Briefwechsel Peter Kolb
Kurzinformation zum Brief | |
Autor | Unbekannt |
Empfänger | Kolb, Peter (1675-1726) |
Ort | Berlin? |
Datum | ohne Datum |
Signatur | Bibliothek des Observatoriums in Paris: B 3 12. 104 |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
Nothwendige Erinnerungen,
welche dem Herrn Observatori
in das Caput bona′ spei nach
zusenden.
1. Pro Parallaxi ♀ [Venus], ist vonnöthen daß man so offt als ♀ sichtbar; und der Erden nahe ist, beÿ hellem Himmel, die Distantios, von denen nähesten Fixis, quoad Declinationem auf das fleisigste observire wie folget:
Ein guter langer Tubus von 14 bis 18 Fuß, welcher zugleich mit einem wol elaborirten Micrometro versehen, wird an eine Mauer oder Wand, in dem Meridiano fest gemachet, daß er ganz immobel stehen bleibe; doch also daß Venus zu selbiger Zeit durch den Tubum lauffen könne daran aber nichts gelegen, ob sie oben, mitten oder unten durch denselbigen streiche; auch müßen die zwey Schrauben des Micrometri vertical oder aber viel mehr perpendicular auf den Diurnum Veneris gerichtet werden.
Als dann giebt man fleisig acht wann Venus in den Tubum komt, und welche Schrauben
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des Micrometri sie am nähesten vorbey gehen
wird, dieselbige, drehet man auf oder zu, bis
sie mit ihrem Ende, den nähesten Marginem
Veneris exactè berühre, dabey man so wol
das genaue Tempus, als auch den Marginem
♀, welcher von dem Micormetro berühret
worden, fleisig annotiren muß.
Nach diesem giebt man so lange in dem Tubo acht, bis auch eine bekante Fixa in demselbigen kommet; daran aber mal nichts gelegen, wo sie den Tubum durchstreiche; gesetzt aber Venus sey unten durch den Tubum gegangen, und also von der untern Schraube des Micrometri berühret worden; der FixStern aber gehe eine Zeit lang hernach oben durch den Tubum, bey deßen Durchgang die obere, als die näheste Schraube herabgewunden wird bis sie die Fixam berühre, dabey aber mal das Tempus, wie bey dem Durchgang Veneris geschehen, fleisig annotirt werden muß. Darauf wird das Micrometrum zugeschraubet und die viertel Gewinde
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derer Schrauben auf das fleisigste annotirt.
Es sey aber zum andern Vernus gleichfals unten durch den Tubum gangen, und lauffe nachmals eine notable Fixa, noch etwas tieffer als Venus, durch das unter Theil des Tubi; so muß als dann in solchem Casú, diejenige Schraube, welche vorhero den Marginem Veneris berühret, zurücke geschraubet, und dabey die viertel Gewinde fleisig angemercket werden, so lange bis sie auch die Fixam tangire. Eben auf solche Art verfähret man auch wann Venus durch das obere Theil des Tubi streichet.
2. Mit einem etwas kürtzern Tubo von 4 bis 5 Fuß, welcher gleich fals mit einem Micrometro versehen, können die Distantien aller Planeten absonderlich aber des Mercurii, von denen Fixis fleisig gemeßen und nebst der accuraten Zeit angemercket werden. Dabey aber wol zu melden wie der Tubus praesentire, und können auch die Schemata alle mal also gerißen werden, wie sie der Tubus giebt.
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NB. Wegen des Micrometri wo mit die Tubi
instruiret werden, hat man fleisig dahin zu
sehen, daß es erstlich recht in den focum vitri
ocularis zu stehen komme, und nachmals auch
in solchem Situ unverrucket stehen bleibe.
In den focum kan es gar leicht gebracht
werden; denn wenn der Tubus nach seiner
gehörigen Länge aus gezohgen, und
man vorhero den focum vitri ocularis nur
obiter exploriret, so führet man das Micrometrum
um selbige Gegend etwas auf
und ab, bis es in dem Durchsehen am allerdeutlichsten
erscheinet, in welchem Situ
es als dann muß befestiget, und nicht
wieder verrücket werden; deßgleichen
muß auch der Tubus seine aus gezohgene
Länge, alle Zeit beständig behalten.
3. Da mit man aber wißen möge wann Mercurius alda in dem Capite bona′ spei sichtbar wird dienet folgendes zur Nachricht:
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Anno 1705 den 20 Martij verbeßerten Kal.
ist ☿ [Merkur] bey uns in Europa des Abends 1 Stunde
sichtbar. Ob er nun alda auch des Abends wird
zu erblicken seyn stehet zu erfahren.
Um den 8 Julij wird Mercurius in dem Capite bona′ spei des Morgens zu observiren seyn, um welche Zeit man 14 Tage vor und nach, fleisig darauf acht haben kan. Bey uns in Europa ist er dasselbige mal unsichtbar.
