Briefwechsel Peter Kolb
Kurzinformation zum Brief | Zum Original |
Autor | Kolb, Peter (1675-1726) |
Empfänger | Krosigk, Bernhard Friedrich von (1660-1714) |
Ort | Porto di Braya |
Datum | 13. März 1705 |
Signatur | Universität Tartu: F 3,Mrg CCCLIVa,Ep.phil.II,l.216-217 |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
Hochwohlgebohrner Herr,
Gnädiger Herr.
Ew. Excellence vom 20. Decembr. verwichenen Jahrs abgelaßenes habe nebst dem Einschluß den 6. Januar 1705 in dem Texel[1] allbereits erbrochen erhalten, wie wohl ich nicht weiß, wer es gethan hat; aus welchem ersehen, daß mein Schreiben vom 16. Decembr. 1704 noch nicht eingelauffen gewesen, welches doch nicht gerne in andre händen wißen wolte. Zu denen vom 19. v. 20. dito trage keine sorge, weil Hl. D. Daumig[2] selbe gewiß von braunschweig aus zu spediren versprochen. Das lezte aus dem Texel vom 23. dito wird durch Einschluß Hln Deutzens[3] auch wohl zurecht kommen seyn. dahero sorge vor keines, als das vom 16. Decembr. welches jedoch Ew. Excellence über Münster ausforschen können. Ich habe ferner in diesen lezten gefunden, daß Ew. Excellence auf 4. puncta von mir Antwort fordern, welche hiermit unterthänigst einschicke. Die Instrumenta nun, und deren Ubersendung belangend, habe, wie aus meinem vorigen vom 16. Decembr. zu ersehen, selbe Hrn. Deutzen wohl überliefert, und mit ihm die Abrede genommen,
[Bl. 216v]
daß Er sie, durch einen Leipziger Fuhrmann, über Schwolle[4],
nach Aalsleben schicken, und dem Fuhrmann einen Fuhrbrief,
worinnen das Fuhrlohn benennet, geben solle. Ob Er aber solches gethan, und meine Reden in acht genommen,
werden Ew. Excellence aus der Übersendung, welche bereits geschehen zu seÿn erhoffe, haben abnehmen können.
Die Correspondence als den andern Punct, betreffend, habe ich auch allbereits in dem vom 16. Decembr. davon meldung gethan,
daß Sie Hl. Deutz führen will, und dabeÿ erwehnet, daß, so Er nicht wolte,
andre vorhanden wären, die solche willigst unterhalten wolten. Und stelle ich nochmahls
in Ew. Excellence gnädiges Belieben, ob Sie solche durch Hln. Deutz oder
Hln. Muncken[5]
wollen führen laßen? Wiewohl, da Sie einmahl mit Hln. Deutz angefangen, nicht so leichte
von Ihm wird genommen werden. Der dritte Punct fordert von mir die Determinirung der Sterne,
so beÿ der Observatione Parallaxeos Veneris können gebraucht werden: welche aber auch in der beÿlage
so wohl des Briefes vom 16. Decembr. als vom 19. dito unmaßgeblich benennet, und dabeÿ fast eben das gemeldet,
was das, von Berlin aus, zugesandte Schreiben bemercket; auf welches einander mahl, so mir Gott das Leben gönnet,
aus der Caap weitläufftig antworten will. Ich ersuche nur hierbeÿ Ew. Excellence,
daß Sie die hohe Gnade haben, und melden wollen, ob ich beÿ dieser Observation meiner,
oder der berlinischen Methode folgen solle? Was den vierten Punct angehet, so ist mir nicht anders bewußt,
als daß die Oost-Indische Compagnie einen will dazu halten, der nach meiner Abreise u. gegebener Unterweisung,
die Observationes fortsezen solle; Wie denn Herr Bürgermeister
de Witze[6] deßwegen
dem Gouverneur an der Caap geschrieben, mir nicht nur die freÿe Wahl,
sondern auch zweÿ bis dreÿ Personen, Wach- und an-
[Bl. 217r]
rer dienste freÿ zulaßen, die mir im observiren beÿstehen, und die Praxin recht begreifen sollen;
doch können Ew. Excellence von dem Herren Bürgermeister De Witze nähere Nachricht erhalten,
wenn Sie Jhm deßwegen zu schreiben belieben wollen. Ich will nicht ermangeln, allen fleiß anzuwenden,
daß der jenige, so die Observationes continuiren soll, die Instruction wohl begreife, und in der Praxi gut werde.
