Briefwechsel Peter Kolb
Kurzinformation zum Brief | |
Autor | Kolb, Peter (1675-1726) |
Empfänger | Eimmart, Georg Christoph (1638-1705) |
Ort | Halle |
Datum | 7. April 1702 |
Signatur | Nationalbibliothek St. Petersburg: Fond 998, Band 3, Bl. 456r-457r |
Zustand | Auf der Verso-Seite geringfügiger Textverlust durch die Bindung am rechten Rand. Mögliche Ergänzungen stehen in eckigen Klammern. |
Transkription | Hans Gaab, Fürth; Andreas Henkel, Wunsiedel |
WohlEdler, Vest und Hochgelahrter,
Insonders hoher Gönner und Patron.
Die Abreise meines Hln Landesmannes giebet mir abermahl gelegenheit an die Hand, meine Schuldigkeit gegen meinen HochZuEhrenden Patron zubeobachten. Dann weil nicht gerne eine Zeit viel weniger eine gelegenheit vorabsaume, durch welche bezeugen kan, daß meinem HochZuEhrenden Patron das meiste meiner Glückseeligkeit, nebst Gott zudancken habe, so habe auch diese nicht vergeblich vorbeÿ gehen laßen wollen; der gewißen Hoffnung lebende, daß durch erwiederte danckbarkeit demselben nicht beschwerlich, viel weniger verdrießlich fallen werde. Wann mir aber neulich das Glücke wiederfahren, den sonst seltsamen Mercurium nudo visu beÿ sehr hellen Wetter fast über eine Stunde zusehen; so achte mich um so viel mehr verbunden, solche meine Vergnügung demselben wißend zu machen.
[Bl. 456v]
Ich habe mir aber dazumahls nichts mehr gewünschet, als [nur] eine Stunde auf dem weltberühmten Eimmartinischen
Observatorio zu seÿn, und diesen sehr seltsamen observationibus be[ÿzu]wohnen; alleine, weil die unmöglichkeit
meines wünschens g[ar] zu helle vor Augen lage, muste ich mich, anstatt der sehr acc[ura]ten Instrumenten,
mit meines Hln Postmeisters[1]
liederlichen Se[mi]circulo, der in Diametro nicht einen halben Schuh ausmachet
[be]nügen laßen. Womit ich zwar die Distantiam so wohl a [Jo]ve, als auch a fixis, so gut als möglich
genommen; alleine w[eil] selbige sehr weit à vero aberriren mögten, habe das Herze [nicht?]
mit solchen meinem Hoch ZuEhrenden Patrono unter Augen zu [treten?]. Ich habe mir auch auf angeschaffter
Schleiffmühle einen Tub[um] von 6. Schuhen verfertiget, und mit selbigen deßen Phas[in] zuobserviren
bemühet; kunte aber nichts anders erkenn[en] als daß er kleines rundes Corpus ausmache; Veneris Ph[asin]
hingegen kunte sehr schöne corniculatam erkennen. So kan m[an] auch hier sehr accurat das Phaenomenon
Triangulare[2] erke[n]nen. Gestalden ich solches zum öftern denen jenigen gezeig[et], welche beÿ mir
Collegia Astronomica frequentiret haben. Vor der Apparitione Mercurii habe auch observiret, da[ß]
hir zu Land Luna Oculum Tauri nicht gar bedecket, son[dern] nur stringiret hat; welches doch ohne Zweifel in Nürnberg
ei[ne] occultatio wird gewesen seÿn. Herr Kirch[3],
und mit Ihm die g[an]ze Berlinische Societet hat in seinem
Calendario astro[no]mico alle dergleichen Phaenomena auf das ganze Jahr s[ehr]
[Bl. 457r]
accurat bemercket, welchen, wo ihn mein HochZuEhrender Patron noch nicht hat, auf ehisten Winck, alsobald überschicken
will. Maßen ich nichts mehr suche, als meinem hohen Gönner und fördersten Wohlthäter vor so viel gutes
gefällige dienste erweisen zu kennen. Und würde mich höchstens erfreuen, wenn mit recht heißen könte
Meines Hoch ZuEhrenden Herren
und Patrons
Halle den 7. April.
Anno 1702.
Dienstwilligster Diener
M. Peter Kolb.
Fussnoten
- ↑ Zu Friedrich Madeweis siehe die Anmerkung im Brief vom 20.02.1702.
- ↑ Gemeint ist das Zodiakallicht.
- ↑ Zu Gottfried Kirch siehe die Anmerkung im Brief vom 21.06.1700.
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