Um den 15. Sept. wird Mercurius in dem Cap. b. spei des Abends überaus schön und lange zu sehen seyn.
Um den 28 Octob. wird ☿ bey uns des Morgens fast 1 Stunde zu sehen seyn. Zweifle aber, ob er auch in dem Cap. bona′ spei wird sichtbar werden, doch kan man fleisig darnach sehen.
Anno 1706 um den 10 Januarij wird ☿ bey uns des Abends ½ Stunde sichtbar seyn. Ob er nun alda auch wird können erblicket werden, stehet zu erfahren.
Um den 20 Febr. wird Mercurius in dem Cap.
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bona′ spei des Morgens überaus schön und
lange zu sehen seyn. Bey uns aber nicht.
Um den 1 Maij wird Mercurius bey uns des Abends 1 Stunde sichtbar seyn. Doch kan man auch in dem Cap b. spei acht haben, ob etwas davon zu erblicken.
Um den 18 Juni wird Mercurius des Morgens in dem Cap. b. spei gut zu sehen seyn, bey uns aber nicht.
Um den 29 Augusti wird Mercurius des Abends in dem Cap b. spei überaus schön und lange zu sehen seyn.
Um den 10 Octob. wird Mercurius bey uns des Morgens ¾ Stunden lang erscheinen. Ob er nun in dem Cap. b spei auch wird zu erblicken seyn stehet zu versuchen.
Um den 24 Decemb. wird Mercurius in dem Cap. b. spei des Abends zu sehen seyn.
Es kan aber alle mal bey dieser und obbemeldeten Zeiten, wie bey Anfang meldung geschehen 14 Tage vorhero und auch
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14 Tage hernach fleisig darnach gesehen
werden.
4. Damit auch ferner der Hl Observator wißen möge, wann eine Finsterniß an der Sonnen oder an dem Mond zu hoffen, wird folgende Nachricht nöthig seyn.
Sonnen Finsterniße
Anno 1705 den 22 Maij verbeßerten Kal. um 8 Uhr und ¾ nachmittag ist die ☌ ☉ ☽ [Konjunktion von Sonne und Mond] vera, die visa kommet etwas später.
Den 16 Novemb. um 2 Uhr und ¼ nachmittag ist ☌ ☉ ☽ vera, die visa kommet auch etwas später.
In diesem Jahre 1705 ist gar keine
Mond Finsterniß.
Anno 1706 den 5 Novemb. um 3 Uhr und ¼ nachmittag ist die ☌ ☉ ☽ vera, die visa komt etwas später.
Den 11 Maij ist zwar die ☌ ☉ ☽ vera um 10 Uhr und ¼ Vormittag, da wir bey uns in Europa eine große ☉ Finsterniß haben; ob aber in dem Capite bona′ spei etwas
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davon zu erblicken seyn dörffte, hat
wegen kürtze der Zeit nicht konnen genug
untersuchet werden, doch meritirt es
wol fleisig darauf acht zu geben.
Mond Finsterniße 1706
Die 1 Mond Finsterniß begiebt sich den 27 April, und zwar der Anfang davon in der folgenden Mitternacht.
Die 2. Mond Finsterniß geschiht den 21 Octob. und nimt ihren Anfang nachmittag um 7 Uhr.
NB. bey denen Mond Finsternißen, ist sehr fleisig auf den Anfang und das Ende, wie auch auf das Anrühren und Bedecken gewißer Macularum acht zu haben.
5. Die Declinationes Magnetis können zum öfftern mit fleiß untersuchet werden.
6 Auf den also genanten Cassinischen Schein kan man auch alda acht haben, wenn er
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sich ein stellet und wieder verlieret.
Denn bey uns ist in dem Frühlinge der Zodiacus des Abends hoch, so daß wir diesen Schein des Abends gut sehen können.
Des Morgens aber in dem Frühlinge ist der Zodiacus dem Horizont nahe, dahero können wir gedachten Schein in dem Frühling des Morgens nicht sehen.
In dem Herbst ist der Zodiacus des Morgens hoch und also auch der Schein des Morgens zu sehen.
Des Abends aber ist in dem Herbst der Zodiacus dem Horizont nahe und also der Schein des Abends im Herbst nicht zu sehen.
In dem Capite bona′ spei vermuthe ich in allem das Contrarium; obdeme nun also sey, wird der Hl Observator fleisig vigiliren.
7. Mit einem Florentinischen Thermometro können auch fleisige Observationes Meteorologica′ angestellet, und deßen Gradus
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alle Tage offt oder doch zum wenigsten
Früh Mittag und abends, nebst dem Wetter
und Winden angemercket werden.
8 Wann in dem Cap b. spei Hopfen vorhanden, kan acht gegeben werden, wie derselbe wachse ob er sich lincks oder rechts um seine Stange in die Höhe winde? Denn hier windet er sich rechts um, der Sonnen nach; dort aber vermuthet man daß er sich verkehrt, nemlich lincks um wende, dem dortigen Taglichen SonnenLauff nach.