoll machen wollen, der größeren effect thun soll Q. E. D. Wegen der mir aufgetragenen Gläser, kan so viel Nachricht geben, daß ich wegen der speculi concari Nachfrag gehalten beÿ dem besten Meister, den mir der junge Tschirnhausen[14] recommandirt, der aber vor einen von 8. Zoll nicht weniger als 1. Louis d'or nehmen will, wollten Sie aber einen von Metall von diesem diametro haben, so könnte Er ihn nicht unter 24. fr. machen, ich werde aber inzwischen ferner beÿ andern wie auch wegen derer zur Cemled?? abscesse, nachfragen und alsdann den wohlfeÿlsten Preiß Ihro Excellentz überschrieben.

[Bl. 2r]
Mons. Wilcken[15] wird ohne Zweiffel bericht haben, daß es alhier schwer zu geht pasports zu bekommen, mögte deßwegen genau wissen, ob es nicht möglich einen von Basel zu überkommen, damit man hier sicher leben, und dann auch hinaus kommen könnte; Indeßen bitte mir nichts mehr von neuen Zeitungen die den Krieg betreffen zu schreiben, weilen es eine materie, die einen leicht in Unglück bringen kan. Nebst meiner recommendation an deßen gantzer werther Familie und sonstl. Tisch-Compagnie, empfehle Ihro Excellentz in Göttl. Schutz und Gnade und verbleibe

Monsieur mon tres honorè patron

á Pariß 14. Maij 1702.

Votre tres humble et
tres obeissant Serviteur
E. Blanck.  


Fußnoten

  1. Blank Vater hat selbst an Zwinger geschrieben, und um das Programma gebeten. Siehe seinen Brief vom 13. Mai 1702.
  2. Johann Jacob Harder (1656-1711) war ein Schweizer Mediziner und Naturwissenschaftler.
  3. Johann Paul Wurffbain (1655-1711) war ab 1680 Physicus in Nürnberg. Von 1693 bis 1710 war "Director Ephemeridum" der Leopoldina, also Schriftleiter der von der Leopoldina herausgegebenen Schriftenreihe.
  4. Diese Person konnte bislang nicht identifiziert werden.
  5. Diese Person konnte bislang nicht identifiziert werden.
  6. Johann Wigand stammt aus dem nahe Warburg gelegenen Welda und schrieb sich am 26. Mai 1690 in Altdorf ein. Erneut taucht er in der Matrikel am 2. Oktober 1694 auf: Damals immatrikulierte sich "Christophorus Honorius, Sempronio Hungarus, alias Comes de Windischgräz" das ist Christoph Ehrenreich, Graf von Windisch-Gräz, der 1732 im ungarischen Sopron starb. In der zugehörigen Anmerkung heißt es "Ephorus ejus est Dn. Joh. Wigandus Welda Waldeccensis". Wigand scheint also aus eher ärmlichen Verhältnissen gekommen zu sein und verdiente sich seinen Unterhalt damit, dass er für den jungen Grafen die pädagogische Begleitung übernahm - ähnlich wie später für Christoph Jacob Peller. Am 11. Oktober 1699 schrieb er sich in Halle ein, am 4. Mai 1701 in Basel, am 30. Juni 1703 schließlich in Gießen. 1708 war er Landrichter in der Grafschaft Waldeck, damals heiratete er Helena Susanne Rötenbeck (1683-?), die Tochter des Altdorfer Theologen Georg Paul Rötenbeck.
    Vgl. Junntke, Fritz; Preuß, Charlotte Lydia: Matrikel der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Bd. 1: 1690-1730. Halle 1960, S. 481
    Klewitz, Ernst; Ebel, Karl: Die Matrikel der Universität Gießen. 1608-1707. Gießen: Ricker'sche Buchhandlung 1898, S. 151
    Steinmayer, Elias von: Die Matrikel der Universität Altdorf. Band 1: Text. Würzburg: Stürtz 1912, S. 433, Nr. 12588; S. 446, Nr. 12975
    Will, Georg Andreas: Nürnbergisches Gelehrten=Lexicon, Band 3. Nürnberg, Altdorf: Lorenz Schüpfel 1755/1997, S. 361.
  7. Zu Blanks Bücherkäufen vgl. seinen Brief vom 9. Februar 1702 an Zwinger.
  8. Joseph Pitton de Tournefort (1656-1708) war ein französischer Botaniker und Forschungsreisender.
  9. Der deutsche Naturforscher Ehrenfried Walther von Tschirnhaus (1651-1708) fertigte u.a. große Brennspiegel (causticum speculum) an.
  10. Philippe II. de Bourbon (1674-1723) war Herzog von Orléans.
  11. Wilhelm Homberg (1652-1715) war ein Deutscher Chemiker in französischen Diensten.
  12. Jacques Cassini (1677-1756) war der Sohn von Giovanni Domenico Cassini (1625-1712), dem Leiter der Parisr Sternwarte.
  13. Philippe de La Hire (1640-1718) war ein bekannter französischer Mathematiker.
  14. Gottlob Ehrenfried von Tschirnhaus (1684-1710) schrieb sich am 27. Mai 1704 in Leiden ein.
    Vgl. Album studiosorum Academiae Lugduno Batavae. MDLXXV - MDCCCLXXV. 1875, Sp. 780.
  15. Nicolaus Wilckens (1676-1724) aus Hamburg studierte ab 1697 Jura in Halle, hier muss ihn Blank kennen gelernt haben. Es folgte ein Studienaufenthalt in Strassburg, am 30. August 1700 trug er sich dann in Basel in die Matrikel ein, wo er am 10. Januar 1702 Doktor der Rechte wurde. Er ließ sich später als Advokat in Hamburg nieder, 1721 wurde er zum Archivar der Stadt Hamburg gewählt.