Was ferner die stellas fixas belanget, die ich Ew. Excellence zugeschicket, so sind es keine andre,
als deren § 3. Instructionis meldung thut. Denn in demselben Paragrapho sind keine Sterne,
außer die an beeden Orten vertical, denominiret; diese nun habe ich aus des Hevelii
Prodromo Astronomiae
aufgesuchet, genau auf das Jahr 1705 zubekommen; wie ich sie denn nach seinen Praeceptis reduciret.
Müßen also diese, welche ich Ew. Excellence überschicket, nothwendig genommen werden,
weil keine andre vertical, oder prope verticem[7]
seÿn werden. Und dieses wird Ew. Excellence hoffentlich
genug seÿn auf die vorgelegte puncta; nun solte ich wohl billich ausführlichen bericht von meiner Reise bis hieher,
in gehorsamster unterthänigkeit, abstatten; alleine ich sorge, der brief möchte zu dick,
und diese relation allzu kostbar seÿn; dahero verspahre selben, biß aus der Caap ohne
dem dickere Briefe schreiben muß; doch dieses kan nicht vorbeÿ gehen, daß, so ich die Gelegenheit,
bey Hln. Eimmart das Zeichnen zulernen,
nicht aus den Händen gelaßen hätte,
es mir anjezo große freude und nuzen schaffen solte; indem ich nicht allein die
felsigten Ufer der Capo Verdischen Insulen, sondern auch viele rare Sorten von Fischen, Vogeln,
und anderen dingen könte nach dem leben abzeichnen. Sed
Fronte capillata est posthaec Occasio calva[8]
Wir sind schon bald 3. Monathe in der See gewesen, und haben, wegen schwerer Sturm- und andrer contrairen winde, nicht weiter, als biß hieher kommen können. Und wenn wir unter der Linie lange keinen Favorablen wind haben können (wie denn die schiffe, nach relation derer, so dieselbe schon öffters passiret, offtmahls wohl 6. Wochen stille liegen müssen) so werden wohl noch 3. Monathe vorbeÿ gehen, ehe ich an die Caap komme. Gott aber erhalte mich nur beÿ beständiger Gesundheit (die bißhero schon zu zweÿen mahlen
[Bl. 217v]
von schwerer kranckheit ist angefochten, und dadurch der Vorrath des Geldes , wegen bezahlung der Medicamenten,
ziemlich geschwächet worden) so will ich alles Ungemach gerne und willig ausstehen,
das von der See erstehen kan. Die Hize ist allhir schon viel unerträglicher,
als sie in Teutschland in den heißesten Sommer Tagen seÿn kan; was wird nun erst unter der Linie werden?
Gott bewahre mich vor einem hizigen Fieber, das kalte hat allererst vor 14. Tagen Abschied genommen.
Ubrigens versichere mich noch mahls Ew. Excellence hoher Gnade, und gnädigen Zusage,
und erwarte mit denen erst aus Holland abgehenden Schiffen, in geziemender Unterthänigkeit Geld zuerlangen.
Inmaßen, aller Außage nach, die auf dem Schiffe v. in der Caap gewesen, allein die Kost
täglich über einen Reichsthaler kommet; welches, wo es so beschaffen, wird mein weniger Geld-Vorrath,
nicht weit langen. Inzwischen aber befehle Ew. Excellence der gnädigen Beschirmung Gottes,
mich aber befehle deroselben hoher Gnade, und verharre, unter demütiger Empfehlung
an die Hochwohl gebohrne Frau Gemahlin, und sämtliche hochAdeliche Familie
Ew. Excellence
Aus Porto di Braya
der Insul S. Jago den
13. Martij Ao.
1705.
Unterthänigster Knecht
Peter Kolbe
Fussnoten
- ↑ Kolb musste vom 22.12.1704 bis zum 08.01.1705
auf der holländischen Insel Texel auf geeigneten Wind zur Abreise warten.
- Caput Bonae Spei hodiernum 1719, S. 8
- ↑ Daumig war Mediziner, vgl. den Brief Kolbs an ihn.
- ↑ Zu Daniel Deutz siehe die Anmerkung im Brief vom 00.05.1704.
- ↑ Alte Schreibweise für Zwolle.
- ↑ Vermutlich Georg Munck. Zu ihm siehe die Anmerkung im Brief vom 06.12.1704.
- ↑ Zu Nicolaas Witsen siehe die Anmerkungen im Brief vom 00.05.1704.
- ↑ prope verticem: nahe dem Scheitel.
- ↑ Lockig ist vorn an der Stirn die Gelegenheit, hinten ein Kahlkopf. Quelle: Catonis Disticha II, 26. Sprich: Man muß die Gelegenheit am Schopfe packen.
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